Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Kreuz in Sibirien

Ein Kreuz in Sibirien

Titel: Ein Kreuz in Sibirien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
verrückt geworden?«
    »Ja!« schrie sie hell und warf die Arme hoch in die Luft. Ihr nackter Körper war wie eine gespannte Sehne. »Ich hasse, hasse diese Hure! Bezahlt hat sie für jeden Blick, den sie auf dich geworfen hat. Bezahlt für jedes Wort, das sie von dir hörte. Bezahlt für jeden Atemzug, der von dir zu ihr hinüberwehte. Bezahlt.!«
    » Jachjajew ist ein Vieh!« brüllte Abukow außer sich.
    »Dann töte ihn doch, du … du Priester!« Sie warf auch ihr Glas an die Wand, griff in die Silberschale und zerriß mit beiden Händen die Brezeln, schleuderte Abukow die Bruchstücke ins Gesicht. »Nie war mir Jachjajew ein größerer Freund als heute«, schrie sie hysterisch und lachte grell. »Geh hin und bring ihn um. Warum soll ein Priester nicht töten? Ein Priester, der hurt, kann auch töten!«
    Ebenso plötzlich, wie sie explodiert war, brach die Tschakowskaja auch zusammen. Noch ehe Abukow sie fassen konnte, schlug sie beide Hände vor ihr verzerrtes Gesicht, warf sich auf das Sofa und begann laut zu weinen. Dann rutschte sie auf die Dielen, kniete auf dem Boden und breitete die Arme weit aus. Ihr nackter Körper zuckte wie im Schüttelfrost.
    »Bring mich um, bevor du gehst«, stammelte sie. »Jeden wünsche ich in die Hölle, der dich mir wegnehmen will. Sie wollte es, wollte dich haben … wie sie ihren Hintern schwenkte, die Brüste vor sich herschob … zerfressen hat es mich wie Säure … Ich liebe dich doch, Victorenka … nur ich liebe dich!«
    Er ließ sie jammern, griff nach der Sektflasche, setzte sie an den Mund, trank sie mit ein paar verzweifelten Schlucken fast leer, warf sie zu den zerschellten Gläsern und ging zur Tür.
    »Wo willst du hin?« schrie sie und krallte die Hände in ihr verschwitztes Haar. »Laß mich jetzt nicht allein, Victor! Geh jetzt nicht weg!«
    Ohne Zögern riegelte er die Tür auf, verließ Larissas Wohnung und ging hinüber zu Mustai s Limonadenfabrik, warf sich im Zimmer auf das Bett, kreuzte die Arme unter dem Nacken und starrte schwer atmend zur Decke.
    Du hast also versagt, Pater Stephanus Olrik , dachte er voll Bitterkeit und Selbstanklage. Du hast zerstört, was du aufbauen wolltest. Einen heiligen Auftrag hattest du bekommen, und was hast du daraus gemacht? Wie kann dir Gott jemals verzeihen? Morgen früh wird das Chaos ausbrechen, die Tschakowskaja wird jeden in Wald und Sumpf hinausjagen – jeden, der noch auf Händen und Füßen kriechen kann. Wer könnte sie daran hindern? Und Rassim wird fröhlich lachen.
    Jachjajew ! Ein Mörder! Ein wildes Tier! Jachjajew …
    Ein Abgrund tat sich auf, und alle Hoffnung versank ins Bodenlose.
    Am nächsten Morgen rief Abukow bei Morosow an und bekam ihn gerade noch ans Telefon. Morosow war schon auf dem Weg zu einer Außenstelle der Trasse, saß in seinem Geländewagen und wurde zurückgeholt ins Büro.
    »Was ist so wichtig?« fragte er ohne Begrüßung, hart und abwehrend. Abukow verstand Morosow s Ärger nur zu gut und nahm es ihm nicht übel.
    »Ich kenne den Täter, Wladimir Alexejewitsch «, sagte er gefaßt. »Ich habe ihn gesehen – und gesprochen.«
    »Und nun bindet Sie als Priester die Schweigepflicht. Ist es so?«
    »Nein.«
    »Wer ist es?«
    » Jachjajew .«
    Es war zu erwarten, daß nach diesem Namen auch Morosow der Boden unter den Füßen schwankte. Mit einem Ächzen setzte er sich und starrte schwer atmend vor sich hin. Erst nach mehreren tiefen Atemzügen war er fähig, wieder zu sprechen. »Sind Sie sicher, Victor Juwanowitsch .?«
    »Mein Brief an Sie, den ich Novella mitgegeben hatte, liegt auf seinem Schreibtisch. Genügt das?«
    »O Himmel!« Morosow wischte sich über die Augen. »Was kann man tun?«
    »Nichts. Wenn Jachjajew den Brief verschwinden läßt, wird man uns auslachen bei einer Anklage. Nur ich habe ihn gesehen. Was bin ich gegen einen KGB-Kommissar? Man wird mich für alle Zeiten verbannen lassen in ein Lager im nördlichen Sibirien, oben, in den Bergwerken an der Kolyma.«
    »Zu unsicher, Victor Juwanowitsch . Man wird Sie einfach umbringen. Hundert Möglichkeiten gibt es da … Nein, man muß die Sache umkehren.«
    »Sie wollen Jachjajew töten?« Abukow hielt den Atem an, und als er weitersprach, war's eine ihm fremde Stimme. » Morosow , tun Sie's nicht …«
    »Wenn ich einen priesterlichen Rat brauche, melde ich mich«, sagte Morosow kalt. »Vielleicht komme ich zur Beichte. Das Vater-unser kann ich noch fließend beten.« Er hüstelte erregt und trommelte mit den

Weitere Kostenlose Bücher