Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Kreuz in Sibirien

Ein Kreuz in Sibirien

Titel: Ein Kreuz in Sibirien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Wäscherei, das Sägewerk, die Fällerkolonnen … Im letzten Monat hatte ich vierundvierzig Schwangerschaftsmeldungen. Oh, dieser Sommer!«
    »Es gibt Mittel«, sagte Rassim dunkel. »Ich würde sie finden …«
    »Warum?« Kabulbekow lachte wieder. Sein Gesicht mit den breiten Backenknochen und den Schlitzaugen glänzte in der heißen Sonne. »Nur ein paar Monate sind's! Dann kommt der Winter, unendlich lang und grausam in diesem Land. Und die Arbeit kennt keine Unterbrechung, ob Hitze oder Eis. So gleicht sich alles aus.«
    »Verurteilte sind es«, sagte Rassim kalt. »Das müssen sie spüren!«
    Kabulbekow schwieg, warf einen Seitenblick auf seinen Kollegen und nickte zu den Hunden hin. »Sperren Sie die Bestien wieder ein, Rassul Sulejmanowitsch . Man wird die Demonstration verstanden haben, nehme ich an. Die Auswahl, die ich mitgebracht habe, darf man eine Elite nennen: Von der Dozentin für Biochemie bis zur ehemaligen Geliebten eines Ministers – ich habe alles auf Lager.«
    »Darf ich an meinen speziellen Wunsch erinnern?« fragte Rassim und blieb an der Tür zum ›Theater‹ stehen.
    »Der Vulkan im Bett? Ist dabei!« Kabulbekow zwinkerte fröhlich. »Hochgetrimmt haben wir sie. Jetzt ist sie wie eine Sprinterin in den Startlöchern.«
    Jetzt schlug die Ladeklappe des Lastwagens herunter. Zwanzig Frauen sprangen auf den großen Platz, eine hinter der anderen, standen tief atmend in der Sonne und blickten sich nach allen Seiten um. Nur die geschlossenen Fenster verhinderten es, daß man von allen Seiten des Lagers das Seufzen der Männer hörte. In der Küche, bei Nina Pawlowna , schnalzten die vier Kartoffelschäler mit der Zunge, und einer sagte leise und wie mit einem Kloß im Hals: »Wetten, die sind fürs Theater. Morgen melde ich mich bei Abukow , da mache ich mit!«
    Die Leonowa trieb die Kartoffelschäler zurück zur Arbeit: »Wer wieder ans Fenster geht, dem stecke ich den Schwanz ins kochende Wasser!«
    Die zwanzig Frauen kamen auf einen Wink von Kabulbekow herüber zur Autowerkstatt und stellten sich vor Rassim auf. Mit finsterem Blick musterte Rassul Sulejmanowitsch die Ausgewählten und gestand sich ein, daß mindestens zehn darunter waren, die auch in seine Kissen paßten. Mit einem Knurren unterdrückte er diese Gedanken, winkte zackig und ging voraus in den Theatersaal. Abukow , der auf der Bühne noch immer mit dem Architekten sprach, der sich aus künstlerischen Erwägungen dagegen wehrte, Bataschews Küchenschrank aus polierter Birke für die ›Lustige Witwe‹ zu benutzen, drehte sich bei dem Lärm um, erkannte Kabulbekow und die Frauen und sprang vom Podium herunter.
    »Genosse Oberst!« rief er voll Freude. »Welches Glück, Sie wiederzusehen! Sie haben mich nicht vergessen.«
    »Auf das Wort eines Kabulbekow können Sie Wolkenkratzer bauen, Victor Juwanowitsch .« Kabulbekow gab Abukow die Hand und klopfte ihm auf die Schulter, sehr zum Mißfallen von Rassim , der finster herumstand und die Blicke der Frauen im Nacken spürte und ein verrücktes, nicht beherrschbares Kribbeln in der Hose. Über Kabulbekow s Schulter hinweg blickte Abukow auf die Mädchen. Alle waren sie gekommen – auch die zarte Flötistin Karapjetjan , die Schauspielerin Susatkaja , die Hure Dschamila Dimitrowna Usmanowa mit ihren flammendroten Haaren und die mandeläugige Anastassija Lukanowa Lasarjuk , ehemalige Geliebte des Ministers. Erschreckend schön sahen sie aus.
    Bevor sie die Fahrt zum Männerlager begannen, hatten sie gebadet, ihre besten Kleider zurechtgemacht und ihre Haare von den ehemaligen Friseusen – davon gab es vierzehn im Lager – behandeln lassen. Mit Brennscheren aus gebogenen dünnen Eisenstäben hatte man ihnen Locken gedreht. Vier von den Frauen trugen sogar hochtoupierte Frisuren, mit Zuckerwasser gefestigt. Geradezu umwerfend aber war eine Frau, die ein neu genähtes Kleid aus hellblau gefärbten Bettüchern trug – mit einem tiefen Ausschnitt. Und einem Rock, der an den Kniekehlen endete. Ihr tiefschwarzes Haar war zu langen Korkenzieher-Locken gedreht. Sie stand als letzte in der Reihe und schien über ihre eigene Erscheinung nicht sehr erfreut zu sein. Ihr geschminktes Gesicht – es war mit Pflanzenfarbe versetztes Rinderfett – drückte sogar Angst aus. Sie wußte nicht, was sie hier sollte. Man hatte ihr nur einiges angedeutet. Kabulbekow hatte sie kommen lassen und eingehend betrachtet und dann gesagt: »Der Satan soll bei dir schlafen, wenn ich eine Beschwerde über dich

Weitere Kostenlose Bücher