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Ein Kreuz in Sibirien

Ein Kreuz in Sibirien

Titel: Ein Kreuz in Sibirien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dafür danken, daß er für das Theater einen Packen Schreibpapier aus seinem Büro zur Verfügung gestellt hatte. Der Anblick des Politkommissars jagte ihm Schauer über den Rücken. Er dachte an das ärztliche Protokoll, das genau beschrieb, wie die kleine Novella Dimitrowna zugerichtet worden war. Und er sah den Ingenieur Tscheljabin vor sich, blutüberströmt, mit eingeschlagener Hirnschale. Jachjajew aber, der Täter, lief herum, als scheine die Sonne ganz allein für ihn. Er saß oft in der ersten Reihe, wenn Abukow mit seinen Darstellern oder den anderen Helfern Besprechungen abhielt, und er war wirklich voller Enthusiasmus, als Abukow ihm sagte: »Wir haben uns endgültig entschlossen, die ›Lustige Witwe‹ zu spielen.«
    Ein großes Problem gab es dabei: den Gottesdienst. Der Schriftsteller Arikin erbot sich schließlich, in die ›Lustige Witwe‹ eine Kirchenszene hineinzuschreiben. Der Dirigent Nagijew wollte sie komponieren. Mit einem Walzer zum Abschluß als Alibi.
    Schwierigkeiten gab es außerdem mit der Besetzung der Hauptrolle. Von der Gemeinde Abukow s war keiner in der Lage, den eleganten Danilo Danilowitsch zu singen und zu spielen – sie waren alle entweder zu alt oder zu unbegabt. Bei den ersten ernsthaften Diskussionen stellte es sich im übrigen heraus, daß bis auf Arikin , den Schriftsteller, und – begrenzt – den Chirurgen Fomin alle anderen nur als Statisten in Frage kamen oder jedenfalls nur für kleine Rollen, in denen sie nicht mehr als ein paar Sätze zu sagen hatten. Im Chor waren sie dagegen brauchbar. Wenn sie gemeinsam sangen, kam immerhin ein einigermaßen vernünftiger Klang heraus, Solisten dagegen standen stotternd und voller Hemmungen herum. »Du siehst, Victor Juwanowitsch , es klappt nicht«, sagten sie, »laß uns lieber die Kulissen schieben und hinter der Bühne die Geräusche machen.«
    Am Freitag war auch der künstlerische Berater – der ehemalige Architekt – überzeugt, daß Bataschews Küchenschrank aus polierter Birke ins Bühnenbild paßte, wenn man ihn ein wenig mit Stoff und Papierblumen dekorierte und ihm dadurch ein exotisches Aussehen verlieh. Die wirkliche Theaterarbeit konnte beginnen. In der kleinen Schneiderei wurde bereits an dem Bühnenvorhang genäht. Der Schmied Sakmatow , der am nächsten Montag nach Surgut fuhr, um Ersatzteile zu holen, hatte versprochen, für Seile zu sorgen, mit denen man den Vorhang auf- und zuziehen konnte. Die Elektriker bastelten an Bataschews geklautem Transportband und einem kleinen Elektromotor: ihr Ehrgeiz war es, den Vorhang maschinell aufziehen und fallen zu lassen.
    »Jedes Provinztheater soll gelb vor Neid werden!« rief auch der Dirigent Nagijew begeistert. »Victor Juwanowitsch , ich verspreche es: Man wird glauben, ein großes Orchester sitzt da. So einige Ideen habe ich da – nein, verraten wird noch nichts!«
    In der Kommandantur bereitete sich Rassim hinter verschlossener Tür auf den Boxkampf mit Bataschew vor. In kurzer Unterhose, seine gewaltigen Muskeln rollend, hüpfte er in seinem Zimmer herum, übte Schattenboxen, schlug auf einen mit nassem Sand gefüllten Kartoffelsack ein, zerhieb zolldicke Bretter und ließ – unter Androhung einer Strafversetzung in die Eisregion des Kaps Deschnew , wenn nur ein Tönchen von alldem nach außen dringe – die stärksten Männer seiner Wachmannschaft einzeln zu sich kommen.
    Arme Kerle waren das! Nach spätestens zwei Minuten lagen sie auf dem Rücken, mit offenem Mund und weit weg im Land der Träume, während Rassim wütend um sie herum stapfte und sie mit kaltem Wasser begoß. »Alles Milchbübchen!« schrie er dann die Erwachenden an und ekelte sich fast vor den Herumtaumelnden. »Sehen aus wie Bäume und können umgeblasen werden wie Strohhalme. Und so was nennt sich neue Generation!«
    Er boxte dann wieder allein, schlug auf den sandgefüllten Kartoffelsack ein, bis er platzte. Am Abend, wenn die glühende Hitze nachließ und die Sonne rotgolden hinter den Baumwipfeln versank, lief er am Waldrand eine Stunde lang herum, meist in der Nähe des Friedhofes, weil dort am besten gerodet war. Dauerlauf, Schnellauf, Hüpfen – ohne Pause. Neben den Muskeln ist eine gute Lunge das Kapital eines Boxers.
    Von Bataschew hörte man fast nichts. Gribow , der bei Nina Pawlowna auf einem Notbett schlief, weil Ninas Bett für seine Fülle zu eng war – vor allem, wenn sie neben ihm lag –, begriff nicht, wie ein Mensch ohne Unterbrechung Tag und Nacht auf einer Frau

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