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Ein Kreuz in Sibirien

Ein Kreuz in Sibirien

Titel: Ein Kreuz in Sibirien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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tiefer ausspült? Meine Konstruktion aber ist sichtbar, da kann man 'ran, da gibt es keine Unbekannten mehr in den Berechnungen. Was man sehen kann, ist kein Geheimnis mehr. – Also gut, man ließ ihn bauen. Und jetzt steht seine Brückenleitung in den Strudeln, und das Wasser wird sie auffressen …«
    »Und warum bist du hier, Mustai Jemilianowitsch ?«
    »Larissa Dawidowna schickt mich.«
    »Zu mir?«
    »Nur am Telefon wollte sie das nicht sagen: Es wäre gut, wenn du dich um Morosow kümmerst.«
    »So stark ist kein Gebet, daß es den Regen vertreibt.«
    »Aber du wärst stark genug, bei Wladimir Alexejewitsch zu sein, wenn die Brücke bricht und er verzweifelt. Dann braucht er dich!« Abukow blickte aus dem Fenster. Vom Himmel strömte der Regen, der kalte Wind peitschte die Wassermassen gegen die Scheiben und Fassaden. Das Leben erstarb auch in Surgut; nur die wichtigsten Dinge wurden getan, in den Geschäften und Büros, Werkstätten und Behörden. Ins Freie zu gehen war fast ein Abenteuer.
    »Wie komme ich zu Morosow ?« fragte Abukow . »Fahren Wagen zur Baustelle?«
    »Die Straße ist überschwemmt. Aber es fliegen die schweren Hubschrauber mit dem Materialnachschub. Eine Ecke, in die du dich klemmen kannst, wird man finden. Laß Smerdow dafür sorgen.«
    Doch Einsatzleiter Smerdow war keineswegs begeistert, als Abukow ihm mitteilte, er wolle an die Trasse bei Wostokiny . »Wenn es schneit und dann friert, und das kommt plötzlich, brauche ich jeden Mann«, klagte er. »Du bist mein bester Fahrer, Victor Juwanowitsch . Wenn dein Kühlwagen ausfällt …«
    »Das ist überhaupt eine Frage, Lew Konstantinowitsch «, sagte Abukow . »Darüber sollte man sprechen. Wenn alles im Frost liegt, braucht man doch keinen Kühlwagen mehr. Dann ist's draußen kälter als im Wagen. Was wird aus mir? Alle Fahrerposten sind besetzt.«
    »Irrtum, mein Freundchen, Irrtum!« rief Smerdow und klopfte Abukow auf die Schulter. »Dein Kühlwagen fährt!«
    »Bei 40 Grad Frost?«
    »Vorschrift ist es. Verderbliche Ware muß in den Kühlwagen. Nichts steht da, daß es einen Sommer- und einen Winterbetrieb gibt. An das geschriebene Wort halte ich mich! Wenn da eine Lücke in der Logik ist – was kümmert's mich? Victor Juwanowitsch , du bist unentbehrlich. Eine Lebensstellung hast du hier. Unkündbar!«
    Nach zähem Ringen gab Lew Konstantinowitsch doch einen Sonderurlaub und stierte dann trübsinnig in den rauschenden Regen.
    »Immer einsamer wird es um mich«, klagte er. »Die einzigen Freunde seid ihr und verdrückt euch jetzt. Was ist, wenn der Hubschrauber vom Sturm niedergedrückt wird? Wenn ihr in den Fluten absauft? In Surgut dagegen sitzt ihr wie auf einer Insel. Kommt, laßt uns eine Runde Billard spielen und euren Blödsinn vergessen.«
    Sie taten Smerdow den Gefallen, spielten Billard, ließen ihn gewinnen, was ihn äußerst fröhlich stimmte, denn es war sein erster Sieg über Abukow , den Satansspieler, wie Smerdow ihn nannte, und zogen dann mit dem Urlaubsschein ab zum betriebseigenen Flugplatz der Erdgas-Bauleitung.
    Dort herrschte ein feister Genosse von der ›Einsatzleitung Luft‹ – unbestechlich, weil er sowieso an alles herankam, was er brauchte – und sagte nach langer Diskussion: »Also denn, Genossen: Rollt euch irgendwo zusammen. In einer Stunde fliegen wir Rohrstützen zu Morosow . Klagt aber nicht, wenn nachher eure Ärsche rot wie bei den Pavianen sind. Und kotzt mir nicht alles voll. Ein Lufthüpfen wird's werden.«
    Es war ein fürchterlicher Flug, doch Abukow überstand ihn tapfer, aber Mustai flehte mehrmals zu Allah um Vergebung aller Sünden, zerraufte sein rotes Haar, hockte mit grün schimmerndem Gesicht in einer Ecke des Transportraumes und schwor beim Barte des Propheten, nie mehr einen Hubschrauber im stürmischen Regenwetter zu besteigen. Als sie endlich landeten auf dem unter Wasser stehenden Flugfeld neben dem Baudorf, das ein Gefühl vermittelte, als stürze man mitten in einen See, da schloß Mustai ergriffen die Augen und wartete darauf, daß er im Paradies wieder aufwachte.
    Morosow war nicht da; er befand sich wieder am Fluß wie jeden Tag. Sein Vertreter, der lange, dürre Ingenieur Jassenski , zeigte auf der großen Wandkarte die Stelle, wo die von Norden kommende Trassenführung am Fluß auf Morosow s Brückenkonstruktion stieß. »Was wollen Sie denn da, Genosse?« fragte er Abukow erstaunt. »Wie wollen Sie da hinkommen?« – »Wenn Morosow es kann, dann …«
    »Das ist

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