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Ein Kreuz in Sibirien

Ein Kreuz in Sibirien

Titel: Ein Kreuz in Sibirien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Jemilianowitsch , sein bester Freund bist du: Sprich mit ihm. Eine Katastrophe bricht über uns herein!«
    Mustai versprach, sein mögliches zu tun und bot Gribow ein Glas Limonade an, was diesen sofort wieder ins Freie trieb. Er rannte zur Küche, winkte die Leonowa in eine Ecke und raunte ihr keuchend zu: »Victor Juwanowitsch macht die Taschen zu. Jetzt, wo der Winter da ist!«
    »Was soll's?« antwortete die dralle Nina Pawlowna und streichelte Gribows schwabbelnde Wangen. »Was aus der Küche hinausgeht, bestimme ich. Wie dick ist die Kascha – meine Sorge. Wieviel Fleisch kommt in die Suppe – das Maß habe ich. Wie fett darf ein Gemüsetopf sein – den richtigen Blick habe ich! Wer will mir da reinreden, Kasimir? Für uns ändert sich nichts.«
    »Vorrechnen werden sie dir: Das und das ist geliefert und unterschrieben, und was wurde ausgegeben? – Aufhängen können wir uns!«
    »Ein lieber, guter Kerl bist du, Kasimir Kornejewitsch «, erklärte Nina Pawlowna zärtlich, »aber ein Rindvieh! Kann Fleisch auf dem Weg von deinem Kühlhaus zu meiner Küche nicht verderben?«
    »Bei Frost?« rief Gribow gequält.
    »In Sibirien ist alles möglich«, sagte die Leonowa weise.
    Auf dem Weg von Rassim zum Hospital fing Mirmuchsin dann Abukow ab und hakte sich bei ihm unter. Trotz des klirrenden Frostes stellten sie sich an eine windgeschützte Wand der Mannschaftskaserne. Hier gab es keine fremden Ohren.
    » Gribow war bei mir«, sagte Mustai . »Du willst wirklich keine zweite Liste abgeben?«
    »So ist es, Mustai .«
    »Was bringt das? Nicht ein Grämmchen mehr läuft ins Lager. Verkenne Nina Pawlowna nicht.«
    »Auch sie ist berücksichtigt«, sagte Abukow .
    »Aber deine Gemeinde? Auf die Lebensmittel wartet sie. Seit zehn Tagen sind die Rationen herabgesetzt, und die Arbeit ist verdoppelt. Sieh sie dir an, wenn sie heute abend zurückkommen. Nicht wiedererkennen wirst du sie. Vorhin, beim Ausladen der Kartoffeln und der Grütze, haben sie die rohen Knollen gefressen und die Grütze in den Mund geschaufelt. Leutnant Sotow hat sie mit der Peitsche weggetrieben. Wie wird's erst in zwei Monaten sein?«
    »Wie wenig Vertrauen habt ihr doch!« sagte Abukow und schlug den Pelzkragen hoch. Die Kälte fraß sich in sein Gesicht. »Natürlich habe ich genug zur Seite getan, in Surgut schon. Am Samstag bei der Probe wird's verteilt.«
    Zufrieden ging Mirmuchsin in seine Limonadenbrauerei zurück. So ein Priester ist doch ein wahrer Halunke, dachte er.
    Am Abend war Abukow bei Larissa, stand an ihrem Fenster und sah dem Einrücken der Arbeitsbrigaden zu. Die Tschakowskaja , Dr. Owanessjan und das gesamte Sanitätspersonal waren alarmiert worden: Ingenieur Jassenski , der neue Bauleiter, hatte telefonisch gemeldet, daß dreiundzwanzig Sträflinge mit schweren Erfrierungen zurückgebracht würden. Im Baudorf waren sie bereits von den Sanitätern behandelt worden und wurden von ihren Kameraden nun aus den Lastwagen gehoben und ins Hospital geschleppt. Ein Anblick, der das Herz schwer machte, Abukow faltete die Hände und betete. Das einzige, was er jetzt tun konnte, und diese Ohnmacht ließ ihn verzweifeln.
    Wenig später trat Rassim in Larissas Wohnung und blieb unter der Tür stehen. »Wo findet man Abukow , wenn man ihn sucht? In der Nähe von Larissa Dawidownas Bett!« sagte er gehässig. »Mit Oberst Kabulbekow habe ich gesprochen; er kommt mit seinen Weibern am Samstag zur Probe und am Sonntag zur Aufführung.«
    »Wir werden also spielen?« fragte Abukow und hörte sein Blut rauschen.
    »Soll ich Belgemir Valentinowitsch enttäuschen? Nur deshalb habe ich ihn aufgefordert. Er freut sich; ein durchaus merkwürdiger Mensch ist er.« Rassim wandte sich ab, zögerte und drehte sich dann noch mal zu Abukow um: »Die Pralinen sind hervorragend, vor allem die Nougatschnitten.«
    »Ich danke Ihnen, Rassul Sulejmanowitsch «, sagte Abukow . Seine Stimme war unsicher vor Glück. »Ich meine, weil Sie Kabulbekow angerufen haben.«
    Rassim grunzte, warf die Tür zu, daß sie noch im Schloß nachzitterte, und stapfte wütend davon. Daß jemand ihm danken konnte, regte ihn maßlos auf.
    Am Sonnabend vormittag traf die Wagenkolonne aus dem Frauenlager ein. Durch einen in der Nacht begonnenen Schneesturm hatte sie sich durchkämpfen müssen. Wie rollende Eisberge sahen die Lastwagen aus, und die Frauen hockten, eng aneinandergepreßt und in Decken eingemummt, unter den Planen und waren doch so steif gefroren, daß sie kaum aus dem

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