Ein Kuss für die Ewigkeit: Roman (German Edition)
Kontakt zu ihr gänzlich abbräche.
Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust, als sie zu seiner nächsten Veranstaltung den Seminarraum betrat. Gottlob war sie vor ihm da. Sie setzte sich wie gewohnt in die letzte Reihe und zuckte jedes Mal nervös zusammen, wenn die Tür aufging. Bis Grant schließlich mit wehenden Haaren und leicht zerknirschter Miene hereinstürmte. »Tut mir leid, dass ich mich verspätet habe«, entschuldigte er sich, während er seine Unterlagen auf dem Pult ausbreitete.
Als sie den Raum verließ, beachtete er sie nicht weiter. Shelley schwankte zwischen Erleichterung und Verärgerung. Sie redete sich ein, sie solle doch froh sein, dass er ihren Willen so positiv aufgenommen und akzeptiert habe. Aber wenn sie ehrlich mit sich selber war, fand sie die Situation im höchsten Maße unbefriedigend.
Auf dem Campus sah sie ihn nicht mehr, bei seiner nächsten Veranstaltung verhielt er sich ihr gegenüber weiterhin distanziert. Erst als sie beim Hinausgehen sein Pult passierte, rang er sich ein kühles »Hallo, Mrs. Robins« ab. Woraufhin sie mit einem noch unterkühlteren »Hallo, Mr. Chapman« reagierte.
»Dieser verdammte Typ!«, wetterte sie und warf ihre Bücher auf den Küchentisch. Sie trat ihre Schuhe aus, lief zum Kühlschrank und riss die Tür auf. »Er macht mich schon wieder auf diese blöde Tour an.«
In Wirklichkeit tat er gar nichts, und das wurmte sie am meisten. »Das ganze letzte Jahr an der Highschool habe ich mich auf nichts anderes konzentrieren können als auf ihn. Nur wegen diesem Mistkerl hatte ich ein hundsmiserables Zeugnis!«
Das war zweifellos völliger Unfug. Was hatte er für ihre törichte Schwärmerei gekonnt? Und es war auch diesmal nicht sein Problem, wie sie sich fühlte. Sie knallte die Kühlschranktür so heftig wieder zu, dass die Flaschen und Gläser darin vorwurfsvoll klirrten.
»Grant bringt nicht noch einmal Chaos in mein Leben. Nein, danke, nie wieder!«, schnaubte sie, während sie den Deckel einer Mineralwasserdose aufriss. Prompt brach ihr ein Fingernagel ab. Fluchend schlug sie die Hände vors Gesicht und jaulte missmutig auf. »Der Mann ist für mich gestorben. Den lass ich am ausgestreckten Arm verhungern. Das schwöre ich bei allem, was mir heilig ist.«
Ihr Entschluss überlebte gerade einmal zwei Tage. Mit Büchern und Literaturlisten bewaffnet, stapfte sie die Marmortreppe zur Bibliothek hoch, fest entschlossen,
sich künftig ausschließlich und intensiv auf ihr Studium zu konzentrieren.
Grant Chapman war der Erste, der ihr beim Betreten des ehrwürdigen Gebäudes ins Auge fiel.
Er saß an einem der langen Tische, gemeinsam mit einer Gruppe von Fakultätsmitgliedern der Politischen Wissenschaften. Er sah sie nicht, also nutzte sie die überaus günstige Gelegenheit, ihn ausgiebig zu beobachten. Seine Faszination für sie war nämlich ungebrochen.
Trotz seiner grauen Schläfen wirkte er mehr wie ein Student statt wie ein Dozent. Er trug eine legere beige Hose, dazu einen dunkelblauen Pullover mit V-Ausschnitt, dessen Ärmel er bis zu den Ellbogen zurückgeschoben hatte. Das Kinn in die Hände gestützt, lehnte er über dem Tisch und hörte sich den Vortrag eines Kollegen an.
Als Grant einen Kommentar dazu abgab, lachten die Anwesenden aufgeräumt, vor allem die Frau neben ihm. Sie war etwa Mitte dreißig und auf eine spröd-herbe Art attraktiv. Grant erwiderte ihr Lächeln.
»Hallo, Shelley.«
Sie wirbelte herum und gewahrte einen jungen Mann, den sie vom Studium her kannte. »Hi, Graham. Wie kommst du mit der Literatur zurecht?«
»Puh, die ist ätzend langweilig«, antwortete er. Währenddessen strebte er dem Ausgang zu.
Sie winkte ihrem Kommilitonen im Vorbeigehen zu und drehte sich lächelnd wieder um. Ihr Lächeln gefror, denn ihr Blick traf unverhofft auf den von Grant. Er starrte sie stirnrunzelnd an und ignorierte den Professor, der eben zu einem längeren Vortrag ausholte.
Sie begrüßte ihn lediglich mit einem knappen Nicken und lief dann weiter in Richtung Treppe.
Im Obergeschoss fand sie in einer abgeschiedenen Ecke einen leeren Tisch, auf dem sie ihre Fachbücher ausbreitete. Graham hatte absolut Recht. Die Lektüre war sterbenslangweilig. Schon nach einer halben Stunde verschwammen die Buchstaben vor ihren Augen, und sie kapierte gar nichts mehr.
Abwesend lauschte sie auf Schritte, die über die knarrenden Holzdielen huschten. Vor, vor, Stopp. Umdrehen. Zurück. Vorwärts. Stopp. Vor, vor …
Unvermittelt stand er am
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