Ein Kuss für die Ewigkeit: Roman (German Edition)
sie über tiefe Schlaglöcher ruckelte, bestaunte sie die riesigen, moosbewachsenen Eichen zu beiden Seiten, die späten Magnolien mit ihren duftenden, pastellfarbenen Blüten und die üppigen Spiersträucher, die der Plantage ihren Namen gegeben hatten. Die schneeweißen Blüten waren in der sommerlichen Hitze längst verblüht, die Zweige jedoch wogten von zartgrünem Laub.
Camille stieg aus dem Wagen, während sie den Motor weiterlaufen ließ. Fachmännisch betrachtete sie die großzügige Anlage, die sich vor ihr erstreckte. Das Haus war 1805 im Kolonialstil erbaut worden und hatte zwei Stockwerke. Die Räume in der ersten Etage
gingen auf einen Balkon hinaus, der auf sechs majestätisch weißen Säulen ruhte und das Erdgeschoss auf drei Seiten wie ein Vordach umgab. Das rote Ziegelmauerwerk war im Laufe der Jahre zu einem matten Rosaton verblichen. Drei hohe Fenster mit jagdgrünen Läden schlossen sich jeweils links und rechts des eindrucksvollen weißen Hauptportals an. Und über der Tür hing an einer schweren Kette eine Messingleuchte.
Camille Jameson schwang sich hellauf begeistert wieder auf den Autositz. Während sie erneut Gas gab, rief sie laut lachend: »Scarlett O’Hara, zieh dich warm an!«
Einfach himmlisch, dass man ausgerechnet sie zur Restaurierung des Herrensitzes engagiert hatte. Sie hoffte nur, dass sie der Aufgabe gewachsen wäre und die frühere Schönheit wiederherstellen könnte. Für ihre Karriere als Innenarchitektin wie für ihre finanzielle Zukunft war das immens wichtig.
Camille und ihrer Mutter Martha gehörte in Atlanta ein Einrichtungshaus. Martha Jameson hatte es nach dem Tod ihres Mannes weitergeführt. Zu der Zeit jedoch, als ihre Tochter schließlich das Universitätsdiplom in der Tasche hatte, war das Geschäft auf das Niveau eines Geschenkladens mit preiswertem Kunsthandwerk und ziemlichem Krimskrams herabgesunken. Camille begann umgehend, moderne und qualitativ hochwertige Ausstattungsstücke ins Sortiment aufzunehmen. Sie beriet Kunden bei der Wahl der Tapeten, Teppiche, Gardinen, Möbel und Wohnaccessoires. Ihr
guter Geschmack und ihr umgängliches, freundliches Auftreten brachten ihr einen ausgezeichneten Ruf und eine anspruchsvolle Klientel ein. Inzwischen beschäftigte sie zwei weitere Mitarbeiterinnen in ihrem »Studio«, ihre Mutter kümmerte sich um den Ladenverkauf und die Buchhaltung.
Als Mr. Rayburn Prescott aus Natchez, Mississippi, an die junge Innenausstatterin herangetreten war, hatte sie ohne lange zu überlegen zugesagt. Die Renovierung seiner Luxusvilla war ihr bislang lukrativster Auftrag. Sie kannte die historischen Bauten von einem gemeinsamen Urlaub mit ihrer Mutter. Schon damals, als ganz junges Mädchen, war Camille von den prachtvollen Anwesen schwer beeindruckt gewesen.
Rayburn Prescott, ein typischer Südstaaten-Gentleman, behandelte Camille und Martha mit ausgesuchter Höflichkeit. Die beiden Mitarbeiterinnen im Studio hatten heimlich über seinen ungewohnt gedehnten Akzent geschmunzelt. Er war groß, stattlich und unterhaltsam. Dichtes, weißes Haar wellte sich über seiner breiten, hohen Stirn. In den blauen Augen lag ein übermütiges Funkeln, obwohl er um die siebzig sein musste.
Nachdem sie eine Weile miteinander geplaudert hatten, erzählte er Camille von seinem Haus in Natchez. »Ich muss mich schämen, Miss Jameson. Nach dem Tod meiner Frau«, er seufzte tief, »und das ist jetzt über zwanzig Jahren her, habe ich das Anwesen regelrecht vernachlässigt. Es ist zu einem Junggesellenhaushalt
verkommen. Mein Sohn verbringt die meiste Zeit auf der Plantage, ist aber mit mir einer Meinung, dass Bridal Wreath wieder ein Schmuckstück werden muss.«
»So ein schöner Name«, sinnierte Camille, die sich im Geiste bereits ein Bild machte. »Ich nehme Ihren Auftrag natürlich gerne an.«
»Aber wir haben doch noch gar nicht über Ihr Honorar oder andere Details gesprochen!«, rief er.
»Das ist nicht so wichtig. Für mich steht einfach fest, dass ich es machen möchte.« Sie lächelte über sein erstauntes Gesicht, das sich daraufhin in winzige Lachfältchen legte. Sie war ihm von einem Freund empfohlen worden, für den sie ein Restaurant in Peachtree Plaza gestaltet hatte. Rayburn Prescott war von ihren Fähigkeiten überzeugt. Als sie schließlich ihr Honorar verhandelten, war sie verblüfft über die Höhe der Summe. Er stellte ihr ein nahezu unbegrenztes Budget für die Renovierung zur Verfügung. Ganz offensichtlich sah er nicht auf
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