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Ein Kuss für die Ewigkeit

Ein Kuss für die Ewigkeit

Titel: Ein Kuss für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MARGARET MOORE
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Ryders Zelle.
    „Ich bin hier, um dich rauszuholen!“, rief er seinem Bruder zu und versuchte einen Schlüssel nach dem anderen in dem Schloss herumzudrehen, bis er den richtigen fand. Nachdem er aufgeschlossen hatte, schob er den Schlüsselbund über sein Handgelenk und stemmte sich gegen die Zellentür, bis sie nachgab. Der Gestank, der ihm entgegenschlug, war schier unmenschlich. Und dann sah er seinen Bruder – mit zerzaustem Haar, dreckig und erbärmlich dünn, die Kleidung nur noch ein paar zerlumpte Fetzen –, der wie ein verängstigter Hund in einer Ecke kauerte.
    „Komm schon“, sagte Finn und half ihm hoch. „Wir verschwinden von hier.“
    Ryder berührte Finns Gesicht. „Gally, bist du das wirklich? Ist das kein Traum?“
    „Nein, das ist kein Traum. Komm! Uns bleibt nicht viel Zeit.“
    Einen Arm um seinen Bruder gelegt, um ihn zu stützen, brachte Finn ihn aus der Zelle. Auf dem Weg durch den Korridor wurden sie begleitet von dem Chor der unsichtbaren Verdammten. „Lasst mich nicht hier zurück! Habt Erbarmen! Habt Gnade!“, tönte es aus den Zellen.
    Sein Verstand trieb Finn zur Eile, immerhin vertraute auch Lizette darauf, dass er sich an den Plan hielt. Lizette, die ihr Leben nicht nur für ihre Schwestern aufs Spiel setzte, sondern auch für den König, den sie verabscheute, weil seinetwegen Rebellion und Krieg drohte und unzählige Menschen darunter leiden würden.
    Aber niemand hatte es verdient, in einem solch grausamen Gefängnis dahinzusiechen, ganz gleich welcher Verbrechen man ihn bezichtigte! Konnte er tatsächlich so herzlos sein, so eigensüchtig, dass er diese armen Teufel hier zurückließ, obgleich er die Möglichkeit hatte, sie zu befreien?
    Nein, das konnte er nicht. Erst recht nicht, wenn er an Lizette dachte, die ihn für einen guten Mann hielt, der Gnade walten ließ, obwohl man mit ihm selber nur selten gnädig umgegangen war.
    Während er wieder die verschiedenen Schlüssel ausprobierte, um die nächste Zellentür zu öffnen, stand Ryder gegen die Wand gelehnt da und gab keinen Ton von sich. Vielleicht war er zu schwach, vielleicht aber ertrug er das Flehen seiner Mitgefangenen auch nicht. Immerhin wusste er weitaus besser als Finn, was es bedeutete, an diesem Ort eingeschlossen zu sein.
    Finn öffnete die erste Zelle, doch dort fand sich nur der Leichnam eines bedauernswerten Mannes, den der langsame Hungertod in den Wahnsinn getrieben hatte. Für ihn kam jede Hilfe zu spät, und das konnte für sie alle gelten, wenn Finn sich nicht beeilte.
    Hastig schloss er die nächste Tür auf, und sofort wollte sich eine an einen Geist erinnernde Gestalt an ihm vorbeidrängen.
    „Warte!“, befahl Finn dem Mann mit rauer, entschiedener Stimme. „Wir müssen alle zusammen das Verlies verlassen, sonst werden die Wachposten auf den ersten von uns aufmerksam, und dann gibt es für keinen von uns ein Entkommen.“
    Der Mann mit dem ausgemergelten Gesicht und dem langen grauen Haar sah ihn mit verzweifelten Augen an, doch er hörte auf das, was Finn ihm sagte. Kurz darauf hatte sich um Finn und seinen Bruder eine Gruppe kraftloser, kranker und ausgehungerter Männer geschart.
    Lizette hielt sich im Schatten verborgen, während sie sich dem Stall näherte. Quälend lange musste sie dabei warten, da sich über ihr zwei Soldaten auf dem Wehrgang begegneten, sich begrüßten und dann über ihre Ration Ale beklagten. Kaum waren die beiden weitergegangen, eilte sie quer über das letzte freie Stück zur Ostseite des Stalls und zur unverschlossenen Tür, die sie vorsichtig öffnete. Sie lauschte gebannt auf Geräusche, die erkennen ließen, dass jemand im Stall arbeitete, aber außer den Pferden war nichts zu hören.
    Zufrieden zog sie die Tür hinter sich zu, während ihr der Geruch nach Heu, Pferden und Leder entgegenschlug. Über ihr im Gebälk leuchteten zwei Augen auf, dann schoss eine Katze davon und jagte den Mäusen nach, die sich im Stroh versteckten.
    Lizette musste sich nicht weit von der Tür entfernen, um zu erledigen, was sie mit Finn besprochen hatte. Zunächst türmte sie im Mittelgang zwischen den Boxen einen kleinen Haufen Stroh auf, dann tauchte sie weiteres Stroh in den nächstgelegenen Wassertrog und legte daraus einen Kreis um den kleinen Haufen. Sie wollte vor allem Rauch erzeugen, weniger Flammen, damit den Dienern, die auf dem Dachboden schliefen, Zeit blieb, sich und die Pferde in Sicherheit zu bringen.
    An einem Haken ganz in ihrer Nähe hing Zaumzeug, das sie

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