Ein Kuss für die Ewigkeit
herunternahm und auf das aufgehäufte Stroh warf. Dann kniete sie sich hin und rieb den aus der Küche stammenden Feuerstein gegen ein metallenes Teil des Zaumzeugs, damit Funken sprühten. Ihre Hände zitterten aber so sehr, dass sie drei Anläufe benötigte, ehe eine Flamme entstand.
Diese Flamme griff rasch um sich und setzte alles Stroh in Brand. Fast augenblicklich wieherte das erste Pferd ängstlich, und als Lizette zur Tür zurückkehrte, rief von oben jemand: „Feuer!“
Weitere Pferde wieherten und bäumten sich auf, sie traten gegen die Türen ihrer Boxen und wurden mit jedem Augenblick unruhiger. Gleichzeitig hatten die Flammen das durchnässte Stroh erreicht, und dichter Rauch begann sich auszubreiten. Hustend öffnete Lizette die Tür und eilte ins Freie, gerade als die Alarmrufe zu den Wachen auf den Wehren drangen, von dort zum Tor weitergegeben wurden und auch im Saal und in den Schlafgemächern gehört wurden.
Ihr Plan sah vor, hinter den Ställen im Schutz der Dunkelheit zum Tor zu gelangen. Im ausbrechenden Durcheinander sollte sie drei Pferde einfangen, je eines für sie, Finn und für Ryder, in der Hoffnung, dass der genug bei Kräften sein würde, um selber zu reiten. Ansonsten würde Finn ihn auf seinem Pferd mitreiten lassen. Zusammentreffen sollte sie mit ihnen am inneren Tor, wo sie sich die Wachen vorknüpfen würden, falls die wider Erwarten nicht zu den Ställen gerannt sein sollten, um das Feuer zu bekämpfen. Dann wollten sie das Tor öffnen und zur äußeren Burgmauer reiten, wo Finn als Lord Gilbert den Wachen befehlen würde, ihn passieren zu lassen. Sollten die Männer am Tor sich weigern, sie zur Mauer reiten zu lassen, würde er ihnen erklären, was sich zugetragen hatte, und dann alles tun, was er tun musste, um die Männer zum Schweigen zu bringen. Bis den Wachleuten auf der äußeren Mauer klar werden würde, dass da etwas nicht stimmte, hätten sie auch dieses Tor geöffnet und wären in die Freiheit entkommen.
Es hörte sich alles ganz einfach an, und doch konnten tausend Dinge schiefgehen. Das war ihr allzu bewusst, aber als Diener und Soldaten zum Stall hasteten, um die aufgescheuchten Pferde zu retten, und als sie dann auch noch sah, dass das Tor unbewacht war, da begann sie zu glauben, dass alles wie geplant klappen würde.
Finn, Ryder und die übrigen Gefangenen stiegen die Stufen hinauf. Die Stärkeren halfen den Geschwächten, so wie Finn Ryder nach oben half, bis sie alle im Wachraum versammelt waren. Von draußen war zu hören, worauf Finn gehofft hatte: Rufe nach Wasser, aufgeregtes Wiehern und hastige Schritte auf den Pflastersteinen des Burghofs.
„Das Feuer im Stall wurde gelegt, um von unserer Flucht abzulenken“, erklärte Finn den Freigelassenen. Er zog für Ryder einen Stuhl der Wachleute heran, damit er sich ausruhen konnte, dann wandte Finn sich erneut an die Gruppe. „Ohne uns wärt ihr alle noch in euren Zellen. Das Feuer genügt womöglich nicht, um uns allen die Flucht zu ermöglichen. Daher bitte ich euch im Gegenzug für eure Freilassung, dass ihr meinem Bruder, mir und einer Adligen, die ihr Leben aufs Spiel gesetzt hat, um uns zu helfen, einen gewissen Vorsprung lasst. Danach könnt ihr auch alle die Flucht antreten.“
Noch während er sprach, wurde ihm klar, wie sinnlos sein Appell war. Diese Männer waren im Verlies bis an den Rand der Verzweiflung getrieben worden, und das Einzige, was sie noch interessierte, waren nur sie selber.
Fast alle stürmten sie gleichzeitig zur Tür und stießen Finn aus dem Weg, nur nicht der letzte Gefangene. Der blieb stehen und hieb mit den Fäusten auf den ohnmächtigen Uldun ein, wobei er mit dem heiseren Rest seiner Stimme wüste Flüche von sich gab. Und dann auf einmal ertönten andere Rufe.
Bevor Finn mit Ryder zur Tür gelangen konnte, war Draco auf der Schwelle erschienen, in einer Hand ein blutverschmiertes Schwert. Mit wildem Glanz in den Augen holte er aus und tötete den Gefangenen, der zurückgeblieben war, um sich an Uldun zu rächen.
Hastig schob Finn Ryder hinter sich und schnappte sich einen Eimer, der auf dem Tisch stand. Ihn konnte er als Schild benutzen und die Klinge abwehren, doch im nächsten Moment kamen weitere Söldner hinzu, und Finn wusste, sie hatten verloren. Aber möglicherweise würde es Lizette in dem allgemeinen Getümmel noch gelingen zu entwischen.
Finn schleuderte Draco den Eimer entgegen, der ihn mit seinem Schild ablenkte. Er wich zurück und sah mit an, wie die
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