Ein Kuss für die Ewigkeit
Dennoch achteten sie weder auf das Tor noch auf die Gegend außerhalb der Burg.
Lizettes Kleidung war vom Ruß geschwärzt, und das Gleiche galt vermutlich auch für ihr Gesicht. Zweifellos sah sie in diesem Moment überhaupt nicht wie eine Dame aus, doch das hielt sie nicht davon ab, die Schultern zu straffen und das Kinn zu heben. „Macht das Tor auf und lasst mich durch!“, rief sie den Wachen so arrogant zu, wie sie es bei Adelaide beobachtet hatte.
Die zwei Wachleute zu beiden Seiten des Tores schauten sich überrascht und argwöhnisch an.
„Ich sagte, Ihr sollt das Tor öffnen! Mein Ehemann wurde bei dem Feuer verletzt, und ich muss einen Wundheiler herbeiholen. Wie ich hörte, gibt es einen im Kloster hier in der Nähe, und ich muss hin, um ihn zu benachrichtigen.“
„Ihr ganz allein?“, fragte einer der Männer misstrauisch.
„Meine Eskorte wird jeden Moment folgen“, erwiderte sie und fügte dann gebieterisch hinzu: „Ich rate Euch, dass Ihr Euch beeilt und endlich dieses Tor öffnet. Wimarc wird nicht erfreut sein, wenn einer seiner Verbündeten stirbt, nur weil Ihr zu langsam wart. Und ich werde ebenfalls nicht erfreut sein.“
Augenblicklich hoben die Männer den Querbalken hoch und drückten das schwere Tor auf.
Bevor die zwei es sich anders überlegen konnten, presste Lizette ihre Fersen in die Flanken der Stute, die daraufhin losgaloppierte und sie in die Freiheit trug.
Finns Kopf wurde nach rechts gerissen, so brutal fiel Wimarcs Fausthieb aus. Blut sammelte sich in seinem Mund, und Schmerzen strahlten von seinem Kiefer aus. Sein rechtes Auge war zugeschwollen, die linke Wange blutete aus einer Platzwunde. Vor Schmerzen konnte er kaum noch den Kopf hochhalten, und dass er noch stand, lag einzig daran, dass man ihn an die Wand im Wachraum gekettet hatte.
Neben ihm hing Ryder in den Ketten, er war bewusstlos, aber wenigstens lebte er trotz seiner Verletzungen noch. Die anderen Gefangenen waren entweder tot, oder man hatte sie bereits in ihre Zellen zurückgebracht.
„Wer hat dich hergeschickt?“, brüllte Wimarc zum wiederholten Mal und griff in Finns Haar, um seinen Kopf hochzuziehen. „Sag es mir, und ich werde so gnädig sein, dich schnell zu töten.“
Finns Antwort bestand darin, dass er das angesammelte Blut auf Wimarcs Surcot spuckte.
Solange Wimarc Lizette in seiner Gewalt hatte, würde Finn ihm nichts sagen, selbst wenn er gefoltert werden sollte.
Fluchend ließ der Adlige ihn los. „Ich sollte dich auf der Stelle umbringen.“
„Ohne zuvor herausgefunden zu haben, wer mich geschickt hat und warum ich eigentlich hier bin?“, brachte Finn heraus. „Ihr glaubt doch sicher nicht, dass der ganze Aufwand nur dem Zweck diente, einen gefangenen Dieb zu befreien, oder?“
Wimarc kniff die Augen zusammen und musterte seinen Gefangenen. „Dann ist es also richtig, dass es einen anderen Grund für dein Erscheinen gibt?“
„Ich dachte, das ist offensichtlich.“
Wieder spielte Wimarc mit seinem Rubinring. „Vielleicht habe ich dir nur noch nicht den richtigen Ansporn zum Reden geliefert.“ Dann griff er in Ryders Haar und zog dessen Kopf mit einem Ruck nach hinten. „Und wer steckt dahinter? Was hast du mit ihm zu schaffen? Offenbar ist er jemand, der sehr viel Mühe und Ärger wert ist.“
Er ließ Ryders Kopf los, der nach vorn fiel wie der Kopf einer Puppe. „Ich kenne Mittel und Wege, um auch die starrsinnigsten und wortkargsten Männer zum Reden zu bringen, wie du noch merken wirst. Vielleicht sollte ich diese Methoden ja bei ihm zuerst anwenden.“
Finn würde nicht zulassen, dass Ryder noch mehr leiden musste. Aber er hatte noch eine Lüge in Reserve, durch die Ryder für eine Weile verschont bleiben würde. „Ich an Eurer Stelle würde ihn nicht anrühren. Allerdings fürchte ich, Ihr seid bei ihm schon jetzt zu weit gegangen, als dass man Euch noch mit dem Leben davonkommen lässt. Dieser junge Mann ist der uneheliche Sohn des Earl of Pembroke.“
Wimarc schaute ihn ungläubig an. „Du lügst!“
„Wie bitte? Ihr könnt Euch nicht vorstellen, dass ein Mann wie der Earl außerhalb seiner Ehe Kinder gezeugt hat? Natürlich hat er das, und er beabsichtigt, diesen jungen Mann zu benutzen, um per Heirat eine Allianz zu seinen Gunsten zu schaffen.“
„Von einem solchen Plan hätte ich gehört!“
„Seid Ihr mit dem Earl so eng befreundet, dass er Euch in all seine außerehelichen Aktivitäten und seine Zukunftspläne einweiht?“
Nach Wimarcs
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