Ein Kuss für die Ewigkeit
Garten wieder. Da bereits September war, blühten nur noch wenige Blumen, doch die Rosen schmückten nach wie vor die Mauern und Rankgitter. Andere spätblühende Sorten verliehen den Beeten zu beiden Seiten des gepflasterten Weges Farbe. In der Mitte stand eine Holzbank, die von einem ebenfalls mit Rosen bewachsenen Rankgitter geschützt wurde.
„Das ist wunderschön. Hat Eure Frau diesen Garten angelegt?“, fragte Lizette, die ernsthaft beeindruckt war, sich zugleich aber fragte, ob es noch einen anderen Zugang zum Garten gab, durch den man ungesehen entkommen konnte.
Vielleicht konnten sie über die Mauer klettern und dann … wohin sollten sie sich dann wenden? Außerdem würden sie dann von den Wachposten auf den Brustwehren entdeckt werden, vor allem bei einer Flucht am helllichten Tag.
In der Nacht dagegen wäre das vielleicht möglich. Die Rankgitter wirkten zu schwach, um als behelfsmäßige Leitern herzuhalten, aber die Bank … ja, vielleicht …
„Nein, Mylady, den Garten habe ich geplant“, erklärte Wimarc. „Roslynn interessiert sich kaum für solche Dinge. Überhaupt schert sie sich fast nicht um die Pflichten, die eine Ehefrau üblicherweise erfüllen sollte.“
Sein Tonfall verriet kein Missfallen und auch keine verborgene Absicht, dennoch rätselte Lizette, warum er sich derart äußerte, wenn er ihr auf diese Weise nicht mitteilen wollte, dass er unglücklich verheiratet war. Immerhin konnte er so an ihr Mitgefühl appellieren und den Grundstein für eine Verführung legen. „Mein Ehemann erzählt womöglich das Gleiche über mich. Ich finde häusliche Arbeiten sehr ermüdend.“
Das war nicht mal gelogen, denn sie empfand diese Aufgaben tatsächlich als langweilig, während Gillian dabei förmlich aufblühte. Lizette war lieber allein und dachte sich Geschichten aus, um die Zeit totzuschlagen. Aufregende Geschichten von Orten, an denen sie über ihre Feinde triumphierte, die sie in den Kerker stecken oder ihr etwas antun wollten.
Jetzt wusste sie, dass ein solcher Traum viel angenehmer war als die Wirklichkeit, die sich zudem als weitaus gefährlicher entpuppt hatte. „Wenn man eine reizende Lilie auf dem Feld ist, dann sollte man sich nicht mit lästigen Pflichten herumschlagen müssen“, stimmte Wimarc ihr zu. Seine Stimme klang auf einmal etwas leiser und tiefer.
Er stand weit genug entfernt, um sie nicht berühren zu können, dennoch verspürte sie ein wachsendes Unbehagen. Aber sie würde jetzt nicht die Flucht ergreifen und damit eine so gute Gelegenheit ungenutzt lassen. „Mich überrascht, dass Ihr Euch nicht am Hof des Königs aufhaltet.“
„Ich bezweifle, dass ich dort willkommen wäre.“
„Oh, ein Mann wie Ihr wäre dort sicher sehr willkommen – zumindest bei den Damen.“
„Mir scheint, ich verstehe mich nicht als Einziger aufs Schmeicheln“, stellte Wimarc amüsiert fest, während er ihr bedeutete, auf der Bank Platz zu nehmen.
Erst als sie saß und er sich zu ihr gesellt hatte, wurde ihr klar, wie gut die Rankgitter sie vor den Blicken Neugieriger abschirmten.
„Ich verbringe meine Zeit lieber nicht in der Nähe unseres erhabenen Souveräns“, räumte er ein.
„Das kann ich nachvollziehen.“
„Ihr mögt unseren König nicht?“
„Mag ihn irgendjemand mit Ausnahme derer, die von ihm so offensichtlich bevorzugt werden?“
Wimarc hob warnend den Zeigefinger. „Achtet gut darauf, Mylady, mit wem Ihr über Eure Ansichten sprecht. Man könnte sie als Verrat auslegen.“
Sie riss die Augen auf. „Ihr werdet es doch niemandem sagen, nicht wahr? Ich … ich habe das nicht einmal meinem Ehemann gegenüber erwähnt.“ Sie legte eine Hand auf ihre Stirn. „Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.“
Wimarc nahm ihre Hand und sah ihr in die Augen. „Fürchtet Ihr, er würde Eure Meinung nicht teilen?“
„Nein, das ist es nicht. Er hasst …“ Sie verstummte abrupt und zog scheinbar aufgewühlt ihre Hand zurück. „Ich will damit sagen, ich glaube, er würde mich nicht zu sehr dafür bestrafen, dass ich den König kritisiere.“ Sie blickte Wimarc flehentlich an. „Es fällt mir nur viel leichter, mich Euch anzuvertrauen.“
„Nun fühle ich mich wirklich geschmeichelt, Mylady.“
Sie lächelte ihn schüchtern an. „Ich glaube, wenn ich Euch Fragen stelle, dann erhalte ich auch Antworten. Gilbert dagegen behandelt mich wie ein Kind und erzählt mir kaum etwas über den König und die anderen Höflinge. Unmittelbar bevor wir hierher
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