Ein Kuss für die Ewigkeit
anzusehen. Es war nicht ihr Kleid, und sie hatte es beschädigt!
„Gott sei Dank!“, seufzte er und warf den Kamm auf den Tisch. „Wenn Ihr das noch mal getragen hättet, wäre Wimarc vermutlich erblindet, weil er nur noch auf Eure Brüste gestarrt hätte. Und das dürfte auch für so gut wie jeden seiner Söldner gelten.“
„Wenn der Anblick meiner Brüste so etwas bewirken könnte, würde ich sogar nackt durch die Burg gehen“, murmelte sie beiläufig, da sie sich im Moment mehr auf das Kleid als auf Finn konzentrierte.
„Würdet Ihr das wirklich machen?“, fragte er heiser und verführerisch. Sie hob nun ihren Blick und schaute ihn an, während sie dabei weiter über den Riss strich, als überlege sie, wie sie ihn flicken konnte. Sie hatte das Gefühl, als würde ihr Herz zerspringen müssen, und sie spürte, wie sich das Verlangen nach ihm erneut in ihr regte. „Natürlich war das nicht mein Ernst.“
„Gut“, sagte er unbeteiligt, aber ein bestimmter Unterton in seiner Stimme entlarvte ihn. Als er schließlich lachte, klang es falsch und hohl. „Ansonsten würde ich nämlich wütend werden und meine Klinge ziehen, um sie alle für ihre gierigen Blicke zu bestrafen. Aber was würde uns das einbringen?“
„Ihr werdet Euch einfach beherrschen müssen“, wisperte sie.
„Vielleicht kann ich das ja nicht“, erwiderte er mit rauer Stimme. Seine Augen offenbarten unendlich viele Fragen, und als er seine Hände auf ihre Schultern legte, da wollte sie jede einzelne dieser Fragen mit Ja beantworten. „Ich glaube, wenn Ihr mir gegenüber ehrlich wärt, Mylady, würdet Ihr zugeben, dass Euch meine Küsse gefallen haben.“
Sie wehrte ihn nicht ab, als er sie umarmte. Sie seufzte leise, schloss die Augen, und schmiegte sich an ihn.
„Ich glaube, wenn Ihr restlos ehrlich wärt“, fügte er hinzu, „würdet Ihr sogar gestehen, dass Ihr mit mir das Bett teilen möchtet.“
Er war zu weit gegangen und hatte sie damit auf eine bislang unbekannte Gefahr aufmerksam gemacht – ihre eigene Willensschwäche. Es war schön und gut, sich heimlich nach ihm zu verzehren und sich auszumalen, sie wäre seine Geliebte. Doch jetzt, da sich eine Gelegenheit bot, aus diesem Traum Wirklichkeit werden zu lassen, wusste sie, es durfte nicht sein.
Zwischen ihnen konnte und durfte es keine derartige Nähe geben. Wenn sie sich von ihrer Lust leiten ließ und auf einmal feststellen musste, dass sie in anderen Umständen war, würde sie einen Skandal heraufbeschwören und Schmach und Schande nicht nur über sich, sondern auch über Adelaide und Gillian bringen. Und dieses Wagnis konnte sie nicht eingehen, nicht einmal seinetwegen.
Sie musste verhindern, dass er sie in Versuchung führte. Sie musste dafür sorgen, dass er sie nicht wieder küsste, außer es war für ihre Tarnung unvermeidlich. Also schob sie seine Hände weg und musterte ihn mit kühlem Blick. „Auf eine gewöhnliche Art kann man wohl sagen, dass Ihr gut ausseht, und für einen Bauern seid Ihr sehr wortgewandt. Aber einen Mann wie Euch könnte ich niemals begehren.“
Finn starrte sie ungläubig an, und dann sah sie, wie aus seinem Unglauben Zorn wurde. Mit jedem Herzschlag fühlte sie sich schäbiger und hasste sich mehr für das, was sie gesagt hatte, auch wenn es noch so erforderlich gewesen sein mochte, diese Worte auszusprechen.
Plötzlich machte er auf dem Absatz kehrt und stürmte aus dem Zimmer.
Finn warf die Tür hinter sich zu und stapfte wutentbrannt die Treppe nach unten. Zum Teufel mit dieser Frau, zum Teufel mit allen Adligen, zum Teufel mit ihrem Stolz und ihrer Arroganz, mit ihrer Art, gewöhnliche Menschen für ihre Zwecke zu benutzen und sie so zu behandeln wie den Kuhmist, der unter ihren Schuhen klebte.
Und ihre Lügen … o ja, sie konnten schlimmer lügen als der verlogenste Dieb von ganz England. Lizette zum Beispiel konnte sagen, was sie wollte, aber ihre Reaktion auf seine Küsse war nicht bloß gespielt gewesen. Die Küsse hatten sie genauso erregt wie ihn.
Er sollte eine Rebellion gegen den König begrüßen. Sollten sich die Adligen doch ruhig gegenseitig umbringen. Das einzige Problem war, wenn es zu einem Krieg käme, dann waren es nicht die Adligen, die am schlimmsten darunter zu leiden hatten. Wie immer würden es die Bauern und das gemeine Volk sein, die bluten und leiden mussten, die hungerten und elendig zugrunde gingen. Die Adligen würde man allenfalls gefangen nehmen und gegen die Zahlung von Lösegeldern wieder
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