Ein Kuss für die Ewigkeit
Verwandtschaftsgrad niemals eine Heirat erlauben.“
„Das hat sie aber, mein guter Freund, weil Bayard kein leiblicher Sohn von Lord Raymond de Boisbaston ist. Dessen Sohn starb bei der Geburt, und ein anderes Kind nahm seinen Platz ein.“
Bayard de Boisbaston war nicht der Sohn von Raymond de Boisbaston?
„Der Mann hat es dem König gestanden“, fuhr Wimarc fort. „Er behauptete, er habe die Wahrheit erst vor Kurzem erfahren. John glaubte ihm und ließ ihn Gillian d’Averette heiraten.“
Finn war fassungslos. Bayard war kein de Boisbaston, und er hatte Lizettes jüngere Schwester geheiratet?
„Das ist skandalös, nicht wahr?“, sagte Wimarc und blickte ihn wieder an. „Allmählich glaube ich, John lässt sich von jedermann bestechen. Mich würde es nicht wundern, wenn er demnächst jeden zum Ritter schlägt, der ihn dafür bezahlt.“
„Das wird er sogar machen müssen, sollten sich plötzlich Männer wie Armand de Boisbaston und der Earl of Pembroke von ihm abzuwenden drohen“, entgegnete Finn bedächtig. „Viele glauben, dass John seinen Neffen ermordet hat, weil der einen gewichtigeren Anspruch auf den Thron besaß. Und dann lässt er auch noch seine Nichte einsperren. Ich vermute, er wird sie niemals freilassen, um zu verhindern, dass sie sich mit einem Mann zusammentut, der einen Anspruch auf den Thron anmelden könnte.“
Plötzlich betrachtete Wimarc ihn mit deutlich mehr Respekt als zuvor. „Mir war nicht klar, dass Ihr Euch in Angelegenheiten der Thronfolge so gut auskennt.“
Aus Angst, er könnte zu viel gesagt haben, zuckte Finn beiläufig mit den Schultern. „Auf meiner Hochzeit wurde viel über John geredet.“ Die Begründung war glaubwürdig, denn sobald Adlige zusammenkamen, wurde auch über den König gesprochen.
„Hoffen wir, dass seine Regentschaft von kurzer Dauer sein wird. Krankheit, eine Verletzung … es sind so viele Dinge vorstellbar, die selbst einem jungen Mann ein frühes Ende bereiten können.“
„Das ist wohl wahr“, stimmte Finn ihm zu. „Aber durch Arthurs Tod gibt es so lange keinen rechtmäßigen Nachfolger, wie John keinen leiblichen Sohn vorweisen kann. Wenn John etwas zustößt, könnte das zu einem Krieg unter den Adligen führen.“
„So etwas könnte passieren“, räumte Wimarc ein. „Aber in solchen Zeiten muss man auch damit rechnen, dass sich unter ihnen ein würdigerer König findet.“
Unvermittelt hob einer der Jäger die Hand, damit die Gruppe stehen blieb. „Hier, Mylord“, rief er. „Hier ist die Suhle des Ebers.“
Finn und Wimarc saßen ab und griffen nach ihren Speeren, kurze spitze Waffen mit einem Querholz im vorderen Viertel, das verhindern sollte, dass das Tier dem Jäger zu nahe kam. Selbst ein aufgespießter Keiler rannte nämlich immer weiter, solange er noch lebte.
Unterdessen kniete sich der grauhaarige Jäger neben der morastigen Kuhle hin und legte eine Hand auf den Boden. „Fühlt sich noch warm an.“
Finn wusste, dies bedeutete, dass die Bestie noch in der Nähe war. Als hätten sie den Mann verstanden, begannen die Hunde zu bellen.
„Lass sie von der Leine!“, rief Wimarc dem jungen Mann zu, der die Hunde zurückhielt. Sein Gesicht war schmutzig und mit Pickeln übersät, doch er schien sein Handwerk zu beherrschen, da er geschickt die Leinen löste.
Während die Meute losstürmte, bemerkte Finn die Spuren, die der Eber an einem Baum in der Nähe durch sein Scheuern hinterlassen hatte. Nach der Höhe zu urteilen, musste es sich tatsächlich um ein großes Exemplar handeln.
„Das Unterholz ist hier zu dicht“, sagte Wimarc zu Finn und den anderen Männern. „Wir müssen ihnen zu Fuß folgen.“
Sie machten sich auf den Weg, und es dauerte nicht lange, da hörten sie ein klägliches Jaulen, das ihnen verriet, dass die Hunde ihre Beute aufgespürt hatten. Kurz darauf stießen sie auf einen von Wimarcs Hunden, der tot im Wald lag. Sein Körper war auf ganzer Länge vom Hauer des Keilers aufgeschlitzt worden.
Wimarc nahm von dem toten Tier kaum Notiz, und auch die anderen Männer beachteten den Hund so wenig, als hätten sie es mit einem in einer Schlacht gefallenen, gewöhnlichen Bauern zu tun.
Finn umfasste den Speer fester, während er hoffte, ihm möge kein Fehler unterlaufen, der die anderen erkennen ließ, wie wenig er eigentlich über die Jagd wusste.
Die meiste Zeit seines Lebens hatte er damit verbracht, alles Mögliche vorzutäuschen. Er tat so, als wäre es ihm gleichgültig, wenn jemand
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