Ein Kuss und Schluss
Gewissen reden, unbedingt eine Aussage zu machen. Wahrscheinlich würde sie sich zunächst sträuben, wie die meisten Frauen, die missbraucht wurden, aber , das war nicht mehr sein Problem. Anschließend würde er zu Harley fahren, nachsehen, was Marva gekocht hatte, und sich anhören, was es Neues in Winslow gab.
Und wenn eine hübsche Frau ins Restaurant spazierte und Sex haben wollte, würde er ihr seine Polizeimarke vor die Nase halten, wie man einen Vampir mit einem Kruzifix abwehrte, und ihr vorschlagen, sich für ihre Gelüste ein anderes Opfer zu suchen.
Renee beobachtete, wie John die Holzscheite in den Kamin stapelte. Es war nicht zu übersehen, dass er immer noch wütend war. Nun, vielleicht nicht mehr wütend, aber zumindest verärgert, gewürzt mit einer kräftigen Prise Enttäuschung. Offensichtlich wollte er sie so schnell wie möglich wieder loswerden, was sie ihm nicht einmal verübeln konnte. In ihrem verzweifelten Bemühen, Leandro zu entfliehen und sich hier zu verstecken, hatte sie diesen Mann zum Narren gehalten - genauso, wie er es ihr vorgeworfen hatte. Zum Glück ahnte er nicht, dass sie ihn auch jetzt noch zum Narren hielt, und sie betete, dass er niemals die Wahrheit erfuhr.
»Hast du Hunger?«, fragte er in brüskem, unpersönlichem Tonfall.
Hunger war nicht das richtige Wort. Bärenhunger traf es schon etwas besser.
»Ah ... ja. Etwas.«
Er ging in die Küche, warf einen Blick in den Kühlschrank und kramte dann in den Wandschränken. Schließlich kehrte er mit einer Tüte Brezeln und einer Dose Cola zurück.
»Ich habe in den letzten Tagen immer im Diner gegessen. Hier habe ich keine größeren Vorräte angelegt.«
»Kein Problem«, sagte Renee. Sie war so hungrig, dass sie die Polsterung des Sofas gegessen hätte, wenn er ihr lange genug den Rücken zugekehrt hätte. Er reichte ihr die Tüte und die Dose, dann brummelte er, dass er jetzt duschen gehen würde, und verschwand im Bad.
Renee stopfte die Brezeln in sich hinein, während Bilder von Pasta Funghi und Kalbsschnitzel an ihrem geistigen Auge vorbeizogen. Italienische Gerichte. Dadurch musste sie an das Restaurant denken, in dem sie arbeitete. Oder gearbeitet hatte. Sie seufzte wehmütig. Wenn ihr nicht jemand die Beute eines Raubüberfalls und die Tatwaffe auf den Rücksitz ihres Wagens geworfen hätte, wären ihre größten Sorgen jetzt doppelt gebuchte Reservierungen oder ein umgekippter Chianti.
Hör auf. Denk nicht mehr an das Leben, das du hinter dir gelassen hast. Damit machst du dich nur verrückt.
Nachdem sie fast alle Brezeln gegessen hatte, faltete sie die Tüte mit dem Rest zusammen und brachte sie mit der leeren Cola-Dose in die Küche zurück. Sie schwor sich, die erste Gelegenheit zu einer ordentlichen Mahlzeit wahrzunehmen. Dann ließ sie sich wieder aufs Sofa fallen und blinzelte träge. Der rotgoldene Schein des Feuers und das Rauschen der Dusche im Badezimmer übten eine hypnotische Wirkung auf sie aus.
In diesem Dämmerzustand erinnerte sie sich wieder daran, wie John sie geküsst hatte. Langsam wurde dieses Bild von anderen Szenen abgelöst, die noch wesentlich erotischer waren. Normalerweise hätte sie diese Fantasien sofort verdrängt, wenn sie nicht so müde und die Bilder nicht so unglaublich verlockend gewesen wären.
Sie stellte sich vor, wie er unter der Dusche stand, wie sein nackter Körper in surrealistische Dampfschwaden gehüllt wurde, wie seine Muskeln feucht glänzten. Sie folgte der Seife, die an einem Arm hinunter- und wieder hinaufglitt, dann quer über den breiten Brustkorb, wo sie in den Haaren aufschäumte, bis sie von einem Wasserstrahl fortgespült wurde. Sie sah, wie er sich umdrehte, um sich die Schultern massieren zu lassen; er ließ sie ein oder zweimal kreisen, um seine Verspannungen zu lockern. Dann schloss sie die Augen und wagte sich nun in wahrlich unerkundete Regionen vor.
Sie sah sich, wie sie das Bad betrat, den Duschvorhang zur Seite schob und seine verblüffte Miene betrachtete. Sie sah, wie er sie mit einer kräftigen, fließenden Bewegung unter die Dusche zog, wie er sie gegen die geflieste Wand drückte und sie küsste. Zunächst ignorierte er einfach, dass sie noch vollständig bekleidet war, doch schon bald hatte er für Abhilfe gesorgt. In diesem speziellen Tagtraum ging das heiße Wasser niemals zur Neige. Sie standen die ganze Nacht unter der Dusche und liebten sich heiß und innig, wie es zwei Menschen taten, die nur füreinander Augen
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