Ein Kuss und Schluss
und gleich darauf wieder Sandy.
Sandy starrte auf Johns Gesichtsverletzungen. »Großer Gott! Was ist mit dir passiert?«
»Ah... ein Unfall«, murmelte er.
»Ich verspreche dir, dass ich deine andere Gesichtshälfte genauso zurichten werde, wenn du nicht auf der Stelle herüberkommst und Alice befreist!« Sandy erhob sich und ballte drohend die Hände. »Hattest du vor, sie nie wieder loszumachen?«
»Mir ist klar, dass ich mit allem einverstanden war, was letzte Nacht geschehen ist, John«, sagte Renee schnell im süßesten Tonfall, den sie zustande brachte. »Und es hat auch mir Spaß gemacht. Wirklich. Aber es wäre sehr nett gewesen, wenn du mir die Handschellen abgenommen hättest, bevor du das Haus verlassen hast.«
Ganz allmählich und in kleinen Portionen schien ihm zu dämmern, was los war, welche Lüge sie erzählt hatte, um sie beide vor schlimmeren Konsequenzen zu bewahren. Sie hatte es für unmöglich gehalten, aber der große, böse Polizist errötete doch tatsächlich!
»He!«, sagte Sandy. »Steh nicht so blöd in der Gegend rum. Komm sofort her und mach sie los!«
John war so verlegen, dass Renee laut gelacht hätte, wenn ihr nicht bewusst gewesen wäre, wie wütend er sein würde, wenn sie schließlich wieder allein waren. Er zog einen Schlüssel aus der Hosentasche, dann packte er Renees Handgelenk. Als er seiner Schwester den Rücken zuwandte, starrte er Renee an, und in seiner Miene stand die unausgesprochene Frage: Was zum Teufel ist hier los?, die sie jedoch nicht beantworten konnte, ohne sie beide in Schwierigkeiten zu bringen.
Er befreite sie von der Handschelle, die er klappernd gegen den Bettpfosten fallen ließ. Dann drehte er sich wieder zu seiner Schwester um und sprach sie mit ernster Polizistenstimme an. »Es ist nicht so, wie du denkst.«
»Ach?« Sandy gab sich keine Mühe, ihre Belustigung zu verbergen. »Und wie ist es in Wirklichkeit?«
John griff nach dem Arm seiner Schwester und zerrte sie nach draußen in den Korridor. Renee konnte sie jedoch durch den Türspalt sehen, und obwohl sie sich flüsternd unterhielten, verstand sie jedes Wort.
»Also gut«, sagte John. »Es ist genauso, wie du denkst. Und jetzt mach, dass du von hier verschwindest!«
»He, ich bin begeistert, dass du überhaupt so etwas wie eine Beziehung hast, auch wenn die Angelegenheit ein wenig ...«, sie grinste, »... pervers ist.«
»Sandy, geh!«
»Allerdings muss ich sagen, dass es nicht besonders originell ist, vor allem, weil du sowieso Polizist bist. Ist das deine Art, die Arbeit mit dem Vergnügen zu verbinden?«
»Raus!«
»Ja, John. Ich gehe ja schon. Aber nur, wenn du mir versprichst, heute zum Mittagessen zu Tante Louisa zu kommen.«
»Heute nicht.«
»Und bring Alice mit.«
»Alice?« Er schüttelte heftig den Kopf. »Nein. Auf gar keinen Fall!«
»Du warst schon seit Monaten nicht mehr sonntags bei Tante Louisa.«
»So lange ist es gar nicht her.«
»Sie wohnt nur drei Blocks von hier entfernt, wie du weißt. Du müsstest dir gar keine große Mühe machen.«
»Ich hatte sehr viel zu tun.«
»Heute spielen die Cowboys.«
»Die kann ich mir auch zu Hause ansehen.«
Sandy verdrehte die Augen. »Komm schon, John! Es kann doch nicht so schwierig sein, zum Essen zu kommen und deine Freundin mitzubringen!«
»Sie ist nicht meine Freundin!«
»Aber sie würde gut zu dir passen.«
»Das ist immer noch meine Entscheidung, oder sehe ich das falsch?«
»Ich will dir nicht zu nahe treten, aber was das betrifft, hast du bislang keine guten Entscheidungen getroffen.«
»Du meinst also, ich brauche dich, damit du mir sagst, wie ich mein Leben führen soll?«
»Ja. Ich denke, dass es gut wäre, wenn du gelegentlich auf mich hören würdest.«
»Misch dich nicht in meine Angelegenheiten ein, Sandy.«
»John ...«
»Ich sagte, hör auf damit!«
Es folgte ein längeres Schweigen.
»Hör mir zu«, sagte Sandy streng. »Ich habe mit ihr geredet. Sie ist nett, sie ist intelligent, sie ist hübsch, und ich glaube, sie könnte mir dir zurechtkommen. Lass dir diese Chance nicht entgehen!«
Als Sandy ging, wirbelte John herum, stürmte zurück ins Schlafzimmer und schlug die Tür hinter sich zu. Er konnte es nicht fassen! Er weigerte sich einfach, es zu glauben! Er stapfte zum Bett und baute sich vor Renee auf. Zu seiner Bestürzung erwiderte sie seinen Blick nicht mit abgrundtiefer Angst und bedingungslosem Respekt, wie er gehofft hatte - und was ihm jetzt gut getan hätte.
»Was hast
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