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Ein Kuss unter dem Mistelzweig

Ein Kuss unter dem Mistelzweig

Titel: Ein Kuss unter dem Mistelzweig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abby Clements
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Weihnachten nicht sein konnte.
    Laurie durchquerte den Bahnhof von King’s Cross, zog ihren Rollkoffer hinter sich her und kam sich dabei vor wie ein gefeuerter Lehrling aus der TV -Reality-Show The Apprentice . Es war Mittwochmorgen – mehr als eine Woche war also nun schon vergangen, seitdem ihr Leben vor die Hunde gegangen war.
    Um 11:45 Uhr ging ihr Zug nach Leeds, wo sie dann mit einem Regionalzug nach Skipley weiterfahren würde. Außerhalb der Berufspendlerzeiten war ihr Abteil halb leer. Ein Mann mit einem roten Gesicht und einem dicken Bauch, der gegen das kleine Tischchen vor ihm gepresst wurde, sah sie mit einem einladenden Lächeln an. Zwei kleine Kinder, wahrscheinlich seine, saßen ihm gegenüber. Mit einem dumpfen Gefühl setzte sie ihre Handtasche ab.
    »Hallo, meine Liebe«, sagte der Mann. Er erhob sich, um ihr dabei zu helfen, ihren bleischweren Koffer oben auf die Gepäckstange zu hieven. »Wohin geht die Reise?«
    Laurie unterhielt sich in öffentlichen Verkehrsmitteln niemals mit Fremden, und da würde sie auch heute keine Ausnahme machen. In dieser Hinsicht war sie mit jeder Faser ihres Körpers Londonerin, auch wenn sie dort nicht geboren war. »Nach Skipley«, antwortete sie knapp in der Hoffnung, dass der Mann weiter in der Zeitschrift lesen würde, die er in der Hand hielt.
    »Skipley, ähm – ach ja, klar, das kenne ich. Na ja, zumindest habe ich schon mal davon gehört. Dann fahren Sie ja ganz bis Leeds hinauf. Dann können wir ja …«
    Der Zug verließ den Bahnhof, und während der Mann unbeirrt weiterredete, sank Laurie mit einem tiefen Seufzer in ihren Sitz.
    Nach ein paar Minuten, in denen der Mann immer wieder versuchte, sie in ein Gespräch zu verwickeln, holte Laurie ihr iPhone heraus und begann Musik zu hören, sodass der Mann schließlich resignierte und sich seiner Zeitschrift zuwandte. Laurie sah aus dem Fenster und beobachtete, wie die Landschaft an ihr vorbeizog. Die ihr mittlerweile vertraute Londoner Gegend – die Rückseiten der Reihenhäuser, das Emirates Stadium vom FC Arsenal, das Alexandra Palace oben auf dem Hügel. Allein schon der Anblick der städtischen Skyline reichte aus, um sie in eine freudige Aufregung zu versetzen. Als der Zug immer mehr an Fahrt aufnahm, hatte sie das Gefühl, die Stadt mit beiden Händen ergreifen zu wollen, um sie nie wieder loszulassen.
    Auf dem iPhone blätterte sie sich zu Twitter durch und postete dort einen Tweet:
    Verlasse gerade London, bin auf dem Weg in die Yorkshire Dales – wünscht mir Glück! #kannnichtgutrelaxen
    Sie musste lächeln, als sie die einzeiligen Antworten las, die sofort hereinkamen.
    Als sie eine Kurznachricht ihrer Cousine Andrea las, musste sie an ihre Familie denken – an ihre Mutter. Schnell schickte sie ihr eine Nachricht:
    Hi Mum, alles klar? Tut mir leid, dass ich mich nicht früher gemeldet habe. Wie geht es dir? Ich verlasse für ein paar Wochen London und mache Urlaub. Liebe Grüße L .
    Einen Moment später kam die Antwort ihrer Mutter:
    Laurie, wie schön, dass du Urlaub machst! Clara hat erzählt, dass du da warst. Hier ist alles beim Alten. Hab dich lieb und vermisse dich! LG Mum
    Nach einer Stunde hatten grob gepflügte Felder und der weite, blaue Himmel darüber die viktorianischen Reihenhäuser abgelöst. Je weiter sie die Großstadt hinter sich ließen, desto lauter schienen alle zu reden – in ihrem Abteil ertönten Schreie und lautes Geschnatter. Laurie versuchte, sich auf ihre iPad-Ausgabe der Vogue zu konzentrieren, doch sie musste ihren Sitzplatz nicht nur gegen ihren direkten Sitznachbarn verteidigen, sondern auch gegen einen ausladenden Hundetransportkorb sowie einen verschmusten Husky, mit dem die kleinen Mädchen ihr gegenüber spielten.
    »Möchten Sie ihn mal streicheln?« Eines der Mädchen hielt ihr den plüschigen Hund hin. Laurie lächelte und tätschelte ihn zögerlich, zog aber sofort wieder ihre Hand zurück, als sie auf ein Gummibärchen stieß, das in seinem Fell klebte.
    Nachdem sie sich die Hand mit einem feuchten Tuch abgewischt und dabei penibel darauf geachtet hatte, ihre cremefarbene Seidenbluse nicht zu verknittern, ging Laurie online. Mit ihrem Firmenaccount schien etwas nicht zu stimmen, sie bekam keinen Zugang. Sie seufzte – denn es gab ganz bestimmt Mails, die dringend beantwortet werden mussten – und klickte dann stattdessen ihren privaten Mailaccount an. Sie lächelte, als sie die E -Mail ihres Patenkindes Milly sah.
    Von:

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