ein schönes Paar, ihr beide. Aber du bist eine sehr eigensinnige Frau, ich weiß«, fuhr sie fort. »Aber Freunde braucht der Mensch«, lächelte sie Laurie herzlich an. »Und davon hast du sehr viele.«
Lauries Blick schweifte zu den Bildern von Lilys Enkelkindern, die in Goldrahmen an einer unberührten, intakten Stelle der Wand hingen. Bevor sie sichs versah, kam ihr die Frage über die Lippen. »Warst du schon mal verliebt?«
»Oh ja!«, lachte Lily. »Zumindest habe ich gedacht, ich sei verliebt. In den Vater meiner Babys, Jimmy. Damals hatte ich meine Kinder, jetzt meine Enkelkinder – sie sind der Sonnenschein in meinem Leben, selbst wenn sie weit entfernt leben. Ich bereue nichts. Aber wenn es nur all die Streitereien nicht gegeben hätte! Jimmy und ich sind damals wohl zu jung gewesen, oder …«, sie zuckte mit den Schultern, »na ja, vielleicht bin ich auch nicht der Typ dafür, mich irgendwo fest niederzulassen.«
K apitel 6
Montag, 27. November
Von:
[email protected] An:
[email protected] Hi Carter,
wie geht’s? Wie es aussieht, werde ich mich wohl doch nicht mit dir treffen können. Lange Geschichte, aber ich werde für ein paar Wochen mit meiner Familie nach London ziehen. Das ist doof, weil ich hier eine Menge verpassen werde – aber auch wieder gut, weil ich immer schon mal nach London wollte und dann nicht zur Schule muss.
Wir können doch in Kontakt bleiben – wenn du möchtest?
LG Milly
»Du bist also zwei Wochen lang weg?«, fragte Diana.
Rachel saß bei ihrer Nachbarin im Wohnzimmer auf dem Sofa. Dianas kleiner Hund Alfie schlummerte auf der Fensterbank in der Wintersonne. Die Kissen waren perfekt aufgeschüttelt, der Wohnzimmertisch blitzeblank poliert, und in der Luft lag der Duft eines Vanille-Lufterfrischers. Diana selbst sah genauso adrett und ordentlich aus wie ihr Cottage, das blonde Haar zu einer Hochsteckfrisur zurückgekämmt, die leicht faltigen Augenlider mit einem Hauch hellblauem Lidschatten bestäubt und die Fingernägel in Altrosa lackiert. Rachel kam sich in ihrer Jeans und dem Wollpullover in der makellosen Wohnlandschaft ihrer Nachbarin wie ein Schandfleck vor.
»Das hängt alles davon ab, wie schnell die Ärzte herausfinden, was mit Bea los ist. So lange wird auch Laurie hierbleiben.«
Diana schien diese Nachricht etwas zu beunruhigen. »Geht es den Kindern denn gut?«
»Ja. Zak geht’s prima – er ist zwar ein bisschen enttäuscht, das Krippenspiel zu verpassen, aber er freut sich schon sehr auf unser großes Abenteuer. Zuhause herrscht das große Kofferpacken-Chaos, und er kämpft dafür, sein Fahrrad mitnehmen zu dürfen.« Rachel lächelte. »Und Milly hat glücklicherweise ihre Meinung geändert. Zuerst stand sie der Sache nämlich mit großer Abneigung gegenüber und hat irgendwas davon erzählt, eine Party zu verpassen. Doch sie wollte immer schon mal nach London.«
»Ich bin sicher, dass es den beiden dort gefallen wird«, stellte Diana fest.
»Manchmal ist das gar nicht mehr so leicht, das im Vorhinein zu wissen«, erwiderte Rachel nachdenklich. »Früher wusste ich immer genau, was Milly gefällt, doch mittlerweile verändert sich ihr Geschmack so schnell. Sie geht jetzt auf eine gemischte Schule, und ich werde das Gefühl nicht los, dass Jungs bald interessanter sind als ihre Pferde.«
»Jemand Besonderes?«
»Keine Ahnung«, seufzte Rachel. »Vielleicht. Ich habe mit ihr über das Thema Beziehungen gesprochen, und sie hat mir sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass sie sich nicht mit neunzehn ›schwängern lassen will‹ wie ich.« Rachel musste lachen. »Vielleicht sollte ich froh darüber sein. Sie ist viel ehrgeiziger und ambitionierter, als ich es je war, so viel steht fest.«
»Sie ist ganz schön vernünftig«, nickte Diana. »Jedenfalls werde ich euch alle vermissen. Natürlich werde ich ganz fest an Bea denken.«
»Hoffentlich wird die Ursache schnell gefunden. So habe ich sie noch nie erlebt, Diana. Aiden ist deswegen ziemlich angespannt – und dann hat er auch noch bei der Arbeit alle Hände voll zu tun. Darum wird er auch ein paar Tage die Woche hier sein. Könntest du dich vielleicht ein bisschen um Laurie kümmern? Sie ist nicht … wie soll ich es sagen … sie ist nicht unbedingt für das Leben auf dem Land geschaffen.«
»Natürlich. Ich werde mal nach ihr sehen und ihr sagen, dass ich gleich nebenan bin, wenn sie irgendetwas braucht. Ihr beide seid also zusammen zur Schule gegangen?«
»Ja. Wir kennen uns