Ein Kuss von dir
die Worte, die Sie Ihrem Vater an dem Morgen gesagt haben, als er Ihnen mitgeteilt hat, dass er Sie beim Kartenspiel gesetzt und verloren hat. Sie sagten: Ich fahre nach London und erkläre Mr. Knight, warum es lachhaft wäre, wenn wir heirateten.« Mr. Knight legte seine Hand auf Eleanors. »Das ist doch richtig, oder, meine Liebe?«
Unter seiner Handfläche ballten sich Eleanors Finger zur Faust. »Wollen Sie damit sagen, jemand hat Ihnen mitgeteilt, was ich gesagt habe?«
»In der Tat. Genau wie man mir mitgeteilt hat, dass Ihr Vater sich gerühmt hat, eine Lösung für das Problem zu haben. Worauf Sie ihm versicherten, Sie kämen mit mir zurecht. Sie haben Ihre treue Gesellschafterin, Miss Eleanor de Lacy, mitgenommen und haben, nachdem Sie schon mit Verspätung abgereist sind, letzte Nacht im Red Robin genächtigt, anstatt weiterzufahren … und zu mir zu kommen.«
Entsetzt zog Eleanor die Hand weg. Er hatte die Geschehnisse der letzten beiden Tage exakt rekapituliert. »Sir, ich verstehe das nicht.«
Er fuhr schonungslos fort. »Ein respektables, aber ziemlich garstiges Inn, mit all den Männern, die Mr. Rumbelow für seine Gesellschaft angeheuert hat, nicht wahr?«, fragte Mr. Knight, aber er kannte die Antwort offensichtlich ohnehin. »Sie haben mit Lady Tabard und deren Tochter Thomasin zu Abend gegessen, haben dann lange geschlafen und Ihre Gesellschafterin heute Morgen zu Mr. Rumbelows Kartenturnier entsandt. Ich habe nicht recht verstanden, warum, aber ich vermute, es hat mit der unersättlichen Spielsucht Ihres Vaters zu tun.« Mr. Knight zog die Augenbrauen hoch und wartete auf eine Antwort. Als keine erfolgte, fuhr er fort: »Vielleicht klären Sie mich später darüber auf. Jedenfalls sind Sie dann unverzüglich nach London gefahren, hierher zum Berkley Square.«
»Sie haben mich beobachtet«, keuchte Eleanor. Er wusste alles – bis auf das Wichtigste. Er hatte nicht mitbekommen, dass die Cousinen die Plätze getauscht hatten.
»Ich habe Sie beobachten lassen«, berichtigte er. »So gerne ich alles selbst tun würde, muss ich, fürchte ich, gelegentlich für meinen Lebensunterhalt arbeiten.« Er legte den Finger an die Lippen, ein spöttisches Redeverbot. »Aber erzählen Sie es nicht der feinen Gesellschaft.«
Sobald Eleanor Zeit dazu hatte, würde sie Madeline dafür bedauern, dass sie geglaubt hatte, diesen Mann manipulieren zu können, aber im Moment galt Eleanors ganzes Mitgefühl ihr selbst. Sie steckte in einem Schlamassel, der von Minute zu Minute katastrophaler wurde. »Warum haben Sie mich ausspioniert?«
»Trinken Sie Ihren Wein, Euer Gnaden, Sie sehen ein wenig blass aus.« Er wartete, bis Eleanor zittrig das Glas an die Lippen hob und nippte.
Lady Gertrude nippte nicht an ihrem Wein; sie trank ihn in großen Schlucken, da sie ebenfalls ein wenig blass aussah. »Ja, Mr. Knight, warum haben Sie Madeline beobachten lassen?«
»Bei allem Respekt, Lady Gertrude, ich fürchte, die Arroganz und Heimtücke der englischen Aristokratie ist von monumentalen Ausmaßen.«
Als er sich Eleanor zuwandte, waren seine blauen Augen vor Eiseskälte noch heller und bedrohlicher geworden. »Euer Gnaden, ich verlasse mich nicht darauf, dass Sie mich nicht betrügen. Und bevor Sie es versuchen, wollte ich Sie wissen lassen – es ist unmöglich. Ich weiß über jede Ihrer Bewegungen Bescheid. Bald werde ich über jeden Ihrer Gedanken Bescheid wissen – noch bevor Sie ihn denken. Denken Sie immer daran, meine liebe Madeline, bevor Sie noch weitere Pläne schmieden, mich aus Ihrem Leben zu eliminieren.«
6
Eleanor huschte verstohlen durch die Hintertür des knightschen Stadthauses nach draußen und murmelte vor sich hin: » Mit Ihrer Erlaubnis, Mr. Knight, würde ich gerne mit Dickie Driscoll sprechen. Nein!« Sie schüttelte den Kopf und versuchte es noch mal: » Ich möchte mit Dickie Driscoll sprechen, falls Sie nichts dagegen haben. « Verärgert über die eigene Unentschlossenheit, sagte sie: »Das ist es auch nicht.« Sie zog das Cape fester um die Schultern und lugte nach hinten, bevor sie den kleinen Garten durchquerte.
Seit letzter Nacht, als Mr. Knight ihr mitgeteilt hatte, dass er sie – beziehungsweise Madeline – hatte ausspionieren lassen, hatte sie ständig das kribbelnde Gefühl, beobachtet zu werden. Sie sah auch Beth mit anderen Augen, nicht als diensteifrige Kammerzofe, sondern als verschlagene Informantin. Sie hörte Schritte hinter sich, wenn keiner da war. Letzte Nacht hatte
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