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Ein Kuss von dir

Ein Kuss von dir

Titel: Ein Kuss von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Dodd
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sich. »Mylord, wie schön, Sie zu sehen. Wollen Sie sich nicht setzen?«
    Er nahm ihre Hand, hob sie an seine Lippen und sah ihr in die Augen. Sein schmales Gesicht sah wie ein Grabstein aus, kantig und eckig, mit einer dünnen Nase, deren Spitze herabhing. Er trug hellen Puder und Rouge auf den Wangen, und über seinem Mundwinkel klebte ein herzförmiges Schönheitspflästerchen aus Samt. Seine verschwommenen Augen waren freundlich. »Ich musste einfach herüberkommen und Ihnen sagen, wie sehr ich Ihren hübschen Fächer bewundere.«
    »Danke.« Sie zog ihn weiter auseinander und zeigte ihm die Petitpoint-Stickerei. »Das habe ich selbst gemacht.«
    Seine Stimme war entrückt und schwelgerisch. »Ja, Sie ähneln ihr sehr. Sie ähneln ihr wirklich sehr.«
    Sie erschauderte. »Ihr?« Madeline?
    »Lady Pricilla. Sie war auch sehr talentiert mit der Nadel.«
    »Oh.« Jetzt erinnerte sich Eleanor wieder, wie sie von Lord Fanthorpe erfahren hatte. Es war im Zusammenhang mit einer alten Familientragödie. Lady Pricilla war ihre Tante gewesen, die Schwester ihres Vaters, und sie war einem heimtückischen Verbrechen zum Opfer gefallen.
    Lord Fanthorpe benutzte seinen Stock und die Armlehne des Sofas und setzte sich langsam neben sie. »Sie wissen also, wer ich bin. Ich war schon gespannt. Es ist so lange her. Schwer zu glauben, dass seither vierzig Jahre vergangen sind. Ja, ich war Lady Pricillas Verlobter.« Seine ältliche Stimme zitterte noch heftiger, und seine Augen füllten sich mit Tränen. »Der Mann, den ihr Tod mit gebrochenem Herzen zurückgelassen hat.«
    »Es tut mir ja so Leid.« Ein ungenügender Trost für einen Mann, der nach so vielen Jahren immer noch trauerte.
    »Wäre sie am Leben geblieben, dann wäre ich jetzt Ihr Onkel.«
    »Ja.«
    Lord Fanthorpe betrachtete den Ballsaal, aber er schien eine ganz andere Szene vor Augen zu haben. »Ich werde nie vergessen, wie sie da im Gras lag, das Gesicht zerschmettert, das Blut aus den Wunden an der Brust strömend. Es war ein Horror, von dem ich mich nie mehr erholt habe.«
    »Es tut mir ja so Leid«, murmelte sie wieder. Dies war kein Partygeplauder, aber Fanthorpe hing seinen Erinnerungen nach, und Eleanor hatte noch nie die ganze Geschichte gehört. Es war, als hätte Lady Pricilla nie existiert, und Eleanor zögerte, schmerzliche Erinnerungen heraufzubeschwören, indem sie sich nach dem schrecklichen Vorfall erkundigte.
    Lord Fanthorpe drehte die Hand auf dem Knauf des Gehstocks hin und her. »Dieser Bastard, dieser Bürgerliche, der sie umgebracht hat, hielt sie in den Armen. Er war voller Blut, und er hat geweint, als hätte er nichts mit der Tragödie zu tun.« Er spuckte fast aus, als er weitersprach. »Als sei er unschuldig.«
    Eleanor staunte über die Bösartigkeit. »Er ist deportiert worden, nicht wahr?«
    »Nach Australien. Mr. George Marchant hatte ein Alibi .« Lord Fanthorpe spie das Wort aus, als handle es sich um eine Missgeburt. »Drei Adelsherren haben geschworen, er sei bei ihnen gewesen. Männer mit gutem Charakter. Pah! Also konnten sie ihn nicht aufhängen. Ich hätte ihn allein schon deshalb gestreckt und gevierteilt, weil er sich eingebildet hat, er sei würdig, Lady Pricilla mit sich zu besudeln.«
    »Ich weiß nicht, was Sie damit meinen.«
    »Wirklich nicht?« Lord Fanthorpe sah sie an, und seine braunen Augen waren leer. »Er hat sich in sie verliebt. Er wollte, dass sie mit ihm durchbrennt und ihn heiratet.«
    Eleanor schlug die Hand vor den Mund. »Und als sie sich geweigert hat, hat er sie umgebracht?«
    »Die niederen Klassen haben regelmäßig irgendwelche Gefühle – Liebe, Hass, Glück, Trübsinn -, die sie umtreiben. Und wenn ihnen dann alles zu viel wird, eskaliert es in Gewalt. Können Sie sich erinnern, wie die Bauern in Frankreich die Bastille gestürmt haben, meine Liebe?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Da war ich noch ein Kind.«
    »Sie sehen ihrer Tante so ähnlich, dass ich vergesse, wie jung Sie sind. Aber an der Bastille hat sich gezeigt, wie bestialisch Bauern sein können und dass wir mit guten Gründen an der Macht sind.«
    »Wir?«
    »Die Aristokratie.« Er wedelte mit den langen schmalen Händen. Die Finger bogen sich seitwärts, als quäle ihn eine schreckliche Erkrankung. Die Knöchel waren geschwollen, aber die Fingernägel waren formvollendet manikürt. »Wir halten die Peitsche in der Hand. Gott sei Dank, sonst läge dieses Land genauso in Trümmern wie Frankreich. Dieser kleine Obrist, ist es zu

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