Ein Land, das Himmel heißt
durchgeschwitzt, ihr Herz zappelte im Käfig ihrer Rippen herum, als wollte es ausbrechen.
Ohne es bewusst entschieden zu haben, startete sie den Wagen und fuhr vom Parkplatz. Eine viertel Stunde später stand sie vor einem massiven, kupferbeschlagenen Metalltor, das in eine hohe weiße Mauer eingelassen war. Die Stacheldrahtwurst und drei feine Drähte, die auf der Mauer entlangliefen, sprachen für sich. Sie drückte auf die diskrete Klingel, ließ ihre Augen über die Umgebung huschen. Bald hatte sie das Auge der Überwachungskamera entdeckt. Auf Anfrage nannte sie ihren Namen. Jill Bernitt von der Inqaba-Gästefarm. Das Tor schwang sofort auf, und sie fuhr auf einer langen Einfahrt auf ein schlossähnliches weißes Gebäude zu, das weit hinten unter Palmen in einem tropischen Garten lag. Die Frau vom Parkplatz, die Laura Beresford sein musste, stand in der Tür, zernüllte ihr Taschentuch in den Händen, die Spuren kürzlicher Tränen waren noch deutlich. Sie grüßte mit schwankender Stimme.
Schweigend griff Jill auf den Beifahrersitz, hob die Tasche heraus und hielt sie Mrs. Beresford hin. Diese starrte die Tasche an, wurde schneeweiß. »Oh, mein Gott«, hauchte sie, setzte sich auf die Treppe, die zur Haustür führte, als trügen sie ihre Beine nicht mehr. »Du lieber Gott.«
Jill setzte die Tasche neben ihr ab. »Ich habe sie geöffnet und Ihre Adresse gefunden.«
Laura Beresford blickte Jill in die Augen, und dann fing sie an zu sprechen. Die Worte kamen immer schneller, strudelten gleichsam aus ihr heraus. Die Beresfords hatten ihre Auswanderung nach Australien bis in die letzte Einzelheit geplant. Morgen waren ihre Flüge gebucht, heute hatte sie das Banksafe geleert. Die Tasche enthielt ihr ganzes Vermögen. »Alles, was wir haben«, sie machte eine Handbewegung, die das Haus, das Land, alles einschloss, »wie kann ich Ihnen das danken, Mrs. Bernitt …« Sie stand auf und bat Jill mit einer graziösen Bewegung ins Haus.
Während die andere Frau redete, war Jills Blick über den Garten geschweift. Traumhaft schön angelegt, wunderbar gepflegt, seltene Pflanzen. »Ich heiße Jill«, sagte sie und folgte Laura Beresford. Auf ihre Frage, was mit dem Haus passieren würde, wenn sie nach Australien auswanderten, stiegen Laura die Tränen in die Augen.
»Unser Haus …«, sie stockte, »… unser Haus wird abgerissen, der Garten umgepflügt.« Ein Komplex mit Doppel- und dreistöckigen Reihenhäusern war geplant, Swimming-Pool, ordentliche Beete mit niedrigen Pflanzen. »Wegen des Meerblicks.« Es schien der jungen Frau körperliche Schmerzen zu bereiten. Sie folgte Jills verlangendem Blick auf eine Gruppe Strelitzien. »Möchten Sie ein paar Pflanzen haben? Die werden alle herausgerissen.«
Jill erzählte ihr von Inqaba, und Laura Beresfords blaue Augen strahlten. Zwei Tage später stand Jill mit Ben, Dabulamanzi, Musa und mehreren Farmarbeitern im Garten der Beresfords. »Die, die und diese alle dort«, sagte sie und wies auf einen prachtvollen, rot blühenden Frangipani und zwei Dutzend Strelitzien.
»Die Flaschenputzer auch, Ma’m?«, fragte Musa, und sie nickte. Es waren ausgewachsene, vier Meter hohe Bäume.
»Und auch die.« Sie berührte die pieksigen Blüten der Protea Caffra, der einzigen in Natal heimischen Protea, konnte es immer noch kaum fassen. Sie bekam alle Pflanzen, die sie sich für Inqaba wünschte, mehr als sie brauchte. Mehr als sie sich für das Vierfache der fünftausend Rand hätte kaufen können. Um sich selbst wieder ins Gesicht sehen zu können, hatte sie Laura von ihrem ersten Impuls erzählt. Die sah sie nur an. »Ich hätte nie geglaubt, die Tasche wiederzusehen. Nicht in unserem Land. Damit haben Sie unser Leben gerettet. Die Tasche bedeutet unser zukünftiges Leben. Sie werden für immer in meinem Herzen sein.«
Der Tag, an dem die Frist von Mr. Osman endete, raste so unaufhaltsam auf sie zu wie ein Hochgeschwindigkeitszug. Sie hatte schon den Verlobungsring abgezogen, doch dann verkaufte sie Libertano an einen Freund ihres Vaters, der schon lange ein Auge auf das schöne Pferd geworfen hatte und einen hohen Preis zahlte. Eine Stunde vor Bankenschluss am letzten Tag stürmte sie an Mr. Osmans aufgescheuchter Sekretärin vorbei und warf ihm zehntausend Rand auf den Tisch. »Ich will eine Quittung«, sagte sie, sah schweigend zu, wie er mit einem Gesicht, als hätte er auf eine Zitrone gebissen, seinen Namen unter das Papier setzte. Zu Hause hockte sie in
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