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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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ab!«
    »Meine Tante Irma«, antwortete Jill, »Sie haben sie bereits gestern auf dem Rundgang kennen gelernt. Sie ist Schriftstellerin«, setzte sie hinzu, als erklärte das alles.
    »Ah …«, sagte Iris Krusen und schaute fasziniert drein, »… das habe ich nicht gewusst, was hat sie denn geschrieben? Unter welchem Namen? Muss man sie kennen?«
    »Sie schreibt unter dem Namen Irma Steinach. Romane über das pralle Leben, ziemlich erfolgreich. Wenn man sie auswringt, tropft alles heraus, Liebe, Tränen, Blut, Spannung …«
    »Oh, tatsächlich? Ob sie mir ein Autogramm gibt?« Iris Krusen spähte neugierig zu dem Liegestuhl hinüber, in dem Irma sich niedergelassen hatte. Jill hatte die Büsche, die den Pool verdeckten, so weit entfernen lassen, dass er teilweise von der Terrasse aus zu sehen war.
    »Mach mal ’n Take, man weiß nie«, brummte Nils Rogge in dem Kauderwelsch aus Englisch und Deutsch, das er mit seinem Kameramann sprach, und Axel hob gehorsam die Kamera.
    Und dann inszenierte Thandi ihren Auftritt. Ein Raunen lief über die Terrasse. Jill musste zugeben, dass sie spektakulär aussah. Safarianzug in Khaki, Safarihut, elegante Buschstiefel, eine Golduhr umschloss ihr Handgelenk, ein breites Goldband glänzte an ihrer Kehle. »Hi«, lächelte sie, »guten Morgen.« Eine Stimme wie das tiefe Vibrieren einer Cellosaite.
    Axel Hopper und Nils Rogge sprangen auf. Axel schob sofort einen Stuhl für sie zurecht. »Yasmin, setzen Sie sich zu uns. Sie sehen sensationell aus.« Seine Augen streichelten über ihren Po, wanderten hinauf über ihre Brust zu ihrem Mund und zurück. Den Kopf hatte er offensichtlich noch nicht entdeckt. Jill verbarg ihre Belustigung.
    Thandi lächelte, glitt, geschmeidig wie eine Raubkatze, zwischen den Tischen hindurch zu ihnen, begrüßte die Reporter mit Luftküsschen und sank graziös in den dargebotenen Stuhl. Axel hob eine Hand, signalisierte Jill. »Wir brauchen noch ein Frühstück. Was möchten Sie, Yasmin, Kaffee oder Tee?«
    »Nur Orangensaft, frisch gepresst. Früchte, ein Croissant, keine Butter«, orderte sie und sah Jill dabei unverwandt mit diesen ungewöhnlichen Augen an.
    »Keinen Phutu, Thandi?«, fragte Jill sanft.
    Für den Bruchteil eines Augenblicks glühte es in Thandis graugrünen Augen auf wie Glut unter heißer Asche, dann hatte sie sich wieder im Griff. Jill war beeindruckt. Thandi war früher unbeherrscht gewesen, hatte alle ihre Launen und Gemütsregungen ausgelebt. Ganz offensichtlich hatte sie sich geändert. »Bitte nenn mich bei meinem Künstlernamen, Yasmin. Thandile existiert nicht mehr. Es gab sie einmal vor langer, langer Zeit«, sagte die elegante Schwarze mit rauchiger Stimme, »sie ist verschwunden wie das Land, in dem sie lebte.«
    Axels Blick flog neugierig zwischen ihr und Yasmin hin und her. »Sie kennen sich?«
    Yasmin richtete ihre Augen auf ihn, schüttelte ihren Kopf. »Wir kennen uns nicht, wir haben uns einmal gekannt, in dieser anderen Zeit, in dem anderen Land.«
    Auch Jill verspürte keine Lust, dem Reporter zu erklären, was Thandile Kunene und sie verband. »Ich werde dir dein Frühstück sofort bringen lassen, Yasmin, normalerweise jedoch ist um zehn Uhr Schluss. Solltest du später frühstücken wollen, wäre es kein Problem, aber sag uns doch bitte am Abend vorher Bescheid.« Das Spielchen kann ich auch spielen, dachte sie. Ironisch lächelnd dankte ihr die schöne Zulu. Irritiert drehte Jill sich weg. Was war nur in Thandi – Yasmin, verbesserte sie sich schweigend – gefahren? Streit hatten sie nicht gehabt, nicht mehr als andere Kinder auch, Rivalinnen waren sie auch nie gewesen. Vielleicht hatte Yasmin Recht. Es war vor langer Zeit gewesen, heute nicht mehr wahr. Sie nahm sich vor, später ein paar ungestörte Worte mit ihrer Kindheitsfreundin zu wechseln, um herauszufinden, was diese so verändert hatte.
    Sie bemerkte, dass Bongi die ersten Tische abräumte. Gut, denn jetzt musste im Eiltempo alles für heute Nachmittag vorbereitet werden. In einer halben Stunde erwartete sie die Ankunft des Personals von Angelicas Restaurant. Rasch entschuldigte sie sich bei ihren Gästen und stürzte sich in die Vorbereitungen. Es war kurz vor zwei, als sie fertig war. In der Küche herrschten unerträgliche Temperaturen. Heißer Dampf quoll aus der ständig rauschenden Geschirrspülmaschine und dem Herd, der seit vorgestern nicht mehr ausgeschaltet worden war. Er mischte sich mit der feuchtheißen Luft des Hochsommertages, die

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