Ein Land, das Himmel heißt
ich sage.«
»Einer Fliege vielleicht, aber auf einen Menschen würden Sie nicht schießen. Das können Sie nicht. Sie nicht!« Wieder dieses geringschätzige Lächeln.
»Wollen Sie es herausfinden? Könnte schmerzhaft werden«, sie bewegte den Lauf, so dass er zwischen seine Beine zielte, »und nachhaltigen Schaden verursachen.« Sein Grinsen zeigte, dass er sie nicht ernst nahm, und sie spürte, wie ihr die Situation entglitt. Sie musste Pienaar loswerden, und zwar jetzt. Irma hatte Leon einen Warnschuss zwischen die Füße gesetzt, und das wollte sie vermeiden. Der Knall würde Nils Rogge und Axel Hopper im Schweinsgalopp hierher bringen, die Kamera im Anschlag, Blutgeruch in der Nase.
Aber da war noch etwas anderes. Südafrika hatte sich in ein waffenstarrendes Land verwandelt. Jeden Tag hörte sie von Vorfällen, die es nie gegeben hätte, wenn nicht einer der Beteiligten bewaffnet gewesen wäre. Auch sie war so aufgewachsen, Waffen im Haus waren selbstverständlich, jeder hatte sie. Die Grenzen der großen Farmen wurden mit Waffengewalt verteidigt. Die Zulus zerschnitten die Zäune, um ihre Rinder auf dem Gebiet des weißen Mannes zu weiden, der weiße Farmer erschoss die Rinder und manchmal auch einen Zulu.
Es war Zeit, diesen Teufelskreis des Bösen zu unterbrechen. Ausgelöst durch dieses Wort, half ihr ihre Erinnerung.
»Hier ist er also aufgetaucht. Ich habe mich schon gewundert, was aus ihm geworden ist«, hörte sie Neil wieder sagen, und jetzt wusste sie, wie sie Len Pienaar loswerden würde. Mit Worten. »Wenn ich jetzt schieße«, sagte sie, zufrieden darüber, wie ruhig ihre Stimme klang, »dann passiert Folgendes: Aus dem Bungalow zu Ihrer Linken – sehen Sie ihn?«, mit Triumph im Herzen beobachtete sie, dass seine Lider flatterten, für einen winzigen Moment rutschte sein Blick weg und glitt hinüber zu dem Bungalow der Journalisten. »Aus dem Bungalow dort werden zwei Männer herausstürzen«, fuhr sie fort, »einer mit einer Fernsehkamera. Sie werden alles filmen, was hier passiert, und Ihr Bild wird heute Abend in den Nachrichten zu sehen sein. Wollen Sie das wirklich?« Sie unterschlug die Information, dass es Reporter aus Übersee waren, denen vermutlich Len Pienaar kein Begriff wäre.
Seine Lider flatterten wieder, fast unmerklich sackten die fleischigen Schultern. Für einen atemlosen Moment stand die Situation auf der Kippe, dann trat der Mann, den sie die Verkörperung des Bösen nannten, einen Schritt zurück, und sie wusste, dass sie gewonnen hatte.
Er hob sein Handy auf, und als er einstieg, drehte er sich noch einmal herum zu ihr. »Ich werde Sie von diesem Land vertreiben, und wenn es das Letzte ist, was ich in diesem Leben vollbringe, das verspreche ich Ihnen, und wenn ich das geschafft habe, mach ich Sie persönlich fertig. Und wenn Sie einmal zwischen die Fronten geraten und Ihre Zulufreunde auf Sie losgehen und massakrieren wollen, werde ich zusehen und Beifall klatschen und sicherstellen, dass Sie denen nicht entkommen können.«
Er sagte das mit so viel Gift in der Stimme, dass sich ihr Magen als Reaktion zusammenkrampfte. Der blufft nur, versuchte sie sich zu beruhigen, aber es gelang ihr nur teilweise.
Pienaar drehte sein Fenster herunter. »Ich frage mich, ob Sie wissen, dass sich in dem restlos verwilderten Bereich am Fluss, wo Sie Ihren Piepmatz gesucht haben, seit über zwei Jahren eine ganze Armee von Illegalen eingenistet hat?« Er lachte laut, als sie schneeweiß wurde. »Sie wissen es nicht, das sehe ich Ihnen an. Nun, wir haben nicht vor, uns das länger anzusehen.« Damit fuhr er vom Hof.
Ihre Knie gaben plötzlich nach. Illegale? Auf ihrem Land? Sie war dort gewesen, mehrfach, hatte nie etwas bemerkt. Wie war das möglich? Die Waffe rutschte ihr aus der Hand.
»Wenn sie dir feindlich gesinnt sind, zeigen sie sich nicht offen«, meldete sich Ben aus ihrer Kindheit, »sie verstecken sich und warten, bist du ganz nahe gekommen bist, und dann schlagen sie zu.« Er hatte von Schlangen geredet, aber meinte nicht nur die, die im Gras und in den Bäumen lebten, sondern auch die zweibeinigen.
Wer verbarg sich dort in dem Buschurwald? Oder stimmte es nicht, hatte Len Pienaar sie nur verunsichern wollen?
Wieder hörte sie Ben. »Du musst lernen, welches ihr magischer Kreis ist. Den darfst du nie betreten. Die Schlange wird dich nur angreifen, wenn du diesen verletzt.«
Nachdenklich ließ sie ihren Blick über den leeren Platz schweifen. Hatte sie seinen
Weitere Kostenlose Bücher