Ein Land, das Himmel heißt
durch die weit geöffnete Tür hereinströmte.
Mitten drin standen Ellen und Nelly, in Figur und Temperament sehr ähnlich, die eine weiß mit einem glänzend blonden Knoten, die andere schwarz mit Kopftuch, und regierten mit eiserner Hand und durchdringender Stimme. Ellen war Herrin der Kochtöpfe, Nelly produzierte Berge von Partybrötchen, verschiedene Quiches, knuspriges Blätterteigkäsegebäck. Ein halbes Dutzend junger Mädchen huschte auf ihr Kommando umher, sie rührten, schnippelten, zupften, kneteten. Zanele trocknete sich ermattet ihr schweißüberströmtes Gesicht mit einem Geschirrhandtuch.
Irma steckte den Kopf herein. »Türkisches Dampfbad, unerträglich«, keuchte sie und zog sich schleunigst wieder zu den Blumensträußen zurück, deren Arrangement sie übernommen hatte. Jede Fläche war mit Platten voller Häppchen belegt, in Wannen mit zerstampftem Eis kühlten Dutzende von Bier- und Weinflaschen. Jill zählte noch einmal alles durch und entfloh dann dankbar nach draußen, wo wenigstens etwas Luftbewegung ihre schweißnasse Haut abkühlte. Keiner der Gäste war zu sehen, kein Geräusch vom Swimming-Pool zu hören. Anscheinend hatten sich alle in ihre vier Wände zurückgezogen. Die Bungalows waren durch geschickt gepflanzte Büsche gegen Blicke geschützt, um den Gästen größtmögliche Privatsphäre zu gewähren. Vermutlich machten sie sich fertig, ruhten vielleicht noch ein wenig. Diese schwülheiße, feuchtigkeitsgetränkte Luft drückte jeden nieder, machte müde, selbst die Einheimischen.
In den Tecoma-Büschen, die sie zwischen Küche und Haus gepflanzt hatte, gaukelten mehrere schwarz-weiße Ritterfalter von Blüte zu Blüte. Jill hatte von einem Schmetterlingsforscher an der Südküste ein paar Dutzend Puppen gekauft, die jetzt geschlüpft waren. In der Mitte des Hofs stand der prachtvolle Frangipani von Laura Beresford in voller Blüte. Unter dem großen Avocadobaum lagerten Dabulamanzi-John und Musa und tranken ein Bier. »Alles gut erledigt?«, rief sie zu ihnen hinüber, während sie dem Haus zustrebte.
»Yebo«, grinste Dabu und wedelte die Hand über perfekt getrimmte Büsche, penibel geschnittene Graskanten und die Blütenkaskaden der Bougainvilleen.
»Sieht gut aus«, rief sie im Weitergehen. Sie würde allen einen kleinen Bonus geben, entschied sie. Wenn alles gut ging und sie es sich leisten konnte. Es war sehr still, alle Geräusche waren durch die Hitzedecke erstickt. Eben wollte sie ins Haus treten, als Dary ohne Vorwarnung in hohes, aufgeregtes Bellen ausbrach. Vermutlich war ein Fremder am Tor. Der Wachtposten hatte strikte Anweisung, jeden zu kontrollieren und nur die hereinzulassen, die sich ausweisen konnten. Sie blieb stehen. Kurz darauf hörte sie das große Tor zurückrollen, das Geräusch eines Motors, und dann fuhr ein Geländewagen auf den Hof. Den Mann, der ausstieg, erkannte sie sofort. Massig, fettglänzende, rötliche Haut, dünne blonde Haare zur Bürste rasiert, feiste Hamsterbacken. Der linke Ärmel seiner Buschjacke war leer. Len Pienaar. Ein-Arm-Len. uSathane.
Mit einem Schritt stellte sie sich ihm in den Weg. »Was wollen Sie hier, verschwinden Sie sofort!« Er war fetter geworden, wirkte wie ein Fleischberg mit einem kleinen Kopf oben drauf, noch massiger und bedrohlicher als früher, aber sie ließ sich nicht einschüchtern.
Ein überhebliches Lächeln spielte um seine Mundwinkel. »Ihr Schwager hat mich gebeten, mich Ihnen als Schutz zur Verfügung zu stellen. Der Terrorist Thando Kunene ist mit seinen Leuten in der Gegend gesehen worden.«
»Das ist mir …«, sie verschluckte ein Kraftwort, »… das ist mir so egal, mit Thando werde ich fertig, ich brauche Sie nicht, ich will, dass Sie abhauen und nie wiederkommen! Ein für alle Mal.«
Er lächelte breiter, bis seine kleinen Augen fast in den Wülsten seiner Hamsterbacken verschwanden. »Nun, Jill, ich fürchte, Leon wird auch etwas dazu zu sagen haben. Wie ich höre, gehört seiner Familie ein großer Teil von Inqaba, und um diesen Teil zu schützen, bin ich hier, und Sie werden das nicht verhindern können. Ich habe auch gehört, dass Sie das Land Stück für Stück an die Zulus verkaufen. Auch um das zu verhindern, bis alle legalen Hürden für Leon aus dem Weg geräumt sind, bin ich hier.« Wieder lächelte er.
Sie schwankte, als hätte er ihr einen Hammer übergezogen. »Wovon reden Sie? Das Land gehört mir. Meine Familie hat es von Mpande, dem Zulukönig, bekommen und 1904 ist es
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