Ein Land, das Himmel heißt
Brille auf und überflog ihn. »Ich bin kein Jurist, Jill, aber ich könnte mir denken, dass er dieses Dokument vor Gericht anfechten wird. Du wirst beweisen müssen, dass es echt ist. Das kann sich hinziehen. Wenn er sich dann mit ein paar Leuten auf deinem Land niederlässt, ist das Gesetz vielleicht schon durch.«
»Na, Klasse, das sind ja tolle Aussichten.« Ihre Stimme stieg hysterisch an.
Neil blieb vor ihr stehen. Die sandfarbenen Haare hingen ihm über die Brauen, die hellen Augen sprühten. »Es gibt noch eine weitere Schwierigkeit. Wenn die Landbesetzer weniger als sechs Monate auf deinem Land hausen, müssen nur die Belange der Älteren, Frauen und Kinder bedacht werden, bevor man räumt, aber«, er hob einen Zeigefinger, »sollten sie schon länger als sechs Monate auf deinem Land sitzen, wird es als schweigende Zustimmung deinerseits aufgefasst, weil du so lange nichts getan hast. Zumindest musst du den Landbesetzern helfen, woanders menschenwürdig unterzukommen.«
Jill starrte ihn mit offenem Mund an, unfähig, etwas zu sagen.
»Liebling, lass uns nach Australien auswandern«, flüsterte Angelica, die blass geworden war, »dagegen kommen wir nicht an.«
»In den letzten zwei Monaten, also November und Dezember 1997, gab es sechzehn Tote bei Überfällen auf Farmen, und häufig wurde nichts gestohlen, also waren es politische Morde.« Auch Alastair war blass geworden, weiße Linien umklammerten seinen zusammengekniffenen Mund. »Die wollen uns aus dem Land jagen.«
»Bulala amaBhunu«, sagte Jill, »tötet die Farmer, tötet die Buren.«
Alle starrten sie an. Keiner sagte etwas. Angelicas Hände zitterten, Tita umklammerte die Lehnen des Sofas. Axel, der die ganze Zeit über schweigend auf dem Boden gesessen hatte, den Rücken gegen eines der Bücherregale gelehnt, rieb sich trübsinnig das Gesicht. »Erst Simbabwe, dann Südafrika, so wird’s kommen, wenn nicht alle Vernunft annehmen. Ein Jammer ist das.«
Tita zog Jill neben sich auf das Sofa und legte den Arm um ihre Schultern. »Für dich gibt es eine Lösung. Lass dieses Dokument prüfen, bevor du es Leon präsentierst, dann umgehst du alle Schwierigkeiten. Du brauchst jemanden, der das hieb- und stichfest recherchiert und dann die Eintragungen im Grundstücksregister vom Anfang des Jahrhunderts vergleicht.«
»Und wo soll ich den finden, wie soll ich den bezahlen? Ich habe keinen Pfennig, alles steckt in Inqaba. Ich kann ja nicht mal zum Friseur gehen«, schrie Jill, zog wütend an ihren Haaren, »hier, ich habe selber daran herumgesäbelt. Und wenn ich die Recherche allein machen muss, dauert es Ewigkeiten. Ich weiß nicht einmal, wo ich da anfangen soll.«
»In den Stadtarchiven«, warf Nils ein, »außerdem könnte man in den privaten Archiven nachgraben. Ich habe inzwischen festgestellt, dass eure Vorfahren begeistert entweder Tagebücher geführt oder seitenlange Briefe an ihre Verwandten zu Hause in Europa geschrieben haben. Einige davon sind sogar als Bücher veröffentlich worden. In den Antiquariaten müssen noch Schätze liegen. Vielleicht kann man da Hinweise finden. Ich stelle mich freiwillig zur Verfügung.« Bei diesen Worten sah er sie unverwandt an.
Jill stieg das Blut in den Kopf, sie war sich seines Blickes sehr bewusst, stellte fest, dass er sie auf köstlich beunruhigende Weise aus der Fassung brachte. Die Vorstellung, tagelang mit Nils in einem engen Kabuff in der Stadtverwaltung zu sitzen und staubige Bücher zu durchwühlen, mit ihm allein, ohne Axel, hatte großen Reiz. Doch ihre Vernunft gewann, wenn auch mit Mühe, Oberhand. »Auch das kann ewig dauern. Die Zeit habe ich nicht. Ich muss mir etwas anderes einfallen lassen.«
Tita lächelte ihr bezauberndes Lächeln mit gekrauster Nase und tanzenden grünen Augen. »Wir werden meinen Vater darum bitten. Wie du weißt, ist er zuständig für Wunder. Außerdem beschäftigt er ohnehin ständig ein Heer von Anwälten, die vermutlich eine halbe Stunde brauchen, um die relevanten Unterlagen aufzustöbern. Über die Bezahlung brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Er wird schon nicht verhungern. Lade ihn für ein Wochenende hierher ein, und er legt noch was drauf.«
Sie besprachen diesen Vorschlag ausgiebig, drehten und wendeten ihn und befanden ihn für gut. Jill holte einen Umschlag aus ihrem Büro und gab ihn Tita. »Das sichert dir freien Zugang zu Inqaba und einen Platz in meinem Herzen auf Lebenszeit.«
Sie leerten noch eine Flasche Wein, aßen die letzten
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