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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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er Schmerzen vom unbequemen Sitzen auf dem Boden.
    »Neil, nun zier dich nicht, ich will es auch wissen«, sagte Tita. Ihre sonnengebräunte Haut zeigte feine Fältchen im Lampenlicht, wie zerknittertes Seidenpapier. Sie lehnte sich im weizengelb gestreiften Sofa zurück und knetete ihre Schultermuskeln. »Was wird passieren, wenn nach Inkrafttreten dieses Gesetzes sich illegale Landbesetzer auf unserem Land niederlassen? Ganz konkret.«
    Jetzt hatte Neil die Aufmerksamkeit aller. Nils hatte seinen Notizblock auf den Knien, lauschte konzentriert, den Stift im Anschlag.
    »Das würde mich auch brennend interessieren«, bekannte Alastair, »denn meine Leute sind ständig dabei, irgendwelche Illegalen vom Land zu jagen. Die machen einen derartigen Dreck, dass wir eine Rattenplage haben …«
    »Und vermutlich auch deutlich mehr Mambas?«, fragte Jill. »Ein Behördenmensch hat mir das einmal erzählt.«
    »Stimmt«, nickte Angelica, »Ratten, Mambas, eine junge Frau starb an den Folgen eines Mambabisses. Es war entsetzlich. Außerdem gibt es die ersten Fälle von Cholera unter den Farmarbeitern.«
    Neil lief auf und ab. »Ganz konkret also. Nehmen wir einmal an, eines Tages entdecken wir, dass sich zwanzig Leute in irgendeiner Ecke unseres Landes häuslich eingerichtet haben. Meine erste Reaktion wäre natürlich, alles abreißen und die Landbesetzer rauswerfen zu lassen. Aber damit mache ich mich dann strafbar.« Er rieb sich den Nacken, trank einen Schluck Wein, während alle an seinen Lippen hingen. »Als Erstes muss ich den Illegalen vierzehn Tage vorher schriftlich mitteilen, dass ich vorhabe, rechtliche Schritte einzuleiten. Wartet«, er hob die Hand, als die anderen durcheinander redeten, »es kommt noch besser. Ich muss mir von jedem Haushaltsvorstand diesen Brief unterschreiben lassen. Könnt ihr euch vorstellen, was das bedeutet? Sagen wir mal, es sind nur fünf Familien. In manchen Fällen sind es über zwanzig, mit mehr als zweihundert Familienangehörigen. Erst einmal muss ich herausfinden, wer der Haushaltsvorstand ist. Den muss ich zu fassen bekommen, was Tage dauern kann, denn diese Leute wissen genau, was auf sie zukommt, werden alles tun, um mich auszutricksen. Habe ich ihn endlich, muss ich sicherstellen, dass er kapiert, was er da unterschreibt. Beweisbar kapiert. Wenn die Landbesetzer mein Wasser verbrauchen, kann ich nichts dagegen machen, ehe das Gericht die Verfügung gegen diese Illegalen erlässt. Und nur wenn sie nachweisbar dein oder das Leben deiner Familie bedrohen oder dein Land unwiderruflich zerstört wird, könntest du es schaffen, dass sie sofort entfernt werden. Müßig zu erwähnen, dass du deine Rechtsanwalts- und Gerichtskosten selbst tragen musst, die Landbesetzer aber das Ganze kostenlos als Armenbeihilfe bekommen.«
    Jill hatte das Gefühl, gegen einen Expresszug gelaufen zu sein. »Wie bitte? Das kann doch nicht wahr sein!«
    »Natürlich kannst du dir das Geld, wenn du gewonnen hast, von den Landbesetzern wiederholen, wir leben schließlich in einem Rechtsstaat«, grinste Neil mit einem Anflug von Galgenhumor. »Aber es kommt noch besser. Das Gesetz besagt, dass deine Gemeinde gegen dich rechtliche Schritte einleiten kann, weil du illegale Bauten auf deinem Land erlaubt hast.«
    »Das ist ja hirnrissig«, rief Irma, stand auf, setzte ihre Brille ab, lief ebenfalls durchs Zimmer, »ich bin ja wirklich für das neue Südafrika zu haben, aber das geht zu weit.«
    »So eine gequirlte Scheiße«, knirschte Alastair und schlug mit der Faust auf den Tisch, dass die Gläser tanzten.
    Die anderen schwiegen fassungslos. Nils schrieb die Seiten seines Notizbuches voll, klappte es dann zu. »Na, das wird ein schönes Trara geben. Wenn du zum Beispiel in Urlaub fährst, müsstest du ständig jemanden auf deinem Land haben, der aufpasst …«
    Neil nickte. »Es gibt bereits Leute, die Landbesetzungen organisieren, und die haben eindeutig politische Motive.«
    Ein Bleigewicht drückte Jill zu Boden. Die vergangenen Jahre waren hammerhart gewesen, hatten alles, was sie an Kraft und Energie mobilisieren konnte, verbraucht. Wie sollte sie es durchstehen, wenn Leon einen Trick finden sollte, so Besitz von ihrem Land zu ergreifen? Wovon sollte sie die Rechtsanwaltskosten zahlen? »Was könnte Leon machen? Ich habe den Kaufvertrag gefunden, das ist doch wohl eindeutig.« Mit einem unangenehmen Gefühl im Magen sah sie, wie ernst Neils Gesicht wurde.
    Er nahm den Kaufvertrag vom Tisch, setzte die

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