Ein Land, das Himmel heißt
Widerstandsbewegung.« Damit war der Vorfall für ihre Gäste ganz offensichtlich erklärt und erledigt. Dankbar ging sie zu Nelly in die Küche, um selbst zu essen. Irma nahm ihre Mahlzeiten gewöhnlich in ihrem Zimmer ein, selten setzten sie sich zusammen. Meist hatte Jill ohnehin kaum Zeit, schlang ihr Essen herunter. So auch heute, sonst würde es zu spät werden, Ben Dlamini in seiner Hütte aufzusuchen.
Nelly war schon gegangen, nur noch Bongi und Zanele schrubbten Töpfe. Die Fliegentür war geschlossen, trotzdem umschwirrten Unmengen von Mücken die Deckenlampe, es roch nach kaltem Fett und überreifen Früchten. Sie bat Bongi, ihr ein Steak zu braten, füllte Tomatensuppe aus dem großen Topf in eine Suppentasse, nahm ein Brot und setzte sich an den Küchentisch. Sie schob einen Stapel schmutziger Dessertteller beiseite. »Ihr macht das sehr gut«, lobte sie die beiden Mädchen.
»Danke, Madam«, antworteten diese im Chor, wechselten untereinander einen schnellen Blick. Zanele schrubbte mit gesenktem Kopf weiter Töpfe, Bongi wendete das Steak in der Pfanne und schwieg.
Sie stutzte. Etwas lag in der Luft. Für gewöhnlich würden die beiden Mädchen pausenlos miteinander reden und lachen, mit ihr scherzen, aber heute waren sie seltsam still, in sich zurückgezogen, wichen ihr aus. Die wissen etwas, dachte sie, und wenn ich mich auf den Kopf stelle, ich bekomme es nicht aus ihnen heraus.
Dann servierte Bongi ihr das Steak. Sie aß einen Salat dazu. »Danke, das war lecker«, sagte sie, trank die Cola aus, stand auf und ging. In ihrem Zimmer zog sie sich rasch feste Schuhe an, vertauschte ihr helles Sommerkleid mit langen Hosen aus leichter Baumwolle und einem langärmeligen Hemd. Es war am Kragen zerschlissen, denn es hatte einmal Martin gehört, und sie konnte es nicht über sich bringen, es wegzuwerfen. Außerdem schützte es gegen Moskitos und dadurch gegen Malaria. Sie prüfte die Batterie ihres Handys, steckte es ein, nahm die starke Taschenlampe und ging aus dem Haus.
»Was hast du denn noch vor?« Sie erschrak, als sie Nils’ Stimme hinter sich hörte. Er lehnte an der Wand vor der Eingangstür. »Wollten wir uns nicht treffen?«
Sie wurde rot, wie als kleines Mädchen. Es war nicht zu glauben. »Ich muss noch etwas erledigen«, stotterte sie.
»Das hab ich mir gedacht«, antwortete er trocken, »kann ich mitkommen? Vielleicht brauchst du einen starken Mann zum Schutz?« Er lächelte auf sie hinunter, sah unglaublich attraktiv aus, und ihr wurden die Knie weich. Einfach so.
»Ja«, sagte sie. Oh ja, bitte, mit dem größten Vergnügen, am schönsten wäre es, wenn du dabei den Arm um mich legen würdest, und dann zum Teufel mit aller Vorsicht. Aber das sagte sie nicht, das dachte sie nur. Natürlich. »Ich muss nur noch ein paar Worte mit den Nachtwächtern reden, sicherstellen, dass sie an ihren Plätzen sind und nicht schlafen, trinken oder mit Mädchen herumknutschen.« Alle Wächter waren auf ihrem Posten, zwei rochen nach Alkohol, aber sonst war alles in Ordnung. Keine Mädchen in Sicht, die sie ablenken konnten. Sie wanderten den Weg hinunter, am beleuchteten Swimming-Pool vorbei zu ihrem alten Bungalow.
Nils hielt die Tür für sie auf. »Komm rein, ich zieh mir schnell auch ein langärmeliges Hemd an.« Der Bungalow war leer, Axel saß vermutlich auf der Terrasse und tröstete sich mit einem Whisky über Thandis Verschwinden hinweg. Nils zog ein hellblaues Hemd über und stopfte es in seine Jeans. Zusammen gingen sie dann in die Dunkelheit. Sie schaltete die Taschenlampe ein.
»Das ist nicht nötig«, sagte er, »ich kann im Dunklen sehen wie eine Katze.« Seine Zähne blitzten.
»Es ist wegen der Schlangen, sie liegen nachts gern auf den warmen Wegplatten. Sie reagieren ziemlich unangenehm, wenn man auf sie drauftritt.« Der Chorgesang der Zikaden begleitete sie, die Rufe der Ochsenfrösche hallten durch die Nacht, es raschelte hier und da, und einmal knackten ein paar Äste. Der Weg war schmal, nur zwei Platten breit. Sie gingen nebeneinander, und einmal blieben sie stehen und küssten sich, lang und leidenschaftlich. Danach wanderten sie eng umschlungen weiter. Insgeheim wünschte sie sich, für immer einfach so weiterlaufen zu können, seinen Arm fest um ihre Schultern, immer weiter in die warme, geheimnisvolle Nacht, bis sie den Morgen und das Licht fanden und sich darin auflösten.
Als sie die zerfurchte Sandstraße, die direkt ins Dorf führte, erreicht hatten, brach Nils
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