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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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wenn ich dich daran erinnern darf.«
    Jill zerrupfte eine rote Bougainvilleablüte. »Ich weiß, und mir wird angst und bange bei der Vorstellung, was Popi sonst noch anstellen wird, um an das Land zu kommen. Denk an das, was Neil gesagt hat. Len Pienaar erwähnte, dass Popi schon seit langem, ich vermute sogar, seit mehreren Jahren, auf dem Gebiet unserer Farm lebt. Und wir haben von Neil gehört, was das heißen könnte.« Jetzt war die Bougainvillea kahl, die Blütenblätter waren verstreut wie hingespritzte Blutstropfen. »Verdammt, wir müssen etwas tun. Popi wird sich nicht in Luft auflösen und seine Horde Männer schon gar nicht. Irma, was habe ich getan, dass man es mir so schwer macht?« Ungeweinte Tränen erstickten ihre Stimme.
    »Nichts, mein Schatz, nichts, nur die Welt hat sich geändert. Das, was wir die gute alte Zeit nennen, gibt es nicht mehr. Wir müssen uns damit abfinden. Wir leben hier, wir gehören zu diesem Land, wir bleiben hier. Das sind Tatsachen. Das stellen wir nicht in Frage. Darum müssen wir kämpfen.«
    »Ich bin aber so müde«, flüsterte sie, »Mama, Christina, Martin, Tommy …«
    »Du kannst es, glaub mir, du hast noch Kraft. Geh früh schlafen heute, morgen wird es dir besser gehen, dann wirst du sehen, dass es weitergeht und wie es weitergeht.«
    Später, es war schon dunkel geworden, und ihre Gäste saßen bereits beim Abendessen, fiel ihr Len Pienaar wieder ein. Sie schaute hinaus in die samtene Schwärze, horchte, ob sie Ungewöhnliches hören konnte. Vielleicht hatten Len und seine Männer einfach ihren Pferden die Sporen gegeben, ein paar Zulus niedergeritten und waren davongaloppiert. Doch sie hatte den Eindruck, dass die Zulus überhaupt keine Angst vor den Tieren hatten und wussten, wie man mit ihnen umgeht. Für flüchtige Sekunden blitzten Bilder in ihr auf, die sie lange verdrängt hatte, stieg ihr der Geruch von verbranntem Gummi in die Nase, sah sie wieder den Jungen vor sich, der mit dem Halsband hingerichtet wurde. Voller Unruhe hob sie den Kopf. Roch sie Verbranntes, war es Gummi? Sie atmete tief ein, und ihr fiel ein Stein vom Herzen, als sie feststellte, dass es eine Halluzination gewesen war. Die Luft, die sie einatmete, war rein, süß vom Duft der Amatungulu und der Feuchte der Nacht. Sie beschloss, nach dem Essen hinüber zu Bens Hütte zu gehen, um mit ihm zu sprechen, vergaß, dass sie sich mit Nils hatte treffen wollen.
    Mit großer Erleichterung bemerkte sie, dass die Aufregung des Nachmittags die gute Laune ihrer Gäste nicht getrübt hatte. Nur Joyce und Peter Kent waren sehr still. Nach dem, was sie an jenem Abend in ihrer Garage erlebt hatten, war es kein Wunder, dass ihre Nerven brüchig waren. Thandi war nicht aufgetaucht, und Jill rechnete auch nicht mehr mit ihr. Ihr Gepäck befand sich zwar noch im Zimmer, und das war im Voraus bezahlt, aber es war schließlich Thandis Sache, auf welche Weise sie es nutzte. Jill konnte sich schwer vorstellen, dass sie, das elegante Model aus Paris, jetzt in einer Hütte auf einer Grasmatte am Boden schlief oder im Freien im Busch.
    »Wer waren diese Schwarzen, die am Rastplatz auftauchten? Kannten Sie die?« Iris Krusen war schon beim Dessert angelangt. »Ich war ziemlich erschrocken zuerst. All die Gruselgeschichten über Überfälle und Geiselnahmen, von denen man in Südafrika hört, fielen mir wieder ein. Ich habe diese Berichte eigentlich immer für reichlich übertrieben gehalten. Uns ist in Südafrika noch nie etwas passiert.«
    »Gibt ja auch keine Garantie dafür, die kostet extra und ist bei der Buchung gleich anzugeben«, warf Nils ein und grinste.
    Alles lachte, und Jill antwortete betont fröhlich: »Kein Grund zur Aufregung, ich kenne den Anführer seit meiner Kindheit. Wir sind zusammen aufgewachsen. Die anderen waren seine Freunde.«
    »Und diese Typen, der Einarmige und die zwei anderen, die aussahen, als wären sie aus einem Geschichtsbuch gestiegen? Mit diesem peinlichen Emblem am Hut?«, fragte Axel, der sich gerade über ein großes, blutiges Steak hermachte. »Sah ja aus wie ein amputiertes Hakenkreuz mit nur drei Schenkeln. Die haben doch schon versucht, uns die Einweihungsparty zu verderben, nicht wahr?«
    »Der Anführer heißt Len Pienaar und hat einen privaten Sicherheitsdienst, der hier von vielen Farmern in Anspruch genommen wird, allerdings nicht von Inqaba. Die Männer befanden sich widerrechtlich auf unserer Farm. Das Emblem ist das einer verbohrten afrikaansen

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