Ein Land, das Himmel heißt
viele Farmer verjagt, dass es bald eine Tabakknappheit auf dem Weltmarkt geben müsste. Sie schrieb »Tabak« auf einen Zettel und dann drei Fragezeichen. Einige ihrer Nachbarn exportierten Tee nach Europa. Sie schrieb es auf. Dann gab es noch Papayas, Mangos, Passionsfrüchte, die in Übersee gefragt waren. Doch alle diese Projekte waren langfristig, es war nichts dabei, was ihr sofort Geld bringen würde. Frustriert warf sie den Bleistift hin und stand auf.
Sie lief im Zimmer umher, streckte sich, dehnte ihre Arme. Ihr Verlobungsdiamant funkelte am Ringfinger. Verheißungsvoll, auffordernd. Sie starrte ihn an. Vier Monate Überleben, vielleicht sogar fünf würde er ihr bringen, wenn sie sehr sparsam wäre. Oder er würde, wenn sie seinen Verkaufserlös der Bank als großen Köder in den Rachen warf, um einen Teil der Schulden zu tilgen, ihr Luft schaffen, bis Inqaba sich allein tragen konnte. In diesen Zeiten, in denen der südafrikanische Rand sich auf Schussfahrt ins Bodenlose befand, stellte ein Diamant einen unvergänglichen Wert da.
Mein Grundstück in der Hosentasche nannte Marius die Steine, die er als Geldanlage gekauft hatte, und nähte sie mit seinen präzisen kleinen Chirurgenstichen in den Gürtel ein, den er tagsüber nie ablegte. Nachts lag er auf seinem Nachttisch. Neben seiner Pistole. Lina besaß einen Ring, der vier Halbkaräter hielt. Schon zweimal war sie mit Marius zu einem Kongress nach Übersee geflogen, und die Halbkaräter waren auf dem Hinflug echt gewesen, auf dem Rückflug funkelten an ihrer Stelle Zirkone. Auf diese Weise umging sie die Devisenbeschränkung. Mit einem Ruck zog Jill den Ring ab, wickelte ihn in ein Kleenex-Tuch und steckte ihn in ihre Geldbörse. Es war das Einzige, was genug Geld bringen würde, Inqaba zu retten. Dann rief sie Tita an. »Wo kann ich einen Diamanten verkaufen, ohne übers Ohr gehauen zu werden?«
Tita fragte nicht, welchen Diamanten, und wenn sie ahnte, dass es der Verlobungsring war, sagte sie es nicht. Sie gab Jill die Adresse eines Diamantenhändlers. »Ich kenne ihn gut. Ich werde ihn anrufen, ihm sagen, dass du von mir kommst. Ist alles in Ordnung, Jill?«, fragte sie beiläufig.
»Ich will es schaffen, Tita. Allein. Verstehst du das? Ich muss wissen, ob ich das Zeug habe, Inqaba ohne Unterstützung zu retten.« Sie war der Frage ausgewichen.
Tita seufzte. »Ach, Jilly, sei nicht zu hart mit dir. Jeder braucht Hilfe, und auf dem Gebiet, das dich betrifft, fällt es mir leicht, sie zu geben. Denk dran, wer mein Vater ist. Versprich mir, Bescheid zu sagen, bevor du untergehst.«
Jill versprach es, schluckte die Tränen herunter, die ihr dieser Tage leicht kamen. Es tat gut, Menschen wie Tita und Neil Robertson zu ihren Freunden zu zählen.
Um halb zwölf fuhr Irma mit ihrem roten Flitzer auf den Hof und sprang heraus. Jill kam eben aus dem Küchentrakt und staunte wieder, wie jung ihre Tante wirkte. Ihre Bewegungen waren energisch, flüssig, hatten nichts von der müden Steife des Alters. »Jilly, ich bin völlig durchgeschwitzt. Ich ziehe mich schnell um, dann treffen wir uns am Swimming-Pool«, rief Irma, riss sich den schwarzen Hut vom Kopf und lief mit fliegenden schwarzen Schleiern ins Haus.
Als sie erschien, saß Jill am Rand des Beckens und ließ ihre Füße ins Wasser hängen. Es kühlte wunderbar. Die Sonne stand fast senkrecht, die Hitze des Tages war auf dem Höhepunkt. In glühend heißen Wellen prallte sie von der niedrigen Mauer ab, die den Pool einfasste, ließ die Blätter der Bougainvilleen schlapp herunterhängen. Jill sprang ins Wasser und kraulte zehn Längen, dass die Wellen an den Seiten überschwappten. Niemand sonst war hier, also brauchte sie keine Rücksicht zu nehmen. Dann zog sie sich an einer Seite hoch und setzte sich auf den Fliesenrand, strich sich die tropfenden Haare aus dem Gesicht.
»Erzähl es mir noch einmal«, sagte Irma und legte sich in einen Liegestuhl, hörte ihr mit geneigtem Kopf zu.
Als sie Irma noch einmal alles geschildert hatte, das mit den Narben der Zwillinge und deren Behauptung, dass Phillip Court auch ihr Vater sei, sagte keine der beiden Frauen etwas. Das Schweigen dehnte sich auf lange Minuten. »Ich glaub’s einfach nicht«, brach es Jill endlich, »es kann nicht sein.«
»Was sonst könnte deine Mutter so schockiert haben, dass sie freiwillig und allein in ein Flugzeug steigt?« Irmas Stimme klang dumpf unter dem Hut, den sie sich übers Gesicht gestülpt hatte.
Dasselbe hatte
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