Ein Land, das Himmel heißt
die die Pistole hielt, zitterte. »Einer muss noch irgendwo sein, sie hatten drei Hunde«, presste sie hervor. Wieder dieses Wimmern. »Es kommt aus dem Kinderzimmer«, wisperte sie und zeigte ihm den Weg. Vorsichtig stießen sie die Tür zu dem Raum auf. Fahles Licht drang von außen herein, gerade genug, um zu erkennen, dass der Raum leer war. Aber dann hörte sie es wieder und wusste, woher es kam. Sie gab Nils ihre Pistole, legte sich auf den Bauch und sah unters Bett. »Patrick?«, flüsterte sie. »Bist du es? Hier ist Jill …«
Es waren Craig und seine kleinen Schwestern. Sie lagen in die hinterste Ecke unter ihr Bett gedrückt, hatten sich hinter Decken und Spielzeug versteckt. Michaela und Vicky waren blutverschmiert, und ihr blieb das Herz stehen, bis sie merkte, dass es Craigs Blut war, dessen Arm stark blutete. Er sah sie aus schockgeweiteten Augen an, presste seine Kiefer zusammen, konnte aber doch nicht verhindern, dass seine Zähne leise klapperten. Die Mädchen sagten gar nichts. Wie kleine Tiere hatten sie sich zusammengerollt, ihre Gesichter in den Armen vergraben, die Händchen auf die Ohren gepresst, als stellten sie sich tot.
»Wo sind deine Eltern und Patrick?«, fragte sie, während sie ihn vorsichtig aufs Bett legte und mit dem Taschentuch, das Nils aus seiner Hosentasche zog, einen provisorischen Druckverband an seinem Oberarm anlegte. Es schien ein Durchschuss zu sein.
Seine Antwort war wie ein Windhauch. »Schlafzimmer, Dad ist in Johannesburg …«
»Wo sind diese … Kerle?«
»Weg, ich glaube, sie sind weg..« Seine Unterlippe bebte. Seine beiden Schwestern krochen neben ihn, kuschelten sich eng an seinen Rücken. Jill streichelte sie, deckte sie mit einem Laken zu, nicht um sie warm zu halten, sondern um ihnen das Gefühl von Sicherheit zu geben. Aufatmend stand sie auf. »Ich glaube, wir können es wagen, Licht anzumachen«, sagte sie leise zu Nils, und als er nickte, drückte sie den Schalter nach oben. Das Zimmer war vollkommen verwüstet, überall Blut, selbst an den Wänden. Es konnte unmöglich von Craig allein stammen. Dann entdeckte sie den dritten Hund der Farringtons. Auch er war geköpft worden. Sie riss die Bettdecke von einem der Betten und warf sie über das Tier, ehe der kleine Junge es sehen konnte. »Bleib hier liegen, Craig, wir kommen gleich wieder, der Arzt ist auch schon unterwegs.« Damit schlüpften sie auf den Gang.
Angelica lag auf dem Rücken im Flur vor dem Schlafzimmer. Sie trug ein weißes T-Shirt mit großen, leuchtend roten Rosen. Erst als Jill sich zu ihrer Freundin hinunterbeugte, bemerkte sie, dass jede Rose um ein Einschussloch blühte, auf den Lippen stand hellroter Schaum. Mit einem unterdrückten Angstlaut suchte sie ihren Puls, fand ihn mit Mühe. »Sie lebt«, sagte sie zu Nils, »noch.«
»Jill …?« Patricks Stimme war dünn und schwach, und sie fuhr herum. Er saß im Schrank im Gang hinter seiner Mutter, umklammerte mit der rechten Hand ein Gewehr, mit der linken das Mobilteil eines Telefons. Seine linke Gesichtshälfte war eine blutige Maske, aus einer großen Wunde in seinem Oberschenkel pumpte Blut. »Lebt Mum noch?«, fragte er, die rechte Gesichtshälfte so weiß wie die Wand hinter ihm. »Bitte, lebt sie noch?«
Danach ging alles sehr schnell. Minuten nachdem sie Patrick gefunden hatten, hörten sie die Sirenen mehrerer Polizei- und Krankenwagen, und kurz darauf wimmelte es von Menschen im Haus. Sanitäter verbanden Patricks Oberschenkel. Die Wunde am Kopf war ein Streifschuss und glücklicherweise nur oberflächlich. Ein Polizeibeamter, ein schwergewichtiger jüngerer Zulu mit mitfühlenden Augen, hockte sich vor den Jungen, hörte sich an, was er zu sagen hatte, während ein Sanitäter die Kopfwunde untersuchte. »Zwei von denen hab ich erwischt, aber sie hatten AK s …« Er fing an zu zittern, seine Zähne klapperten, er konnte nicht weitersprechen, nur seine aufgerissenen Augen redeten für ihn. Jill legte ihren Arm um ihn.
Der Sanitäter stand auf. »Bin gleich zurück«, sagte er und verschwand.
»Wie viele waren es, mein Junge?«, fragte der Polizist. Er hatte eine tiefe Stimme, die an Geborgenheit und Wärme erinnerte. Er legte seine große Pranke auf Patricks Schulter, und Jill fühlte, wie das Zittern langsam abebbte.
»Mindestens zehn, vielleicht auch mehr«, flüsterte der Junge, »sie schrien bulala amaBhunu und ballerten um sich …« Vor seinem schreckensstarren Blick schien die Szene noch einmal
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