Ein Land, das Himmel heißt
angeboten bekommen, Sitz Südafrika. Wo der sein wird, kann ich mir aussuchen. Im Zeitalter von Mobiltelefon und Internet ist es eigentlich egal. Sie wollen mich aber erst in zwei Monaten haben. Es würde mir Zeit geben, das Buch zu schreiben, das ich schon so lange in mir herumtrage. Ich würde es gern hier schreiben, in deinem Bungalow. Axel geht allein in den Kongo, er trifft sich dort mit einem anderen Journalisten. Mittwoch fliegt er von Johannesburg ab. Wie ist es, kann ich deinen Bungalow noch eine Weile mieten?« Seine Hand lag auf ihrem Arm.
Es dauerte, bis sie tatsächlich verstand, was er gesagt hatte. Sie stand stockstill, kostete jedes seiner Worte. Er bleibt hier, dachte sie, fühlte sich schwindelig, als wäre sie ein Blatt, vom Wind herumgewirbelt. Er bleibt hier! Langsam hob sie ihre Augen zu ihm. »Ja«, sagte sie. Mehr bekam sie nicht heraus.
Es war genug. Taktvoll ging Axel ihnen schon voraus auf die Terrasse. Als sie ihm endlich folgten, eng umschlungen, strahlend, hatte er bereits den zweiten Kaffee getrunken und butterte eine goldgelbe Brioche. Er zeigte auf eine dickbäuchige Regenwolke, eine Nachzüglerin, die von Süden her über den Himmel zog. »Fängt gleich wieder an, wir sollten besser reingehen.«
In den nächsten fünf Minuten bestätigte sich seine Annahme. Jill holte Kaffee und frischen Schokoladenkuchen aus der Küche, und gemeinsam zogen sie auf die überdachte Veranda des Bungalows um. Axel entschuldigte sich, murmelte, dass er noch etwas zu erledigen hätte, und verließ den Bungalow.
»Axel ist ungewöhnlich feinfühlig«, lächelte sie, fest in Nils’ Arme geschmiegt.
Seine blauen Augen leuchteten in dem sonnenverbrannten Gesicht. »Sonst würde es ihm auch ziemlich übel ergehen«, sagte er und grinste dabei dieses zähneblitzende, unverschämte, anmachende Grinsen, das ihr wie süßer Wein sofort in den Kopf stieg und die Glieder schwer werden ließ. »Hmm«, murmelte er nach einer Weile, »du schmeckst nach Schokoladenkuchen … davon will ich mehr …«
*
Um achtzehn Uhr weckte sie Irma wie versprochen mit einem Kaffee. »Willst du nicht einfach weiterschlafen bis morgen früh?«, fragte sie, während sie ihrer Tante eine Tasse eingoss.
»Um Himmels willen, nein, schlafen kann ich, wenn ich tot bin. Ich musste nur ein paar Stunden aufholen, die ich heute Morgen verloren hab.« Irma setzte sich im Bett auf, trank gierig die Tasse aus und reichte sie ihr. »Noch eine, bitte, mein Kreislauf schläft noch.« Sie musterte Jill. »Du strahlst wie ein Kronleuchter. Gibt es etwas, was ich noch nicht weiß?«
Für einen Moment antwortete sie nicht. Dann brach es aus ihr heraus. »Er bleibt hier!«, rief sie, konnte sich nicht beherrschen, trillerte wie eine Zulu, wirbelte durchs Zimmer, fühlte ihr Glück in jeder Pore.
Der Blutdruck ihrer Tante stieg schnell, und Jill verließ sie, um ihre Runde unter den Gästen zu machen, die fast alle auf der Terrasse zu einem Drink vor dem Abendessen zusammengekommen waren. Alle Bungalows waren nur mit zwei Personen belegt, und so waren im Moment auch nur zehn Gäste da. Daraus ergab sich oft eine intime, freundschaftliche Atmosphäre. Die Lachsalven, die ihr entgegenschallten, zeugten davon, dass sich einige der Gäste untereinander angefreundet hatten. Mehrere machten sogar ihre Ausflüge gemeinsam. »Ich sag’s Ihnen, der Geier hat mich angesehen, als überlegte er, wann ich wohl reif bin«, erzählte gerade die ältere Dame, die sich von Jonas die Vogelroute hatte planen lassen. »Ich hab ihn aufs nächste Jahr vertröstet. Wir kommen nämlich wieder. Zur selben Zeit nächstes Jahr.« Nachdem sich das Gelächter gelegt hatte, stellte sich heraus, dass alle anderen Gäste das Gleiche planten.
Mein Gott, ist das Leben schön, dachte Jill und verließ die Terrasse mit einem Winken, um in die Küche zu gehen. Heute hatte sie nicht vor, Nils mit irgendjemandem zu teilen. Ellen hatte ihr auf ihren Hilferuf hin am Telefon einige Rezepte diktiert. »… dann das Fleisch von beiden Seiten anbraten, mit Rotwein ablöschen, Deckel drauf, drei Minuten köcheln und etwas Sahne einrühren, fertig.«
»Kann ich nicht«, hatte sie geantwortet.
»Unsinn, du isst gern und du bist verliebt, du kannst das.«
Genau nach Rezept legte sie die Lammfilets in Öl mit Knoblauch und Kräutern ein, die sie im Küchengarten schnitt, pflückte eine Limette, träufelte deren Saft in die Marinade und stellte das Fleisch in den Eisschrank. Danach schnitt
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