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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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hatte.
    »Jill, wie gut, dass du kommst. Vielleicht kannst du diese Frau zur Vernunft bringen. Mich kostet sie noch den Verstand.« Erregt lief er im Zimmer auf und ab, zerwühlte seine Haare, nachsichtig lächelnd beobachtet von seiner Frau. »In einer Woche wird sie entlassen. Aber sie will nicht nach Kapstadt, sie will hier bleiben, sie will zurück auf die Farm«, rief Alastair, die Angst in seinem Ton unmissverständlich, »mach ihr bitte klar, dass das einfach nicht geht.« Er sah müde aus, abgekämpft, zerfurcht vor Sorgen.
    Jill betrachtete ihre Freundin, entdeckte den wohlbekannten obstinaten Zug um den Mund, das gehobene Kinn. »Ich glaub, das hat keinen Zweck«, sagte sie, »wenn sie nicht will, will sie nicht, und zehn wilde Elefanten schaffen es nicht, sie umzustimmen, das weißt du besser als ich. Aber erklär’s mir mal, Angelica, warum willst du nicht nach Kapstadt?«
    »Das ist schnell getan. Die Queen Mother hat das mal glasklar gemacht, als man sie und die Kinder im Krieg aufs Land verfrachten wollte. Meine Kinder werden nicht ohne mich gehen, sagte sie, ich werde nicht ohne den König gehen, und der wird London nicht verlassen. Klar genug?«
    Jill wandte sich Alastair zu und zuckte die Schultern. »Ich würde es genauso machen. Ihr könnt doch nicht für den Rest eurer Tage eine Telefonehe führen, und du kannst nicht verlangen, dass Angelica in Kapstadt sitzt und vor lauter Sorge um dich kaputtgeht. So etwas lässt sich besser zu zweit durchstehen.«
    »Besser hätte ich es nicht formulieren können«, stimmte ihre Freundin zu, lehnte sich in den Kissen zurück, lächelte Jill zu.
    Alastair warf die Arme in einer Geste der Hilflosigkeit in die Luft und verließ den Raum. »Er wird sich wieder einkriegen«, meinte seine Frau und musterte Jill, »du siehst gut aus. Warst du beim Friseur? Oder ist es Nils?«
    *
    Erfrischt, als wäre sie in Urlaub gewesen, erreichte sie nachmittags Inqaba. An ihre Schlafzimmertür gepinnt fand sie eine Nachricht von Nils vor. »Muss dich sprechen, sobald du wieder da bist.«
    Fröhlich vor sich hin summend, brachte sie ihr Make-up in Ordnung, bürstete den Gelfestiger, den der Friseur einmassiert hatte, aus ihren Haaren heraus, bis sie wieder glänzten. Die violettschwarzen Wolken, die sich über ihr zusammenbrauten, veranlassten sie, einen Schirm mitzunehmen. Dann machte sie sich auf den Weg. Irma lag am Swimming-Pool und verstaute gerade eilig Notizbücher und Sonnenmilch in ihrer geräumigen Tasche. »Das da oben«, sie deutete zum Himmel, »kommt gleich runter, und es sieht unangenehm ergiebig aus.«
    Dann stand Jill vor Nils’ Bungalow. Durch die halb geöffnete Eingangstür konnte sie eine Reisetasche sehen. Eine gepackte Reisetasche. Aber diese Tatsache drang nicht in ihr Bewusstsein. Im selben Moment setzte der Regen ein, als hätte da oben jemand eine Badewanne ausgeschüttet. Sie machte einen Satz unter das Vordach und rief nach Nils. Er erschien mit Axel, die Männer nahmen sie in die Mitte und rannten mit ihr durch den Wolkenbruch zum Haus. Eine Bö schlug den Schirm hoch, und sie wurden klatschnass. Keiner der anderen Gäste war zu sehen. Sie hatten sich wohl in ihre Bungalows zurückgezogen. Der Regen hörte so abrupt auf, als hätte jemand den Hahn zugedreht. »Den Schirm kann ich wegwerfen.« Lachend schüttelte sie sich die Nässe aus den Haaren, sah hoch zu Nils, ihr Lachen spiegelte sich in seinen Augen. In diesem Augenblick war sie glücklich, bedingungslos, überschäumend, herzhüpfend glücklich.
    »Ich muss etwas mit dir besprechen«, sagte er.
    Sie hörte die Worte, seinen Ton, sah seinen Gesichtsausdruck. Die gepackte Reisetasche fiel ihr ein, und sie wusste, dass der Moment gekommen war. Alles Gefühl rann aus ihr heraus, ihr Lachen, ihr Glück starb. Sie zog sich innerlich hinter eine Mauer zurück, um den Einschlag nicht in voller Härte spüren zu müssen. Sie senkte den Kopf, sah ihm nicht in die Augen bei dem, was er ihr nun mitteilen würde. Er sollte nicht sehen, wie sehr sie litt.
    »Wir haben einen neuen Auftrag bekommen.«
    Natürlich. Sie wartete, fragte nicht wann und nicht wo. Atmen tat sie auch nicht.
    »Wieder im Kongo«, fuhr er fort, »da ist aber noch etwas …«
    Sie hörte kaum noch hin, seine Worte erreichten sie aus weiter Ferne, rannen an ihr herunter wie Wasser. Ihr einziges Bestreben war, mit sich und ihrem brennenden Schmerz allein zu sein.
    »Ich habe andererseits die Stelle eines Afrikakorrespondenten

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