Ein Land, das Himmel heißt
bis auf den Weg. Schwer atmend blieben sie in zehn Meter Entfernung stehen, trotzdem fühlte Jill die Hitze, als wäre sie unter einen Grill geraten.
»Wir müssen unsere Unterlagen retten!«, rief Nils und hetzte, so schnell es sein verletzter Fuß erlaubte, auf das Haus zu. Sie schrie seinen Namen, aber er reagierte nicht. Mit einem Stein schlug er das Gitter am Fenster des Schlafzimmers ein, das Axel bewohnt hatte. Nur die Vorhänge des gegenüberliegenden Fensters brannten. Ihre Faust an die Zähne gepresst sah sie zu, wie die beiden Männer einstiegen und im Rauch verschwanden, fuhr mit einem Aufstöhnen zusammen, als das Verandadach in einem Funkenregen krachend zusammenbrach. Die ganze Zeit liefen die Bilder des Überfalls auf die Farrington-Farm als Horrorfilm vor ihren Augen ab.
Jemand rief sie, der Ton schnitt glatt durch sie hindurch. Sie wirbelte herum. Aber es war nur Jonas. Er kam mit dem Gartenschlauch im Schlepp angerannt. Dankbar entriss sie ihm den Schlauch, zerrte ihn zum Haus und spritzte in das eingeschlagene Fenster, versuchte verzweifelt, Nils und Axel zu entdecken.
Einige Männer rannten auf sie zu, im ersten Moment erschrak sie, aber dann erkannte sie ihre Gäste. In Windeseile bildeten sie eine Schlange zum Swimming-Pool. Drei schöpften mit Putzeimern Wasser, zwei andere hasteten zum Haus und kippten es auf die Flammen. Kurz darauf erschien Irma, nicht in wehendem Schwarz, sondern in Jeans und lockerem Hemd. Auch sie trug einen Eimer und reihte sich in die Kette ein.
»Hören Sie auf damit«, schrie Jill, »Irma, die Kerle sind hier noch irgendwo, nehmt die Wagen und verlasst die Farm. Schnell!« Dann hielt sie es nicht mehr aus. Sie spritzte sich von oben bis unten mit dem Gartenschlauch ab, drückte ihn Jonas in die Hand, befahl ihm, immer damit aufs Schlafzimmer zu zielen, und rannte los. Jemand packte sie am Arm, wollte sie zurückhalten, aber sie schüttelte ihn ab. Die nach innen gebogenen Gitter waren glitschig vor Nässe und schon warm, die Tür des Schlafzimmers stand offen, das konnte sie durch den dichten Rauch erkennen.
Sie zog sich am Fenstergitter hoch und stieg ein. Der Fliesenboden war heiß. Offenbar brannte bereits die Bodenkonstruktion darunter. Und dann war plötzlich Axel neben ihr und Nils auch. Beide rauchgeschwärzt, Axels Haare waren zu einer Igelfrisur weggebrannt, er trug seine Kamera, beide hatten ihr Notebook unter den Arm geklemmt. Gemeinsam schleppten sie einen Metallkoffer. »Durch den Eingang kommen wir nicht raus, also ab durchs Fenster«, befahl Nils und half ihr. Dann kletterte er hindurch, Axel schob den Metallkoffer hinterher, den Nils auffing, und im Nu waren sie wieder draußen und brachten sich in Sicherheit. »Habt ihr alles gerettet?«, fragte sie hustend, ihre Kehle war kratzig vom Rauch.
»Alles, bis auf die Klamotten. Gott sei Dank. Aber der Bungalow ist hin«, bestätigte Axel. Auch er hustete ununterbrochen, spuckte aus, und was er spuckte, war schwarz. »Woher zum Teufel kamen diese Brandsätze?«
»Verdammt, mein Handy ist da drinnen …«, sie zeigte in die Flammenhölle vor ihr, »wir müssen die Polizei alarmieren.«
»Hab ich als Erstes«, keuchte Axel, »die sind schon auf dem Weg.«
Nils legte seinen Arm um sie. »Alles okay, Liebling?« Aufmunternd grinste er auf sie hinunter, seine Zähne schneeweiß in seinem rußschwarzen Gesicht.
»Ja, alles okay. Aber wir müssen hier weg, schleunigst. Diejenigen, die diese Molotow-Cocktails geworfen haben, sind vielleicht noch hier … Gnade uns Gott, wenn wir denen in die Hände fallen … .«
Und dann hörten sie es. Durch das Röhren der Flammen hörten sie es. Stimmen, Männerstimmen, grölende Männerstimmen. Jill wurde leichenblass. »Sie sind hier! Mein Gott, sie überfallen die Farm … Hauen Sie ab«, schrie sie den Gästen zu, die mit offenem Mund dastanden, ihre erste Aufforderung entweder nicht gehört oder nicht ernst genommen hatten, »wir werden überfallen. Fahren Sie weg, wenn Sie können, oder schließen Sie sich ein. Schnell, verdammt, bewegen Sie sich, es geht um Ihr Leben!«, kreischte sie mit sich überschlagender Stimme.
»Um deins auch«, sagte Nils und zerrte sie in die Büsche in Deckung. Durch die Blätter spähte sie hindurch.
Selbst Irma rannte, als wenn der Teufel hinter ihr her wäre. In gewissem Sinne war er das ja auch. Sekunden später hörte Jill erleichtert mehrere Wagen starten, hoffte, dass alle Gäste die Farm verlassen würden, und Irma
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