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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Williams für fähige Männer gehalten«, er lachte sarkastisch, »und das sind sie ja wohl leider auch. Nicht im Traum habe ich geahnt, dass sie solche Gangster sind, verstehe auch ihre Beweggründe nicht.« Sie hörte ihn schwer atmen. »Angelica wird nächste Woche entlassen«, sagte er dann, » und sie bleibt stur, sie will nicht nach Kapstadt gehen. Ich kann nichts machen. Wenigstens stimmt sie zu, die Kinder dort auf ein Internat zu schicken.«
    Sie verabredeten, in engem Kontakt zu bleiben, falls sich etwas Neues ergäbe. Als Jill den Hörer auflegte, gähnte sie herzhaft. Ihr fehlten zwei Nächte Schlaf, und der gestrige Tag hatte sie ordentlich geschlaucht. Sie wählte Jonas an und bat ihn, Bongi mit einer Kanne Kaffee ins Büro zu schicken. Dann machte sie sich mit den Namen der Gäste vertraut, die heute ankommen sollten. Jonas hatte ihr die Liste gegeben. Sie leerte die Kanne Kaffee, aß das Stück Kuchen, das Bongi dazugelegt hatte, und war noch immer müde. Am liebsten hätte sie sich kurz hingelegt, aber tagsüber konnte sie nicht schlafen. Außerdem war es noch nicht einmal elf Uhr. Gähnend räumte sie ihren Schreibtisch auf. Das Päckchen, das etwa die Größe eines Taschenbuches hatte, wurde noch tiefer im Stapel vergraben.
    Musa und Philani begleiteten sie später zur Brandstelle. Ein riesiger Schwarm Geier kreiste über dem Gebiet, versammelte sich überall dort, wo ein Tierkadaver lag, der nicht völlig verkohlt war. Mehrere Kadaver trieben aufgedunsen im Fluss, wiesen fast alle riesige Bisswunden auf. »Krokodile«, flüsterte sie und stocherte traurig weiter in den Überresten. Doch sie wusste, dass in wenigen Monaten die Natur sich selbst geheilt haben würde. Der Busch würde frisch ausschlagen, die Baumstrelitzien aus ihren Wurzeln treiben. Viele Samen überlebten ein Feuer, es war ohnehin nur relativ kurz gewesen. Der Wolkenbruch hatte verhindert, dass die Zerstörung größer war. Sie nahm an, dass die meisten der Elternvögel, die hier genistet hatten, davongekommen waren. Sie würden wieder brüten, die Antilopen wieder trächtig werden. Drei Stunden durchkämmte sie die Gegend, doch sie fand nirgendwo Spuren, die darauf hinwiesen, dass hier illegale Siedler gelebt hatten.
    Tief in Gedanken kehrte sie zum Haus zurück. Es erschien ihr unmöglich, dass alles so restlos verbrannt sein konnte.
    *
    Bevor sie ins Krankenhaus fuhr, musste sie in Umhlanga Rocks ein paar Bücher in der Leihbibliothek abgeben. Es war ein ziemlicher Stapel und schon überfällig. Doch sie hatte sich bereits durch die kleine Bücherei in Mtubatuba hindurchgelesen, und die im Zentrum Umhlangas war größer und besser sortiert. Außerdem kaufte sie gern im Ort ein. Einer der Parkplatzwächter, die alle paar Meter an der Bordsteinkante standen, wies sie auf den Parkplatz vor dem Postamt ein. Sie suchte ein paar Münzen heraus, reichte sie ihm durchs offene Autofenster. Seine Arbeit hatte einen ernsten Hintergrund. Nachdem Überfälle und Entführungen überhand genommen hatten, waren die Wächter von einheimischen Geschäftsleuten zum Schutz der Besucher engagiert worden. Sie stieg aus. Neben ihr fuhr ein staubbedeckter Geländewagen in die Parklücke, eine Tür wurde aufgestoßen, traf ihr Auto. »He, aufpassen«, rief sie, empört über den beachtlichen Kratzer.
    Ein Mann stieg aus, schwerfällig, als hätte er Schmerzen, dann drehte er sich schwankend um. Es war Leon. Eben wollte sie aufbrausen, als ihr das Schimpfwort im Hals stecken blieb. Etwas war mit Leon absolut nicht in Ordnung. Sein Gesicht war aschgrau mit grünlichem Unterton, glänzte speckig vor Schweiß, der Mund hing offen, die Augen waren blutunterlaufen, trüb, schienen sie nicht zu erkennen. Sie ging ums Auto herum zu ihm, setzte die Bücher ab. »Leon, was ist?«
    Er stierte auf einen Punkt vor seinen Füßen, presste beide Hände auf den Bauch. Speichel rann ihm aus den Mundwinkeln. Er taumelte, wurde von Krämpfen durchgeschüttelt. Eine blutig braune Flüssigkeit rann unter dem kurzen Hosenbein an seinen Beinen herunter in die Schuhe. Dann schnappte er vornüber wie ein Klappmesser, übergab sich und fiel um.
    »Leon«, schrie sie auf, kniete neben ihm. Zwei, drei der Parkplatzwächter rannten auf sie zu, einer sprach bereits in sein Handy. »Krankenwagen kommt schon«, rief er ihr im Laufen zu.
    Der Notarzt, der Leon zehn Minuten später untersuchte, schüttelte den Kopf. »Ich kann nichts mehr machen«, sagte er zu Jill, »sind Sie eine

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