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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Scharlachbrust-Nektarvogels, der Attraktion, die Inqaba zu bieten hatte. Ob die Elternvögel überlebt hatten, war fraglich.
    Mutlos setzte Jill sich auf einen Stein. Niemand beachtete sie. Die Krankenwagen waren längst abgefahren, die Farmarbeiter von Ben zurück an die Feldarbeit kommandiert. Auch die alte Lena und ihre zwei Helferinnen waren verschwunden. Sie spürte keinen Hunger, nur Durst, nahm dankend eine Wasserflasche von einem der Polizisten an. Seine Frage, warum sie hier blieb, konnte sie sich selbst nicht beantworten.
    Vornübergelehnt, ihr Kinn in die Hände gestützt, versuchte sie zu begreifen, dass hier jemand versucht hatte, mehr als ein Dutzend Menschen bei lebendigem Leibe zu verbrennen. Nicht jemand, korrigierte sie sich schweigend, Christopher Williams, dessen war sie sich sicher. Seine Spur führte zu Len Pienaar. Und Leon Bernitt. Sie wehrte sich gegen diese Vorstellung. Es konnte einfach nicht sein. Das traute sie ihm nicht zu.
    »Nein, wirklich nicht?«, höhnte diese hartnäckige Stimme in ihr.
    Sie hielt sich die Ohren zu, als ob das helfen würde, kam aber nicht dazu, weiterzugrübeln. Laute Rufe ertönten aus dem abgebrannten Busch, einer der Männer, rußverschmiert, schwitzend, erschien. »Wir haben einen Toten hier, Spurensuche muss her.«
    Traurig ließ sie den Kopf hängen. Es hatte also doch einen von Popis Leuten erwischt. Erst jetzt fiel ihr auf, dass von einem illegalen Lager, von Frauen und Kindern keine Spur war. Außer Thandi waren die Geretteten nur Männer. Inbrünstig hoffte sie, dass sich im oberen Teil, unterhalb der Felswand, nicht noch ein grausiges Geheimnis unter dem verbrannten Busch verbarg. Jeder, der dort eingeschlossen gewesen war, musste umgekommen sein. Es hätte keinen Ausweg gegeben.
    »Mrs. Bernitt!« Einer der Polizisten rief sie. Sie stand auf und ging zu ihm. »Würden Sie bitte mitkommen, vielleicht können Sie bei der Identifizierung des Toten helfen.« Er nahm sie beim Arm, half ihr über gefallene, noch heiße Baumstämme, führte sie um schwelende Brandherde herum.
    »Wieso hat das Feuer so stark gebrannt? Im grünen Busch?«
    »Benzingetränkte Strohballen«, antwortete er, »sie haben sie überall verteilt.« Nach etwa zwanzig Minuten erreichten sie einen Platz am Fuß des Felsens. Die Männer der Suchmannschaft standen in lockerem Kreis um etwas herum. Zögernd trat sie näher, auf was sie gefasst sein musste, konnte sie sich nicht vorstellen. Als sie es erblickte, war es fast enttäuschend in seiner Abstraktion. Es war ein verkohltes Skelett, erinnerte an nichts Menschliches. Es lag seitlich auf dem Bauch. Sie sah den Brustkorb, an dem einige Rippen fehlten, die Arme waren nach vorn ausgestreckt, der Kopf weit in den Nacken gebogen, der Mund aufgeklappt. Auch die Zähne, es schienen so gut wie alle vorhanden zu sein, waren schwarz. »Wie soll ich das … Ding denn identifizieren?«, fragte sie erstaunt. »Man kann doch nicht einmal sehen, ob es Mann oder Frau war.«
    Einer der Männer bückte sich, wies auf die Hand. Jetzt entdeckte auch sie, dass der Tote am Mittelfinger einen Ring trug. Aus Gold, glatt, vom Feuer wie zufällig verschont. Der Mann hockte sich hin, hob die Skeletthand behutsam hoch, konnnte aber nicht verhindern, dass der Finger abbrach. Der Ring fiel in den Dreck. Er hob ihn auf und gab ihn Jill. Sie drehte ihn skeptisch hin und her, zuckte die Schultern, wollte ihn eben zurückreichen, als sie auf der Innenseite, versteckt unter Erde und krümeliger Asche, eine Inschrift entdeckte. »Darf ich das abkratzen?«, fragte sie. Der Polizist nickte. Vorsichtig entfernte sie den Schmutz, und Buchstabe für Buchstabe der Inschrift wurde sichtbar. Was sie las, traf sie wie ein Kübel Eiswasser.
    Für Konstantin von Catherine, stand da.
    »Nun?«, fragte der weiße Polizeibeamte. »Erkennen Sie den Ring vielleicht?«
    Sie starrte ihn nur mit halb offenem Mund an, ihre Gedanken rasten unkontrolliert, sie war nicht im Stande, zu antworten. Sie nickte, schüttelte gleich darauf den Kopf, nickte wieder.
    »Was nun«, fragte der Polizist, »erkennen Sie ihn?«
    »Nein … ich meine, nein, ich hab den Ring noch nie gesehen, aber … meine Urururgroßmutter hieß Catherine, und der Urururgroßvater meines Mannes hieß Konstantin.«
    Verblüfft sahen die Polizisten sich an. »Urururgroßvater«, sagte der Schwarze endlich, »wie viele Jahre liegt das zurück?«
    »Fast hundertfünfzig«, flüsterte sie.
    Alle starrten das Skelett an, als

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