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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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mit Sandstein kaschiert. Winzige Menschlein aus Knetmasse tummelten sich auf dem gemalten Grün, Spielzeugautos parkten vor den Hotels, durchweg Modelle der Luxusklasse. »Allerdings«, murmelte sie, »gigantisch. Der weiße Hai ist größenwahnsinnig«, rutschte es ihr heraus. Sie bereute es sofort, denn seine Euphorie wich einer seltsam verbissenen Entschlossenheit. Seine Stimmung stürzte ab.
    »Vielleicht sagst du das nicht mehr, wenn wir plötzlich in der Oberliga spielen. Alle werden uns die Füße küssen, und wir werden überall eingeladen werden.« Ratsch, ratsch schob er einen signalroten Spielzeugferrari auf den Modellstraßen herum. »So einen werde ich mir dann kaufen, darauf kannst du dich verlassen«, murmelte er, aber wohl mehr zu sich selbst.
    Da Jill niemand in der Gesellschaft in den Sinn kam, bei dem ihre Familie nicht seit jeher eingeladen wurde, schwieg sie dazu. Seine Bemerkung über den Ferrari ignorierte sie. »Ich möchte deine Träume nicht rüde zerstören, aber es wäre angenehm, wenn mal eine Zahlung von dem …«, noch gerade rechtzeitig verschluckte sie das Wort, das ihr auf der Zunge gelegen hatte, »… von King Charles eingehen würde. Auf unserem Konto ist Ebbe, und ich will nicht schon wieder mein Geld angreifen müssen. Er muss doch nach Baufortschritt zahlen, oder?«
    Martins Blick glitt zur Seite, er hob den Spielzeugferrari hoch und ließ ihn über seinen Arm fahren. »Ja, ja«, sagte er, »ich werde ihm auf die Zehen treten.« Das kleine Auto rutschte ihm aus den Fingern, fiel auf den Boden und zerbarst in mehrere Teile.
    Für eine Sekunde hatte sie den Eindruck, dass er gleich anfangen würde zu weinen. Aber dann war der Moment vorbei, und sie war sich sicher, dass sie sich geirrt hatte. Zwei Tage später sagte er ihr, dass die erste Zahlung von King Charles eingangen sei. »Soll ich dir den Kontoauszug holen?«
    »Nein, ach wo«, rief sie aus, »wie wunderbar. Lass uns feiern, nur wir beide. Ich bestelle einen Tisch im Razzmatazz.« Das Restaurant war in einem der großen Hotels von Umhlanga Rocks, und seine Terrasse lag direkt am Strand mit einem Blick über die Brandung, in die Weite des Indischen Ozeans. Sie saßen auf der Holzterrasse des Restaurants, Kerzen spiegelten sich im Silber, schimmerten auf weißem Porzellan. Sie aßen Langusten im Bambuskörbchen auf Zitronengras gedünstet und tranken einen wunderbaren Weißwein dazu. Es war warm und windstill, die Luft zärtlich weich. Die Amatungulu dufteten betörend, das Meer seufzte und kicherte. Der Abend war vollkommen.
    »Nun wird das Glück nach Inqaba zurückkehren, der Schatten weicht dem Licht«, sagte sie ein paar Tage später zu Nelly.
    »Nein«, antwortete die alte Zulu, »noch nicht.«
    »Oh, Nelly«, rief sie, ärgerlich, dass diese ihr die Laune zu verderben suchte.
    *
    Ständig pendelte Martin zwischen der Baustelle und zu Hause hin und her, und sie sah ihn nur selten. Anfänglich erwog sie, zurück nach Inqaba zu gehen, um in der Nähe ihrer Mutter zu sein, falls irgendetwas mit dem Baby sein sollte. Doch diese überzeugte sie, in Umhlanga zu bleiben, in der Nähe medizinischer Versorgung. Außerdem hatte ihr Gynäkologe Belegbetten in dem erst vor kurzem eröffneten Umhlanga Rocks Hospital, das sich schnell einen ausgezeichneten Ruf erworben hatte. Es lag oben auf dem Ridge, dem Rücken des zum Meer abfallenden Landes, und sie konnte es in knapp fünf Minuten mit dem Auto erreichen. Sie stellte sich dort vor, ließ sich untersuchen und vergewisserte sich, dass zum Geburtstermin ein Einzelzimmer für sie reserviert war.
    Dabulamanzi-John und Thoko, seine Nichte, hatte sie mit in ihr neues Haus genommen. Er hatte sie gebeten, dem Mädchen noch eine Chance zu geben. Um ihre Nachlässigkeit, die Jill das Baby gekostet hatte, gutzumachen, hätte Thoko ihren Ahnen ein Huhn geopfert. Jill gab nach, und Nelly wurde abkommandiert, das junge Mädchen für einige Zeit in ihrer neuen Arbeit zu unterweisen. »Ich möchte jeden Tag frische Brötchen haben, du musst ihr Backen beibringen«, wies sie die alte Zulu an.
    Doch das ging gründlich schief. Tagelang hörte sie Nelly mit dem jungen Mädchen herumschimpfen, bis Thoko einen Teller an die Wand schleuderte und weinend in ihren Khaya flüchtete. Jill stellte Nelly in der Küche zur Rede.
    »Diese jungen Dinger, nutzlos … frech … haben keinen Respekt …«, regte sich die alte Zulu auf, vergaß vor Zorn ihr Englisch. »Hmphh«, machte sie und klapperte mit

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