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Ein Leben lang

Ein Leben lang

Titel: Ein Leben lang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Faye Dyer
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gab Sadie die Sporen und zügelte das Pferd erst, nachdem sie die kleine Schlucht erreicht hatten, die sie von dem dahinter liegenden Prärieland trennte, auf dem das reiterlose Pferd stand. Sadie kletterte mit sicherem Gang den steinigen Abhang in die Schlucht hinunter und an der anderen Seite wieder hinauf. Oben angelangt, blieb Rebecca vor Schreck fast das Herz stehen. Jetzt aus der Nähe erkannte sie Shorty, den großen kastanienbraunen Wallach, den Jackson immer ritt. Von Panik erfüllt, trieb sie Sadie zur Eile an, voller Angst, dass der menschliche Körper auf dem Boden Jackson sein könnte.
    Noch ehe sie bei dem Braunen angelangt war, zügelte sie Sadie, um zu verhindern, dass der Wallach scheute und womöglich über den Mann zu seinen Füßen hinwegtrampelte. Aber Shorty rührte sich nicht, allein sein staubiges Fell zuckte nervös, als Rebecca absprang, die Zügel wegwarf und mit leise beruhigenden Worten auf ihn zuging.
    „Ruhig, Shorty. Ganz ruhig, braver Junge.“ Sie schaute auf Jackson, der mit geschlossenen Augen und offensichtlich bewusstlos auf dem Rücken lag, wobei er immer noch die Zügel des Wallachs umklammerte. Was war passiert? Sein Hemd war an der rechten Schulter zerrissen, der leuchtend blaue Baumwollstoff blutdurchtränkt. Wahrscheinlich war er von dem hohen Blutverlust ohnmächtig geworden. Sie zwang sich, ihren Blick von ihm loszureißen, und konzentrierte sich darauf, den Wallach zu beruhigen. Shorty wich ängstlich zurück, als sie sich mit ausgestreckter Hand näherte, und zerrte an den Zügeln, wobei er Jackson ein kleines Stück hinter sich her schleifte.
    Rebecca redete ihm mit zitternder Stimme gut zu: „Ruhig, Junge, ganz ruhig.“ Sie schob langsam eine Hand in ihre Hosentasche und bekam einen der Zuckerwürfel zu fassen, die sie vor dem Ausritt für Sadie eingesteckt hatte.
    Ebenso langsam zog sie das Zuckerstückchen heraus und hielt es dem Tier auf der ausgestreckten Handfläche hin, wobei sie immer noch beruhigend auf es einredete. Endlich kam der Wallach vorsichtig einen kleinen Schritt nach vorn und nahm den Zuckerwürfel sehr sanft mit seinen Lippen von ihrem Handteller.
    Als sie ihm anschließend den Kopf kraulte, wurde er sichtlich ruhiger und akzeptierte ihre Hand an seinem Zaumzeug. Dabei drängte sie ihn mit äußerster Behutsamkeit, noch einen kleinen Schritt auf sie zuzumachen, wodurch sich der Zügel in Jacksons Hand lockerte.
    „Braver Junge.“ Sie zog ihn Zentimeter um Zentimeter näher zu sich heran, lockte ihn mit einem weiteren Zuckerstückchen und streichelte ihm beruhigend den Kopf. Mittlerweile zitterte er nicht mehr und erschrak auch nicht, als sie mit der Hand über die Zügel fuhr und sich neben Jackson hinkniete, um ihm behutsam die Zügel aus der Hand zu nehmen. Sie wusste, dass sie erst das Pferd wegbringen musste, bevor sie sich um Jackson kümmern konnte, und sie wusste auch, dass sie dabei ganz ruhig bleiben musste, weil sich jeder Anflug von Angst oder Nervosität sofort auf das Pferd übertragen würde.
    Sie schaffte es, Jackson die Zügel aus der Hand zu nehmen und Shorty ein ganzes Stück weiter weg an einem hohen Salbeistrauch festzubinden. Ihr war klar, dass der Strauch für das Tier kein Hindernis darstellte, wenn es wegzulaufen versuchte, aber sie wollte Shorty nicht einfach nur festbinden, sondern ihn vielmehr zum Bleiben ermuntern.
    Dann rannte sie zurück zu Jackson und ging neben ihm in die Hocke.
    „Oh, Jackson, was ist bloß passiert?“ Das zerrissene Hemd war an der Schulter und vorn an der Brust blutgetränkt. Behutsam schob Rebecca den zerrissenen Baumwollstoff weg und schluckte schwer, als sie darunter die klaffende, stark blutende Wunde sah.
    Ein Druckverband. Ich muss sofort einen Druckverband anlegen, damit er nicht noch mehr Blut verliert. Ohne zu zögern zog sie sich ihr TShirt über den Kopf, faltete es eilig mehrmals zusammen und presste das dicke Polster auf die Wunde, wobei sie das Gesicht verzog, weil sie sich unwillkürlich vorstellte, wie weh das tun musste.
    Als Jackson leise aufstöhnte, hob sie den Blick und schaute ihm ins Gesicht. Jetzt schlug er die Augen auf und schaute blinzelnd in die Sonne.
    „Rebecca?“ Es war nur ein undeutliches Murmeln. „Was tust du da?“
    „Ich versuche zu verhindern, dass du verblutest.“
    „Gut.“ Das klang etwas deutlicher. Er blinzelte ein paar Mal rasch hintereinander, dann sah sie, dass seine Augen wieder klarer waren. „Ich bin ohnmächtig geworden und vom Pferd

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