Ein Leben lang
der Anrufbeantworter einschaltete. Sie war nicht überrascht, als sie Kathleens Stimme hörte. Sie meldete sich trotzdem nicht, einfach, weil sie noch nicht bereit war, mit ihrer Mutter zu reden.
Es war bereits nach halb neun Uhr abends, als Jackson auf den Ranchhof fuhr.
Das Haus war dunkel, und Rebeccas kleiner Mietwagen stand vorn am Tor.
Jackson überlegte, ob Rebecca womöglich bereits schlief. Ob sie heute mit ihrer Mutter gesprochen hatte? Weinte sie womöglich da oben in ihrem dunklen Schlafzimmer?
Er ließ Hank, Gib und Mick das Werkzeug allein ausladen und eilte, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Verandatreppe hinauf. Im Haus herrschte eine fast unheimliche Stille, in der das Quietschen der Fliegengittertür unangenehm laut klang.
„Rebecca?“ Keine Antwort. Er rannte die Treppe hinauf und sah, dass die Tür zu ihrem Schlafzimmer einen Spalt offen stand. Als er das Zimmer betrat, fand er es leer vor, das Bett war ordentlich gemacht und durch das geöffnete Fenster wehte ein lauer Abendwind herein. Er runzelte die Stirn. Wo zum Teufel war sie?
Das laute Klingeln des Telefons zerriss die Stille. Jackson rannte die Treppe hinunter und erreichte in dem Moment das Telefon, als sich eine weibliche Stimme meldete und anfing, auf dem Anrufbeantworter eine Nachricht zu hinterlassen.
„Bitte, ruf mich zurück, Rebecca. Ich muss mit dir reden. Ich weiß, dass du…“ Jackson nahm ab. „Hallo?“
Die Stimme verstummte mitten im Satz. Dann sagte sie: „Gott sei Dank. Wer ist da?“
„Jackson Rand.“
„Jackson.“ Die Erleichterung in ihrer Stimme war nicht zu überhören. „Hier spricht Kathleen Wallingford, Rebeccas Mutter. Ist Rebecca da?“
„Nein.“ Jackson ging in die Küche und schaute durch das Sichtfenster der Hintertür nach draußen, aber der Hof war genauso menschenleer wie das Haus.
„Ich bin eben nach Hause gekommen, aber ich kann sie nicht finden.“
„Sie können sie nicht finden?“ Ihre Stimme war vor Sorge scharf geworden. „Was meinen Sie damit?“
„Genau das, was ich sage. Als ich nach Hause kam, war das Haus dunkel. Ihr Auto steht auf dem Hof, aber Rebecca ist nicht da.“
„Oh, Gott.“ – Jetzt schwang Angst in der Stimme mit. „Wir haben heute Nachmittag miteinander telefoniert, da war sie sehr aufgebracht, und irgendwann hat sie einfach aufgelegt. So etwas hat sie noch nie gemacht. Rebecca ist normalerweise ruhig und besonnen, das passt gar nicht zu ihr. Seitdem versuche ich, sie zu erreichen, aber es nimmt niemand ab. Und jetzt können Sie sie nicht finden? Ich sterbe vor Sorge.“
Jackson ging es nicht anders, aber er wollte Rebeccas Mutter nicht noch mehr beunruhigen. „Es gibt wahrscheinlich keinen Grund, sich Sorgen zu machen, Mrs.
Wallingford. Vielleicht ist sie ja im Stall oder sie ist mit irgendwem zum Abendessen in die Stadt gefahren1. Ich werde draußen nachsehen und dann ein paar Erkundigungen einziehen. Sobald ich sie gefunden habe, meide ich mich bei Ihnen.“
„Vielen Dank, Jackson.“
„Nichts zu danken.“ Er wollte gerade auflegen, als sie ihn aufhielt.
„Aber rufen Sie mich auch an, wenn Sie sie nicht finden, ja? Ich kann ohnehin nicht schlafen, bevor ich etwas weiß.“
„Hören Sie, ich melde mich in einer halben Stunde wieder bei Ihnen, geben Sie mir nur noch rasch Ihre Nummer.“
Rebecca fror. Sie lag zusammengerollt auf dem nackten Erdboden, den Sattel als Kissen unterm Kopf und zugedeckt mit der kratzigen Pferdedecke. Als sie einen Blick auf die Uhr warf, musste sie die Augen zusammenkneifen, um die kleine Digitalanzeige im schwachen Mondlicht erkennen zu können: Zwei Uhr morgens.
Das hieß, dass sie sich noch mindestens drei weitere Stunden gedulden musste, bevor es hell genug war, um loszureiten. Sie wandte den Kopf und schaute auf Sadie, die sie ein paar Meter weiter an einem Baum festgebunden hatte. Die Stute, die auf dem linken Hinterbein lahmte, verlagerte ihr Gewicht. Rebecca hoffte, dass sich das Pferd keine ernsthafte Verletzung zugezogen hatte, als es am steinigen Abhang einer Schlucht den Halt verloren hatte und abgerutscht war.
Nur Rebeccas beherztes Eingreifen hatte es verhindern können, dass die Stute stürzte, dafür war sie selbst kopfüber aus dem Sattel geflogen. Aber zum Glück hatte sie außer einem Schreck und ein paar Schürfwunden nichts abbekommen.
Sie überlegte, wann Jackson wohl nach Hause gekommen sein mochte und ob er sie überhaupt schon vermisste. Falls die Jungs erst um zehn Uhr abends
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