Ein Leben voller Liebe
nicht, dass Sie so zeitig aufbrechen würden.
Wahrscheinlich sind Sie nicht mehr in der Nähe des Krankenhauses.«
»Ich bin daheim, aber Ihr Anruf kommt nicht ungelegen«, versicherte sie, um ihn nicht abzuschrecken. »Haben Sie es sich wegen dieses Zusammentreffens anders überlegt?«
Er zögerte. »Ich habe mich noch nicht entschieden.
Vorher wollte ich mit Ihnen über meine Brüder sprechen.
Die beiden sind Ihre Freunde, wie Sie sagten. Ich hoffte, Sie könnten mir etwas über sie erzählen.«
Alex sah ihn vor sich, wie er in seinem Bett saß und den Hörer fester als sonst ans Ohr presste.
Sie hatte keine Ahnung, wie er seine Brüder gefunden hatte und wieso sie überhaupt getrennt worden waren. Sie wusste nur, dass die Eltern der Malone-Brüder starben, als die Kinder noch sehr jung gewesen waren.
Mit dem schnurlosen Telefon am Ohr setzte sie sich auf das Sofa. Auf der Messingtruhe, die als Tisch diente, lagen Farbproben, Gartenmagazine und Kinderbücher, die sie am Donnerstag in die Bibliothek zurückbringen wollte. Sie stellte die nackten Füße auf die Kante der Truhe.
»Was wollen Sie wissen?«
»Alles, was Sie mir zu erzählen bereit sind.«
»Was wissen Sie überhaupt von Ihren Brüdern?«
»Wo sie zur Schule gingen und welche Berufe sie aus
üben.
Ryan ist Witwer und heiratete vor kurzem. Das findet jeder Detektiv heraus«, fügte er hinzu und verriet damit, woher er diese Informationen hatte. »Von Ihnen möchte ich etwas anderes wissen. Sie sprachen von… Ähnlichkeiten.«
»Die sind tatsächlich vorhanden. Vermutlich haben Sie keine Fotos gesehen?«
»Keine aus der jüngsten Vergangenheit. Ich kenne nur ein Zeitungsfoto von Ryan. Er erschien zu einem Artikel über das finanzielle Problem, das Sie erwähnten. Es war nicht aufschlussreich.«
Sie zog das Nachthemd über die Knie hinunter. »Sie alle haben dunkles Haar und blaue Augen. Sie und Ryan haben den gleichen… Knochenbau.« Da sie beruflich Abstand zu diesem Mann halten musste, konnte sie nicht von dem gleichen schlanken Aussehen sprechen.
»Noch etwas?«
»Nun… es geht um Eigenschaften.«
»Welche Eigenschaften?«
Alex überlegte. »Wie ehrlich soll ich sein?«
»Ich weiß nicht, ob mir diese Frage gefällt.«
»Sie sind mein Patient. Ich will Sie nicht beleidigen«, räumte sie ein.
»Soll das heißen, Sie wollten mich beleidigen, wäre ich nicht Ihr Patient?«
Bei der scherzhaft gemeinten Frage bekam sie Herzklopfen.
Die Stimme dieses Mannes wirkte wie sehr alter Weinbrand glatt, verführerisch und geeignet, einer Frau jegliche Hemmung zu nehmen.
»Es soll genau das heißen, was ich sagte«, erwiderte sie leise.
Vermutlich hatte er Frauen bisher nur in kostbarer Seide gesehen und nicht in einem knielangen T-Shirt, in dem sie nachts schliefen.
»Ich bin nicht leicht beleidigt.«
»Nun, Sie und Tanner haben einen gewissen Zynismus gemeinsam.« Er übertraf Tanner darin allerdings bei weitem.
»Ryan kann charmant, aber auch so stur wie Sie sein.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich halte sehr viel von Ihren Brüdern. Sie sind großzügig und großherzig. Aber Sie haben nach Ähnlichkeiten gefragt.«
»Und Sie haben mir entsprechend geantwortet. Haben Sie Familie?« erkundigte sich Chase.
»Wie bitte?«
»Ob Sie Familie haben«, wiederholte er. »Eltern? Geschwister?«
»Ich bin ein Einzelkind, und meine Eltern leben noch.«
»Ihre leiblichen Eltern?«
»Ja«, bestätigte sie nach kurzem Zögern und ahnte, worauf er hinauswollte. »Haben Sie Geschwister?«
»Erst seit zwei Monaten.«
Er berichtete, dass er schon vor vier Monaten herausgefunden hatte, dass er adoptiert worden war. Der Privatdetektiv hatte jedoch so lange gebraucht, um herauszufinden, wer seine leiblichen Eltern waren und dass James und Cecilia Malone noch mehr Kinder gehabt hatten.
Chase sagte nichts über seine Adoptiveitern. Entweder wollte er sie schützen oder nicht an sie denken. Alex hatte das Gefühl, dass Letzteres zutraf. Daher fragte sie nicht, wie er hinter das Geheimnis seiner Adoption gekommen war.
»Ich kann mir Ihre jetzige Lage nicht vorstellen«, räumte sie ein. »Ich weiß nicht, wie es ist, Geschwister zu haben. Ich weiß auch nicht, wie ich mich fühlen würde, hätte ich entdeckt, dass meine Eltern nicht wirklich meine Mom und mein Dad sind. Obwohl sie wunderbare Menschen sind, würde ich mich wahrscheinlich betrogen fühlen, weil sie mir etwas verschwiegen haben.«
»Ja«, meinte er leise, »das Wort betrogen
Weitere Kostenlose Bücher