Ein Leben voller Liebe
näher. »Sie weicht der Frage aus.«
»Was du nicht sagst.«
Die beiden hatten Recht. Sie wollten wissen, was Alex bei Chase empfand. Das Problem war, dass sie bei ihm gar nichts empfinden wollte.
»Sagen wir, er ist als Patient schwierig«, räumte Alex ein. »Er gönnt sich keine Ruhe, und er nimmt keine Anweisungen entgegen.«
»Jetzt wissen wir, was du von ihm als Patient hältst«, stellte Ronni fest. »Danach haben wir aber nicht gefragt.
Wie findest du ihn als Mann?«
»Ich will ihn nicht als Mann sehen.«
»Weil er dein Patient ist?« fragte Kelly verdächtig harmlos.
»Oder weil er zufällig eine sagenhaft männliche Ausgabe eines Malone ist und dir unter die Haut geht?«
»Hast du nicht behauptet, du hättest ihn noch nicht kennen gelernt?« fragte Alex.
»Stimmt.« Kelly lächelte. »Aber ich habe Fotos von ihm gesehen, und jedes weibliche Wesen im Krankenhaus unter hundert redet über ihn. Also, was läuft?«
»Gar nichts.« Zumindest nichts, das Alex in Worte fassen konnte. »Sicher, er sieht sagenhaft aus, und er ist nicht so unangenehm, wie ich zuerst annahm. Er ist ein komplizierter Mensch, in dessen Leben im Moment viel passiert. Das bedeutet aber nicht, dass er mich über seine Eigenschaft als Patient hinaus interessiert. Und selbst wenn er sich für mich interessieren sollte, was ich nicht glaube, wollte ich nichts mit ihm zu tun haben. Er geht ohnedies in wenigen Tagen.«
Kelly und Ronni sagten zwar nichts, nickten einander jedoch viel sagend zu, weil Alex zu heftig protestiert hatte.
»Er geht für mindestens drei Monate nirgendwohin«, erklärte Ronni lässig. »Ryan hat für ihn den Pembroke-Besitz gemietet.«
»Er will auf dem Pembroke-Besitz wohnen?«
»Das Haus steht leer, seit die Ratte Axel Pembroke mit den Stiftungsgeldern untertauchte. Der Besitz gehört der Stiftung, und alle sind froh, dass Chase Harrington ihn für einige tausend Dollar im Monat mietet. Axels persönliche Sachen wurden entfernt, und die Schlösser wurden ausgetauscht, aber die Möbel sind noch da.«
»Im Haus sollen sich viele Kunstgegenstände befinden«, warf Kelly ein.
»Stimmt«, bestätigte Ronni. »Aber die wertvollsten Stücke und zwei Großfernseher wurden schon verkauft.«
Alex sah auf die Uhr. In fünf Minuten begannen ihre Termine.
Zum Glück war die Praxis nur drei Minuten entfernt.
»Er bleibt in Honeygrove?«
Diesmal war Ronni mit dem Bezahlen an der Reihe. Sie griff nach der Rechnung, holte die Kreditkarte aus der Brieftasche und sah Alex verwirrt an. »Ich dachte, das wüsstest du. Schließlich hast du Chase erklärt, dass er eine mehrmonatige Therapie braucht, und die will er hier machen lassen. Er interessiert sich auch für das alte Taylor-Gebäude auf der anderen Straßenseite.
Wahrscheinlich hat er es vom Fenster aus gesehen. Es steht seit einem Jahr leer. Er möchte es niederreißen und Arztpraxen bauen lassen.«
Alex hatte angenommen, Chase würde so bald wie möglich nach Seattle zurückkehren. Blieb er jedoch in Honeygrove, kam ihm das zugute. Die physiotherapeutische Betreuung im Krankenhaus war ausgezeichnet.
Als Alex mit ihren Freundinnen das Restaurant verließ, wusste sie nicht, ob das Ziehen in der Magengrube von Sorge oder Vorfreude kam. Doch sie kam vorerst nicht zum Nachdenken.
Nach der Arbeit holte sie Tyler und Brent, der jetzt bei ihr wohnte, ab, versorgte beide mit Essen und allem anderen und arbeitete sich dann durch zwei Krankengeschichten der für morgen angesetzten Operationen. Falls ihr danach noch Zeit blieb, wollte sie sich einen Film über eine neue Operationstechnik bei Knochenbrüchen ansehen. Außerdem wartete ein Berg Wäsche auf sie.
Alex schlief nach zehn Minuten des Films ein. Die Wäsche hatte sie nur zur Hälfte erledigt. Weil sie die weißen Sachen dringend brauchte, warf sie die Ladung am nächsten Morgen in die Maschine. Sie trieb Tyler zur Eile an und half Brent, den Arm mit der Schlinge abzustützen.
Danach scheuchte sie die beiden in die Garage.
Bestimmt konnte sie auch heute den Zeitplan nicht einhalten, aber sie wollte es wenigstens versuchen. Zuerst musste sie Tyler absetzen, danach Brent. Ihr neuester Gast hatte einen langen Tag mit Therapie vor sich. Mittags konnte er im Therapiezentrum essen und sich dabei mit den Freunden treffen, die er auf der Chirurgie kennen gelernt hatte.
Sofern die Operationen glatt liefen, wollte Alex mittags Tyler beim Essen Gesellschaft leisten. Nachmittags hatte sie in ihrer Praxis vier
Weitere Kostenlose Bücher