Ein Leben voller Liebe
Diese schlichte und direkte Frage war typisch für Chase.
»Weil ich schwanger wurde und er kein Kind geplant hatte.«
»Geplant?«
»Matt und ich wollten nach meiner Facharztausbildung heiraten und zusammen mit zwei Freunden eine Praxis eröffnen«, erklärte sie. »Dafür braucht man viel Geld und einen genauen Plan. Als ich schwanger wurde, wollte Matt keinesfalls, dass ich das Kind behalte.«
»Mochte er keine Kinder?«
»Daran lag es nicht. Für später hatten wir welche geplant. Ein Kind hätte uns zu diesem Zeitpunkt zu viel Geld und Zeit gekostet. Er wollte seine Pläne nicht verschieben.«
Alex erzählte Chase nicht, wie verzweifelt sie gewesen war.
Matt hatte behauptet, sie zu lieben, aber sie würde ihre gemeinsame Chance zerstören. Das hatte sie dermaßen getroffen, dass sie ihm nicht einmal vorhielt, dass sie schließlich nicht von allein schwanger geworden war.
»Was haben Sie gemacht?« fragte Chase.
»Ich unterbrach meine Facharztausbildung nach sieben Monaten. Ein Chirurg, der viel von mir hielt, half mir, eine Stelle in einem anderen Krankenhaus zu bekommen. Nach Tylers Geburt vollendete ich dort die Ausbildung. Meine Eltern kümmerten sich in der Zeit um meinen Sohn. Das scheint schon Ewigkeiten her zu sein«, fügte sie leise hinzu.
»Ach, hallo, Frau Doktor! Ich wusste nicht, dass Sie noch hier sind.«
Bei Klang der Stimme blickte Chase stirnrunzelnd zu der Schwester, und Alex wich von seinem Bett zurück.
»Mr. Harrington wollte ins Solarium.« Die Schwester schob einen Rollstuhl näher. »Ich lasse ihn hier stehen und komme später wieder. Ich muss ohnedies noch einen Bademantel holen.«
»Nehmen Sie ihn gleich mit.« Alex nahm die Unterlagen vom Bett. »Wir sind schon fertig.«
»Abgesehen von der Geschichte mit der Versicherung«, sagte Chase, während die Schwester wegen des Bademantels hinauseilte.
»Abgesehen davon.«
Chase hatte versteckt angedeutet, dass Matt daran schuld war, dass sie alles selbst in die Hand nehmen wollte.
Vermutlich stimmte das auch, doch es war nicht weiter wichtig. Chase wollte sich beschäftigen. Und wenn es ihm half, sich die Zeit zu vertreiben, indem er sich um ihre Angelegenheiten kümmerte, war ihnen beiden gedient.
»Wenn es Ihnen wirklich nichts ausmacht«, lenkte Alex ein, »wäre ich Ihnen sehr dankbar.«
Morgen würde sie nicht ins Krankenhaus kommen, aber sie wollte ihm telefonisch die Nummer ihres Versicherungsagenten durchgeben und den Agenten anweisen, sich mit Chase in Verbindung zu setzen.
Gleich darauf kam die Schwester wieder ins Zimmer, und Alex eilte den Korridor entlang und winkte Tanner zu, der zum Büro seines Bruders ging. Und sie bemühte sich, nicht daran zu denken, wie sehr sie Chase morgen vermissen würde.
Am Montag schaffte Chase es schon aus eigener Kraft auf Krücken bis ins Solarium. Alex hatte ihn noch nicht mit Krücken gesehen. Als sie den Raum betrat und der Schwester zulächelte, die einen älteren Patienten hinausführte, saß Chase an einem der beiden Spieltische an den Fenstern. Von hier aus blickte man auf den Park.
Er trug noch die Kleidung, die er für die therapeutischen Übungen angezogen hatte, ein grünes Krankenhaus-T-Shirt und eine Jogginghose. Das verletzte Bein hatte er auf einen Stuhl gelegt. Vor ihm auf dem Tisch lag eine Ausgabe der London Financial Times.
Außer ihnen hielten sich nur noch zwei Personen im Raum auf. Alex achtete nicht auf sie, sondern setzte sich Chase gegenüber und betrachtete die Krücken, die er gegen einen Ficus gelehnt hatte.
»Sie brauchen mich nicht zu ermahnen, es langsam anzugehen«, sagte er, bevor sie etwas sagte. »Ich komme gut zurecht.«
»Das habe ich schon gehört.« Sie legte die Hände auf die Tischfläche, in die ein Schachspiel eingelassen war.
Abgesehen von einer Sandwich-Pause zu Mittag hatte sie den ganzen Tag operiert. Es tat gut, endlich zu sitzen.
»Ich habe vorhin mit Mike gesprochen. Er kann gar nicht glauben, welche Fortschritte Sie gemacht haben. Ich habe gute Neuigkeiten für Sie.«
Er lächelte nicht wie erwartet. »Ich kann leider von mir nicht das Gleiche behaupten.«
»Haben Sie mit dem Sachverständigen gesprochen?«
fragte Alex voll böser Vorahnungen.
»Sogar zwei Mal.« Er beugte sich vor und stützte sich wie sie auf den Tisch. »Ich hebe mir die guten Neuigkeiten immer bis zuletzt auf. Darum sprechen wir zuerst über Sie.
Wie hätten Sie es denn gern? Direkt heraus oder vorsichtig verbrämt?«
Im Moment fühlte sie sich
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