Ein Leben voller Liebe
Schaumbad aus ihrem Tagtraum. Doch jetzt sah sie ein gut geschnittenes Gesicht vor sich und blaue Augen, die ihr auf den Grund der Seele zu blicken schienen.
Sie konnte nur an Chase denken und daran, wie er ihre Brust berührt hatte. Und an die Sanftheit, mit der er die Kratzer an ihrem Arm untersucht hatte.
Rasch griff sie nach einem Waschlappen. Sie wollte sich nicht zu Chase hingezogen fühlen. Das erinnerte sie nur an Bedürfnisse, die sie in sich verschlossen hatte. Sie wünschte sich jemanden, mit dem sie offen reden und auf den sie sich verlassen konnte. Jemanden, der nicht eine Beziehung aufkündigte, weil nicht alles nach seinen Vorstellungen lief.
Chase redete offen mit ihr, jedoch mehr aus Notwendigkeit und Frust und weniger aus dem Wunsch nach Nähe heraus. Er wollte sich auf niemanden verlassen und schon gar nicht jemanden brauchen.
Hätte sie für ihn so empfinden können wie für seine Brüder, wäre alles in Ordnung gewesen.
Das Telefon klingelte in der Küche. Seufzend trocknete Alex die Hände an einem geliehenen Handtuch ab, weil sie die eigenen vergessen hatte, und eilte in die Küche.
Das schnurlose Telefon war unterhalb der Hängeschränke mit Glastüren angebracht. In den Arbeitsflächen aus wei
ßem Granit spiegelte sich die Herdbeleuchtung. Die Messingtöpfe, die über der Arbeitsinsel hingen, funkelten.
»Dr. Larson«, meldete sie sich.
»Habe ich Sie geweckt?«
»Nein«, versicherte sie, als sie Chases tiefe Stimme hörte.
»Wieso schlafen Sie nicht?«
»Weil ich nicht müde bin. Könnten Sie vielleicht in das Büro gehen, das meine Sekretärin eingerichtet hat? Ich würde morgen früh eine Akte mit der Aufschrift ZyTex brauchen.«
»Soll ich gleich nachsehen?« fragte sie und massierte wieder die Schläfe.
Die Suche nach der Akte war keine große Sache. Sie konnte das Telefon mitnehmen und sich mit Chase unterhalten.
»Ich will Sie nicht von Ihrer derzeitigen Tätigkeit abhalten.
Wenn Sie die Akte einfach ins Krankenhaus mitbringen könnten. Wie ist das Haus?«
Alex lehnte sich gegen die Theke. »Groß«, erwiderte sie.
»Ich weiß nicht, was Ryan oder Ihre Sekretärin Ihnen erzählt haben.
Falls es Ihnen auf viel Platz ankommt, haben Sie hier mehr als genug.«
»Ich meinte, wie das Haus für Sie und die Jungen ist.«
Mit dieser fürsorglichen Frage hatte sie nicht gerechnet.
Sie wollte auch nicht, dass sich jemand um sie sorgte. In ihrem derzeitigen Zustand war das viel zu verführerisch.
»Alex?«
»Es ist perfekt«, versicherte sie. »Ich bin Ihnen so dankbar…«
»Das will ich nicht hören. Mir ging es nur darum, dass Sie gut untergebracht sind und alles haben, was Sie brauchen. Falls ein Problem auftaucht, sagen Sie es mir. Ich rufe dann Gwen an, und sie erledigt das.«
Die Vorstellung, dass er seine Sekretärin, die aus Seattle gekommen war, anrief, damit sie die Handtücher besorgte, die Alex vergessen hatte, entlockte ihr ein Lachen. Es hörte sich allerdings fast wie Schluchzen an.
»Hey, alles in Ordnung?« fragte er leise.
Der sanfte Klang seiner Stimme nahm die Verspannung in ihren Schultern und brachte sie dazu, die Augen zu schließen.
Obwohl Chase sie nicht sehen konnte, schüttelte sie den Kopf.
Nichts war in Ordnung. Als er ihr den Schüssel in die Hand gedrückt und erklärt hatte, dass sie nun quitt waren, hatte sie schon verstanden. Er wollte keine persönlichen Verpflichtungen, keine Bindungen. Noch vor wenigen Minuten hatte sie sich selbst daran erinnert. Trotzdem wirkte er jetzt auf sie wieder anziehend.
»Es geht mir gut«, versicherte sie, weil sie schon Schlimmeres überstanden hatte. Es war nur Müdigkeit, und dagegen half Schlaf.
Chase schwieg lange, ehe er sagte: »Ruhen Sie sich aus, Alex.«
7. KAPITEL
»Haben Sie die Unterlagen gleich gefunden?« fragte Chase und legte die ZyTex-Akte beiseite.
»Auf dem Schreibtisch lagen nur drei Akten, diese ganz oben«, erwiderte Alex. »Brauchen Sie noch mehr aus dem Haus?«
Er ließ den Blick über ihre erdfarbene Hose und das weiße T-Shirt gleiten. Das kurze, seidige Haar hatte sie aus dem Gesicht zurückgekämmt. Die dunklen Augen wirkten dadurch besonders groß. Der üppige Mund schimmerte sanft. Heute Morgen waren allerdings auch die Ringe unter den Augen ausgeprägter als sonst.
»Danke, das war alles«, erwiderte er. Dabei brauchte er die Akte gar nicht. Deshalb hatte er ein schlechtes Gewissen.
Es war Samstag, und Alex war nur seinetwegen ins Krankenhaus gekommen. Bei
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