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Ein leises boeses Fluestern

Ein leises boeses Fluestern

Titel: Ein leises boeses Fluestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodus Carroll
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was? Er trägt ein Band anstelle einer Krawatte.«
    »Du willst mich zum besten halten«, meinte Max ruhig.
    Clarissa schoß ihm einen Blick zu, hinter dem sich Verzweiflung versteckte. »Sie sind solche Besserwisser. Ich komme mir ihnen gegenüber immer dumm vor. Und sie werden böse, wenn ich ohne sie etwas unternehme.« Sie seufzte schwer und wischte sich den Schweiß vom Nacken. »Schließlich gehöre ich ihnen doch nicht.«
    Max sah den goldenen Flaum auf ihren gebräunten Armen und Beinen. Feuchte Haarsträhnen kräuselten sich an ihren Schläfen und ihrem Hals. Sie trug ein pfirsichfarbenes Baumwollkleid und schmutzige weiße Sandalen. Bei einer war der Schnürsenkel gerissen und unordentlich zusammengeknotet worden. Er fühlte Zärtlichkeit in sich aufsteigen, und er wünschte verzweifelt, ein Gefühl mit ihr teilen zu können, das ihm plötzlich ganz klar zu sein schien.
    »Du darfst niemandem gehören, Clarissa. Du mußt dich immer bemühen, niemandem zu gehören als dir selbst.«
    »Wie machst du das?«
    »Leicht ist es nicht.«
    »Kannst du es mir beibringen?«
    »Nein«, antwortete Max. »Ich kann es selbst nicht besonders gut.«
    »Nun, jedenfalls hat ihr Vater sie nichts anderes gelehrt als Mathematik und andere langweilige Dinge, die man auf eine Tafel schreibt. Ich frage dich: Wieviel kann man schon auf eine Tafel schreiben? Sie zeichnen nicht einmal Bilder.«
    Clarissa fächelte ihre Knie mit ihrem Rock, so daß man ihr rosa Höschen sah. »Mir ist heiß«, stellte sie fest. »Laß uns ins Haus gehen, wo es kühl ist.«
    »Gute Idee«, sagte Max und stand auf.
    »Hast du eine solche Hitze schon einmal erlebt?« Clarissa stellte den Glaskrug in den Schubkarren. »Sie sagen, es war einmal so heiß wie dies Jahr, als sie noch klein waren.« Sie sah über die vom Rasen aufsteigenden Hitzeschwaden zum Haus hin. »Natürlich ist das schon sehr lange her.«
    »Vielleicht glauben sie nur, es sei damals genauso heiß gewesen. Sie können sich auch irren.«
    »Nein«, sagte Clarissa. »Ich hab’s dir schon mal gesagt. Sie irren sich nie. Man kann sich darauf verlassen.«

 
XIV
     
     
    Am Abend aßen sie kalten Fasan und Tomaten-Aspik. Louise deckte den Tisch mit einem frischen Leinentuch, Mrs. Stackpoles blau und weißem Meißener Porzellan und schimmernden Silberbestecken. Sie suchte im Küchenradio eine Sendung mit schmeichelnder Musik, und es war schön, wie sie alle drei zusammensaßen und der Musik lauschten. Max machte Louise ein Kompliment über ihre Kochkünste, und Louise, jetzt wieder in bester Stimmung, strahlte.
    Louise ging früh zu Bett. Die Hitze des Tages hatte sie müde werden lassen. Aber keine Stunde später kehrte sie in die Küche zurück, ein Baumwolltuch über ihrem geblümten Nachthemd, und bestand darauf, auch Clarissa müsse zu Bett gehen. »Du wirst bei dieser Hitze wieder krank werden, wenn du nicht die nötige Ruhe bekommst«, meinte sie.
    »Ich habe ja gar nichts zu tun«, beklagte sich Clarissa. »Ich tue den ganzen Tag nichts anderes als ausruhen. Ich brauche nicht so früh schlafen zu gehen.«
    »Nun gut, dann bleib allein hier in der Küche sitzen. Max geht heute abend aus.«
    Das Kind starrte Max an. »Wohin?«
    »Aus«, antwortete Max. »Ich will mir ein Baseballspiel ansehen und mich mit jemandem treffen.«
    »Mit wem?«
    »Mit meinem jüngeren Bruder. Ich habe ihn lange Zeit nicht mehr gesehen.«
    »Oh!« rief Clarissa. »Ich wußte gar nicht, daß du einen Bruder hast. Kann ich mit dir kommen?«
    »Für dich ist es Zeit, ins Bett zu gehen«, stellte Max ärgerlich fest.
    »Ich dachte, wir wären Freunde.« Clarissas blaue Augen flammten.
    »Wir sind gute und treue Freunde, aber es ist trotzdem für dich Zeit, ins Bett zu gehen.«
    Clarissa glättete ihre zerknitterte Bluse. »Ich weiß. Freunde gehören sich nicht. Man darf nur sich selbst gehören.«
    Louise gähnte. »Nun mach, Fräulein. Ich bin todmüde, und das bist du bestimmt auch.«
    Clarissa ging zur Tür. »Max, wenn du morgen Zeit hast, erzählst du mir dann von dem Baseballspiel und allem? Ich möchte es genau wissen. Wirst du mir von deinem Bruder erzählen?«
    »Ja, ich erzähle es dir.«
    »Benutzen sie Flutlicht auf dem Spielfeld?«
    »Ja. Es ist hell wie am Tag.«
    Louise schlurfte in die Diele. »Nun komm, Clarissa«, forderte sie ungeduldig. »Du bist heute abend mal wieder nur aus Fragen zusammengesetzt.«
    Louise und Clarissa stiegen die Treppe hinauf.
    Max duschte, zog ein frisches Hemd und

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