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Ein leises boeses Fluestern

Ein leises boeses Fluestern

Titel: Ein leises boeses Fluestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodus Carroll
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Zeitlang zu bleiben?«
    »Ja.«
    »Aber er wollte nicht?«
    »Er wollte sich lieber auf den Weg machen.«
    »Er hat mir gefallen, auch wenn er sich über mich lustig gemacht hat. Aber ich bin froh, daß er nicht geblieben ist.«
    »Warum?«
    »Weil sie ärgerlich sind.«
    Max schloß die Augen und fühlte den warmen Regen auf seinem Gesicht und seinen Augenlidern.
    »Es war ihnen nicht recht, daß ihr in ihrem Teich geschwommen seid.«
    »Hast du Angst?«
    »Nein«, behauptete sie. »Aber jetzt wollen sie nicht mit mir sprechen. Manchmal sind sie still, wenn Leute Dinge tun, die sie nicht haben wollen.«
    Max fühlte einen Druck auf seiner Brust. Hinter den geschlossenen Lidern, auf die der Regen fiel, sah er – es war verrückt! – eine Überfülle leuchtender, sonnenbeschienener Blumen, und mitten darin ein rotsilbernes Motorrad, und der Fahrer, eine frische Brise in seinem Rücken, nahm fröhlich seinen Weg durch die Blumenwiese …
    »Geh ins Haus, Clarissa«, sagte er und öffnete die Augen. »Du wirst dir eine Erkältung holen.«

 
XVIII
     
     
    In diesen Tagen Ende Juni wurde die Hitze um die Mittagszeit erdrückend. Max stand früh auf, um in den Gärten zu arbeiten und das Gras auf dem Rasen hinter dem Haus zu schneiden. Außerdem besorgte er Louises Kräutergarten. Der Lavendel blühte, und die Morgenluft vibrierte vom Summen der Bienen. Durch die zugehakte Fliegendrahttür der Küche hörte er, wie Louise Töpfe und Bestecke spülte und Bruchstücke irischer Melodien summte. Max fragte sich, wie ihr Leben außerhalb dieses Hauses sein mochte. Es würde sein wie ihr Garten, dachte er, sauber und ordentlich.
    Er fütterte die Goldfische im Teich. Ihre blaß orangefarbenen Lippen durchstießen die Wasseroberfläche, um die Krumen aufzuschnappen, die er ihnen hinstreute. Nach einer Weile knallte die Fliegendrahttür zu. Clarissa kam über den Rasen, einen kleinen Kasten in den Armen.
    »Sieh mal, was ich gefunden habe«, sagte sie.
    »Dein Gesicht ist schmutzig«, bemerkte Max nicht unfreundlich.
    »Ich habe rumgekramt, wo es ziemlich staubig war.«
    Er starrte sie an. Clarissa drückte den Kasten an sich und lächelte.
    »Komm, wir setzen uns in den Schatten«, schlug Max vor. »Dann kannst du es mir zeigen.«
    Sie setzten sich unter die Hartriegelbäume in der Nähe des Wurzelkellers.
    »Wo hast du rumgekramt?«
    »Nicht im Wurzelkeller. Deshalb brauchst du dir keine Sorgen zu machen.«
    »Ich mache mir ja keine Sorgen.«
    »Ich habe aber gesehen, wie du nach dem alten Wurzelkeller hingeschielt hast, als hätte ich dort eine Leiche ausgegraben oder so etwas.«
    Er fühlte, wie seine Kehle trocken wurde. »Wo hast du rumgekramt, Clarissa?«
    »Im Haus.« Sie kicherte. »Ehrlich. Ganz zufällig bin ich gegen die Wandtäfelung im Flur unter der Treppe gestoßen, und da löste sich eins der Bretter. Ich wollte nicht, daß Louise das erfuhr, aber als ich versuchte, das Brett wieder anzubringen, öffnete sich die Wandtäfelung wie eine Tür.«
    »Hat sie dich gehört?«
    »Nein.« Clarissa pustete Staub von den Scharnieren des Kastens. »Ich bin auf Zehenspitzen an die Küchentür gegangen, und da putzte sie Silber, und dann schloß ich die Dielentür, und sie konnte nichts hören.«
    »Laß mal den Kasten sehen.«
    »Er ist richtig wie eine kleine Truhe.« Sie reichte ihm den Kasten. »Der Deckel ist gewölbt wie bei der Schatztruhe von einem Kapitän. Nur ist diese hier viel kleiner. Sie ist aus Leder, glaube ich, und das Schloß ist ganz schwarz, aber wir könnten es putzen.« Ihre Augen versprühten blaues Feuer. »Ist das nicht aufregend?«
    »War der Kasten verschlossen?«
    »Ja. Ich habe ihn jedoch leicht aufgekriegt, wo doch das Schloß schon so alt ist.« Sie schüttelte ihr langes Haar vom Hals. »Als sich die Wandtäfelung wie eine Tür öffnete, erkannte ich, daß sich unter der Treppe ein großer Raum befindet. Aber es war dunkel. Deshalb holte ich mir Streichhölzer aus dem Klo im Erdgeschoß. Du hättest es sehen müssen, richtig wie eine verborgene Höhle. Die Streichhölzer gaben genügend Licht. Die Truhe war im Schmutz halb vergraben, und alles roch muffig und tot und kalt. Irgendwie naßkalt, gerade wie die untere Veranda. Deshalb habe ich die Truhe ganz schnell ausgegraben.«
    »Was ist drin in dem Kasten?«
    »Briefe. Mach mal auf.«
    In der Truhe lagen drei Bündel Umschläge, jedes mit einem dunklen Band zusammengebunden.
    »Nimm sie heraus«, sagte Clarissa. »Darunter liegen zwei

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