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Ein leises boeses Fluestern

Ein leises boeses Fluestern

Titel: Ein leises boeses Fluestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodus Carroll
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Verantwortung übertragen. Und ich bleibe bei Max.«
    Louise fuhr heftig auf: »Du wirst mit mir dahingehen, wo ich sicher bin, daß dir nichts zustoßen kann.«
    »Ich bin sicherer, wenn ich nicht mit dir zusammen bin.« Um Clarissas Mund grub sich ein Zug kalter Entschlossenheit ein. »Irgendwann wirst du nachts das Haus niederbrennen. Irgendwann wirst du dich an dem Sherry, den du in deinem Schlafzimmer versteckt hältst, betrinken, und mit den Streichhölzern, die du ansteckst, wenn du nachts durch die Gänge schleichst, wirst du uns alle zu Tode brennen.«
    Louise trat einen Schritt vor und schlug Clarissa hart ins Gesicht. Die Frau zitterte, ihre grauen Locken tanzten, ihr Gesicht war rot, und ihre Augen waren stumpf vor Wut. »Gott möge dir vergeben!« schrie Louise. Sie ballte die Hände zu Fäusten, als Max sie am Arm packte.
    Clarissa rannte die Treppe hinauf und knallte ihre Schlafzimmertür zu.
    Es war ganz still. Durch die untere Veranda und die Fliegendrahttür fiel gedämpftes Licht. Sonnenstäubchen tanzten. Max wollte Louises Schulter berühren, doch sie entzog sich ihm mit einer ruckartigen Bewegung und wandte sich zur Treppe.
    »Ich packe«, verkündete sie mit dem Rücken zu ihm. »Telefoniere nach dem Bus-Fahrplan.«
    Max hörte ihre schweren Schritte auf dem oberen Flur. Sie wurden leiser, als sie die Stufen zu ihrem Zimmer hinaufgestiegen war. Dann herrschte wieder Stille im Haus. Draußen sangen die Vögel in der sommerlichen Dämmerung. Vorsichtig stieß Max mit dem Fuß gegen die Wandtäfelung unter der Treppe, gegen das lose Brett, das er festgenagelt hatte. Die Geheimtür öffnete sich nicht.
    Seine Angst vor dem, was geschehen konnte, wurde immer größer. Er fühlte sich hilflos und unsicher. Er glaubte Clarissa. Es war unmöglich, daß das Mädchen selbst die Holzmalerei in ihrem Schlafzimmer verunstaltet hatte. Seine Gedanken wirbelten durcheinander. Er hatte Kopfschmerzen. Clarissas Eltern würden nach Hause kommen, wann es ihnen paßte. Louise faßte seine Besorgtheit um Clarissa falsch auf und stellte sich gegen ihn. Und Clarissa – o Gott, wie konnte er sie schützen? Was konnte er tun, um sie von ihnen fernzuhalten? Wie konnte er ständig in ihrer Nähe sein?
    Max ging nach draußen zu den Azaleen, die er vorhin begossen hatte. Er rollte den Gartenschlauch auf und hing ihn in großen Schlingen an den Wasserhahn in der Wand.
    Das Haus war schön im sommerlichen Zwielicht. Seine Umrisse verschwammen. Es zeigte einen weichen, weißen Schimmer. In der hereinbrechenden Dämmerung flatterten die Ringeltauben auf dem Schieferdach. Die Blutbuchen schienen schon zu ahnen, daß irgendwann wieder der Herbst näherkam. Mit lautem Gekrächz flogen die Krähen auf, als Arnold Clovers Lieferwagen in die Zufahrt einbog.
    Arnold lehnte sich aus dem offenen Fenster und bewegte den Arm in einem müden Winken. »Wo hast du die ganze Zeit gesteckt?«
    »Ich habe gearbeitet. Es gibt auf diesem Grundstück viel zu tun.«
    »Ich habe dich lange nicht mehr gesehen.« Arnold steckte sich eine selbstgedrehte Zigarette zwischen die Lippen und riß ein Küchenstreichholz mit dem Daumennagel an. »Sally und ich haben uns schon gefragt, was aus dir geworden ist. Wir kriegen dich ja kaum noch zu Gesicht.«
    »Na, dahinter steckt nichts Besonderes«, antwortete Max freundlich. »Ich hatte eben immer irgend etwas zu tun.«
    »Ja, sicher.« Arnold stieg aus seinem Lieferwagen aus. »Gehst du zum Jahrmarkt?«
    »Seit einem Monat habe ich mir das fest vorgenommen.«
    »Ich freue mich schon darauf. Es ist lange her, daß ich mich einmal richtig amüsiert habe. Ich und Sally.« Er klopfte sich Staub von den Beinen seines blauen Overalls. »Weißt du noch, welchen Spaß wir am vierten Juli immer auf dem Jahrmarkt hatten, als wir noch zur Schule gingen? Damals fingen Sally und ich an, miteinander zu gehen.« Arnolds Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Tja, das ist schon lange her.« Er bewegte seine mageren Schultern unter dem verwaschenen blauen Hemd.
    Max betrachtete seinen Freund nachdenklich. »Warum willst du heiraten, Arnie?«
    Arnolds blaue Augen schienen in der Dämmerung zu verlöschen. »Vermutlich, weil ich einsam bin«, meinte er.
    »Irgendwann bekommt ein Mensch es satt, allein zu sein. Das ist doch ganz normal, nicht wahr? Sally findet das auch ganz normal. Sie findet auch, es ist an der Zeit, daß wir heiraten.«
    Aus seinem Lächeln sprach Traurigkeit. »Außerdem ist sie seit etwa sechs Wochen

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