Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Titel: Ein letzter Brief von dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Ashton
Vom Netzwerk:
dich. Um euch alle.»
Außer Rob
, fügte sie still hinzu.
    Als folgten sie einem geheimen Zeichen, drehten sie dem Fluss den Rücken zu und schlenderten auf den massigen Kasten des National Theatre zu. Kameradschaftlich stießen sie beim Gehen immer wieder gegeneinander.
    «Er ist sehr gelassen», sagte Orla schließlich. Sie hatte das Gefühl, sich ein Kompliment über Rob abringen zu müssen.
    «Oh ja, so gelassen.» Juno stürzte sich darauf und galoppierte damit davon. «Er ist wie ein Fels in der Brandung.»
    Der aalglatte, ewig heitere Rob, er kam Orla vor wie aus Plastik. Er war so ohne eigene Philosophie oder Geschichte, als würde man ihn jeden Tag frisch aus Zellophan auswickeln. Sie hatte nie verstanden, was Fionnuala in ihm sah, und es war unglaublich, dass er nun auch das Herz der jüngeren Schwester erobert hatte. Sie hasste Juno nicht dafür, dass sie eine Affäre mit Rob angefangen hatte, aber sie wunderte sich schon über ihre mangelnde Sorge um die unschuldigen Parteien.
    «Du solltest dir unser Hotel ansehen. Es ist ziemlich muffig.»
    «Normalerweise logierst du doch im Four Seasons.»
    «Rob hat kein Geld», sagte Juno stolz. «Und mir ist das egal!»
    «Aber Rob ist Geschäftsführer seines eigenen Familienunternehmens», gab Orla zu bedenken. «Müsste er nicht in Geld schwimmen?»
    «Es geht alles an
sie

    Orla war schockiert, dass Fionnuala bei all ihren Fehlern nun
sie
war und nicht
meine Schwester
. Ruhig sagte sie: «Ich vermute, das ist fair. Schließlich kümmert sie sich um das gemeinsame Kind.»
    «Oh, natürlich ist es fair. Wie ich sagte, es ist mir piepegal. Ich würde mit Rob im Zelt wohnen.»
    «Einem Gucci-Zelt vielleicht.» Sie erklommen die Stufen des National Theatre, voller Sehnsucht nach einem heißen Getränk und einer Pause von dem schiefergrauen Himmel. «Ich kann mir nicht helfen, Ju, ich frage mich, warum dein Blick nicht ein bisschen weiter geschweift ist als bis zum Ex deiner Schwester.»
    «Ich habe meinen Blick überhaupt nicht schweifen lassen», protestierte Juno und drückte gegen eine Spiegelglastür. «Dieses Gefühl hat mich gefunden. Es hat mich überwältigt. Niemand, der bei klarem Verstand ist», sagte sie voller Überzeugung, «ignoriert die Liebe, wenn sie ihm über den Weg läuft.»
     
    Der unangenehme Besuch des Arztes hatte Maude deprimiert, und so mied sie an diesem Wochenende Gesellschaft. Sie gewährte Juno eine Audienz und fand sie sehr sympathisch – «Was für ein Temperament!» –, aber sie bezeichnete ihre Affäre Orla gegenüber als «karmischen Selbstmord».
    Ihre Freundin um sich zu haben war Balsam für Orlas aufgewühlte Seele. «Schon wieder Sonntagnachmittag!», jammerte sie genau so, wie sie diese Tatsache jedes Wochenende als Teenager beklagt hatte. «Es gibt noch so viel Blödsinn, den ich dir erzählen muss.»
    «Ich weiß», nickte Juno. «Ich muss dir auch noch ungefähr achthundert wirklich wichtige, saublöde Sachen erzählen.»
    Orla war froh, dass sie bei «Blödsinn» angekommen waren. Dauernd sorgsam abzuwägen, was sie Juno über die Nachwirkungen der Valentinskarte erzählen konnte und was nicht, war ermüdend. Ihre Freundin hatte keine Ahnung von dem Internet-Stalking, der Nachtwache in Beatrice Gardens, Orlas Entschlossenheit, aus Sims Tagebuch die Wahrheit zu erfahren.
    «Sollen wir die National Portrait Gallery schwänzen?» Solch niveauloses Verhalten war verlockend und passte zu ihnen.
    Juno dachte einen Moment darüber nach. «Nö. Lass uns hingehen. Ich wollte sie immer schon sehen, und außerdem haben wir das eh schon zu oft gemacht, uns in ein Pub gesetzt, statt wirklich etwas zu erleben.»
    Orla hatte das Gefühl, dass die Zeit sich beschleunigte. Sie musste alles aus jeder Sekunde mit Juno herausholen, dieser lebenden Enzyklopädie ihrer eigenen Vergangenheit. Ihre Gesten ähnelten einander, beide hoben am Ende von Witzen auf dieselbe Art die Stimme, und wenn sie vorübergehenden Leuten Worte in den Mund legten, imitierten sie dieselben Sprechweisen. Es machte
Spaß
, mit Juno zusammen zu sein.
    Als sie nach ihrem Rundgang Postkarten im Souvenirshop aussuchten, verkündete Juno: «Mir haben die Porträts aus der Moderne gefallen. Damals hat sich alles verändert, alles war neu.»
    «Mir darfst du jederzeit einen Tudor schenken.» Orla widersprach teilweise, um zu provozieren, teilweise, weil sie eine halbe Ewigkeit vor Elizabeth I. gestanden hatte, hingerissen von den Details ihres prachtvollen

Weitere Kostenlose Bücher