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Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Titel: Ein letzter Brief von dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Ashton
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Londoner Club und sprach über Interviewanfragen, während er längst unter der Erde lag. Das Universum hatte ein Rad geschlagen.
    Endlich kam ihr Essen. Sie waren beide erleichtert über die Ablenkung, aber sobald sie die Fischfrikadellen gekostet und befunden hatten, dass sie weit besser waren als in der Schulkantine, kam Reece auf das Thema zurück.
    «Weißt du, ich möchte nur, dass du weißt, was dich erwartet. Die BBC hat ein Vermögen dafür ausgegeben, ‹Die Kurtisane› zu produzieren, und sie werden ein weiteres Vermögen dafür ausgeben, sie zu bewerben. Sie wollen Preise. Und Presse. Sims Tod ist ein Geschenk für sie. Sie reiten voll auf der Vor-der-Zeit-gestorben-Welle: ‹Junger Star auf der Höhe seines Erfolges verschieden› und all dieser Schwachsinn.» Reece lehnte sich zurück und schaute zur Decke. «Das Problem ist einfach, dass der kleine Scheißkerl so verdammt gut aussah.»
    «Das stimmt allerdings.» Reece hatte Orla erzählt, dass nach Sims Tod Panik in der BBC ausgebrochen war. Sie hatten bei den Quinns vorgefühlt, ob es in Ordnung sei, ihren Sohn in der Serie zu behalten. Mit ein paar Umstellungen im Drehbuch und einem Double, das man für die Totaleinstellungen engagierte, hatten sie die Produktion retten können, ohne die Rolle des Comte de Caylus neu besetzen zu müssen. «Wirst du es dir ansehen?», fragte Reece.
    «Weiß ich noch nicht. Sim zu sehen, wie er geht und spricht und schicke Kniehosen trägt … wie er
lebt
. Das ist irgendwie gespenstisch.»
    «Vielleicht hilft es.»
    «Vielleicht bringt es mich um.»
    «Ich sollte den Mund halten.»
    «Nein. Du solltest sagen …» – Orla hob das Glas – «… alles Gute zum Geburtstag, Orla!»
    «Was?» Reece wirkte bestürzt, hob aber automatisch ebenfalls sein Glas und stieß mit Orla an. «Du machst doch Witze. Warum sitzt du hier mit mir altem Langweiler und nicht mit deinen Freunden?»
    Einem professionellen Netzwerker zu gestehen, dass ihre alte Vermieterin ihre beste Freundin war, hätte sicher merkwürdig gewirkt. Orla hätte erklären können, dass sie beschlossen hatte, keine neuen Leute kennenzulernen, dass zu viele Menschen sie anstrengten, dass eine Siebzigjährige all ihre Bedürfnisse nach Gesellschaft stillte, aber stattdessen sagte sie: «Meine Freunde sind alle in Irland.» Sie hatte Karten von der Familie bekommen und ein schiefes Geburtstagsständchen über Skype, auf dem Juno und Jack
Happy birthday to you/Marmelade im Schuh
gesungen hatten. Orla hatte Maude nichts von ihrem Geburtstag erzählt, weil sie kein Aufhebens von sich machen wollte. Jetzt, da sie in diesem Raum mit all den beschwipsten Leuten saß, in dem gelacht und geplaudert wurde, sehnte sie sich plötzlich nach Aufmerksamkeit. Eine weitere Knospe, dachte Orla, die sich entfaltete und nach dem Licht reckte.
    «Herzlichen Glückwunsch, Orla.» Reece wirkte irgendwie ernüchtert. Sie hoffte sehr, dass es kein Mitgefühl war, das da in seinem Blick lag. «Sim hätte dich in ein edles Restaurant ausgeführt. Ich bin echt ein schlechter Ersatz.»
    «Nein, du bist …» Orla wurde von einem ohrenbetäubenden Kreischen an der Tür unterbrochen.
    « REECE ! DARLING !»
    Reece fuhr herum und richtete sich halb auf. «Jetzt sieh mal einer an, was die Katze von draußen hereingeschleppt hat!», rief er.
    Der Raum schien anzuschwellen, die Lichter wurden heller, und alle wandten sich nach dem Neuankömmling um. Zierlich, aber gleichzeitig langgliedrig, mit dem federnden Schritt einer Tänzerin, trat die Frau an ihren Tisch und trällerte ein gutmütiges: « DU BIST MIR AUS DEM WEG GEGANGEN , DU MISTKERL !»
    Mit jedem Schritt, den die Schauspielerin näher kam – und sie war Schauspielerin, Orla hätte ihr Haus darauf verwettet –, schien sie älter zu werden. Sie umarmte Reece, und Orla konnte genau erkennen, dass das schulterlange Haar unter der jahrzehntelangen Tortur des Rotfärbens sehr gelitten hatte und dass die Augenbrauen in einem höchst unnatürlichen Bogen zur Decke strebten.
    «Ich bin ja so unhöflich», sagte sie, als sie Orla bemerkte. «Euer Rendezvous einfach so zu unterbrechen.» Sie streckte Orla ihre manikürten Finger hin. «Ich bin Anthea.»
    Natürlich war sie das. Orla hätte sich dafür ohrfeigen können, dass ihr das nicht selbst aufgefallen war.
    «Hallo», sagte sie mit leiser Stimme und merkte bestürzt, wie beeindruckt sie war. Sie schüttelte die lilienhafte Hand. Anthea Blake drückte ihre mit dem festen Griff

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