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Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Titel: Ein letzter Brief von dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Ashton
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Orlas Kopf zusammen.
    «Entschuldige. Herrgott, ich bin so ein Trampel, Reece.»
    «Du bist ein Augenschmaus.» Reece setzte sich, beugte sich gespannt über den Tisch und musterte sie. «Sim hätte dieses Kleid geliebt.» Sie wechselten einen komplizenhaften Blick, sein Name war jetzt gefallen. «Heute Abend siehst du genauso aus, wie er dich beschrieben hat. Schwarz und weiß und pink, hat Sim gesagt. Mit Zahlenbilder-Sommersprossen und deinem eigenen Mikroklima aus frischer Luft und dunstigem Sonnenschein.»
    «Das hat er gesagt?» Orla lachte und fühlte sich ein bisschen befangen in Gegenwart von Reeces rauer Attraktivität. Sein Haar war feuerrot, kurz geschnitten und buschig. Die Frisur betonte die schönen Linien seines Gesichts. Alles in seinem Gesicht war schmal – eine lange Nase mit etwas breiteren Nasenflügeln, ein großer Mund und forschende, katzenhafte blaue Augen, die sich zu Schlitzen verengten, wenn er lächelte.
    «Ich muss mich für meine formelle Verkleidung entschuldigen. Ich habe mit einem Rechtsanwalt aus Los Angeles zu Mittag gegessen, und diese Jungs beurteilen einen Mann nach seinem Anzug.» Er lockerte die Krawatte. «So ist es schon besser. Bist du am Verhungern? Ich ja.» Er griff nach der Speisekarte. «Sim hat immer gesagt, du seist die einzige Freundin, die er je hatte, die es zugibt, wenn sie Hunger hat.» Er hielt inne. «Ich lasse ihn im Stich, oder? Es ist schon Wochen her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben, und er hätte doch gewollt, dass ich mich um dich kümmere.»
    «Sei nicht albern.» Orla zögerte kurz und legte dann ihre Hand auf Reeces. Seine war blass und mit geröteten Knöcheln, eine starke, roh aussehende Hand für einen Business-Mann. «Du warst immer sehr freundlich zu mir.» Er war etwas Besonderes. Er hatte eine Menschentraube auf dem Bürgersteig bemerkt, war hingegangen und hatte gesehen, dass Sim im Sterben lag. Reece war dabei gewesen, als Sim seinen letzten Atemzug getan hatte. Seine Hand zu berühren schlug so etwas wie eine Brücke zu diesem Augenblick. Er konnte nicht wissen, wie wichtig er für Orla war. «Ich bin doch kein Kind mehr. Du musst nicht auf mich aufpassen.»
    Er schaute hinunter auf Orlas Hand und dann in ihre Augen. Sie zog ihre Hand zurück.
    «Fischfrikadellen», sagte Reece mit Nachdruck. «Hoffentlich sind sie besser als die in unserer alten Schulkantine.»
    «Internat, wetten? Nein,
staatliche
Schule.»
    «Wie hast du das erraten?»
    «Sim haben sie auf eine in Yorkshire geschickt. Fischfrikadellen haben immer eine große Rolle gespielt, wenn er sich über die fürchterlichen Entsagungen seiner Zehntausend-Pfund-pro-Halbjahr-Erziehung ausließ.»
    «So wie ich Sim kenne, hat er sofort die Hausmutter mit seinem Charme eingewickelt und einen Riesenspaß gehabt.»
    «Ältere Frauen fanden ihn immer toll.»
    «Übrigens …» Reece schürzte die Lippen und stockte. Das rote Haar und die geschrubbte Haut ließen ihn irgendwie poliert aussehen. Sein Alter war schwer einzuschätzen: Orla fand, er hätte in ihrem Alter oder auch zwanzig Jahre älter sein können. «Da gibt es etwas, was ich dich fragen muss. Hat mit Sim und ‹Der Kurtisane› zu tun.»
    «Ja?» Sims posthumer Erfolg war ein schwieriges Thema für Orla. Sie wich ihm normalerweise aus, aus Unsicherheit. Er wäre begeistert von all der Werbung um ihn, aber Orla fühlte sich dabei irgendwie hohl, als ob sie auf einer Überraschungsparty wäre, zu der der Ehrengast nicht erschien.
    «Liest du das OK !-Magazin?»
    «Offiziell? Nein. Aber in Wirklichkeit? Natürlich lese ich es. Jede einzelne Seite. Sim hat immer gewitzelt, dass sie uns eines Tages in unserem Strandhaus in Malibu fotografieren würden. Wir haben uns ausgemalt, was wir dann sagen würden. Er dachte an: ‹Jetzt ist die Zeit, in der ich ganz ich selbst sein kann›, aber ich war mehr für: ‹Wir wollen den Menschen etwas zurückgeben.›»
    «Sie wollen ein Interview mit dir.»
    «Mit mir? Ach, hör doch auf.»
    «Ernsthaft.»
    «Warum?»
    «Sie wollen mit dir über Sim sprechen, wie ihr zusammengekommen seid, wie du ohne ihn zurechtkommst …» Reece hielt inne. «Dumme Idee. Tut mir leid. Ich sage ihnen einfach, wie hast du das ausgedrückt? Dass sie
aufhören
sollen.»
    «‹Die Kurtisane› läuft doch noch gar nicht im Fernsehen.» Orla spürte, dass ihr Herz wild pochte.
    Sie liebte ihre Anonymität. Sim war derjenige, der immer in die Klatschspalten gewollt hatte, und jetzt saß sie hier in einem

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