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Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Titel: Ein letzter Brief von dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Ashton
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schlicht und bekömmlich fand. «Ich habe sogar dieses Krankenschwesternkostüm angezogen, wenn du es wolltest», erinnerte sie die Valentinskarte, und es klang fast ein wenig vorwurfsvoll.
    Auf der anderen Straßenseite schien Sim eine Augenbraue zu heben, gewagt, provozierend. Orla schluckte. Ihre Hand berührte die sanfte Wölbung ihres Bauches. Sie umfasste eine Brust, die nackt und schwer unter den Falten ihres Morgenmantels lag. Orla legte sich die Valentinskarte auf die Stirn, als ob sie sie kühlen könnte. Die atemlose Erlösung, die kam, nachdem sie sich unter der Bettdecke mit sich selbst beschäftigt hatte, war die niederschmetternde Traurigkeit der langen Nacht danach nicht wert. Ein weiteres Mal musste sie der Wahrheit ins Auge sehen: Ihr Geliebter war ein Phantom, seine lustvollen Worte hatte sie sich selbst ausgedacht.
    Von der anderen Straßenseite schaute Sim herüber, ohne mit der Wimper zu zucken. Orla spiegelte sich nicht in seinem Blick. Sie zog die Vorhänge zu, ließ sich ein Bad ein, blieb viel zu lange darin liegen. Feucht und aufgequollen ragten ihre Schenkel aus dem Schaum. Sie fragte sich, ob sie jemals wieder die Liebe erleben würde.
    Einem anderen Mann ihren Körper zu zeigen, ihre vertrauten Erhebungen und Vertiefungen, kam ihr unvorstellbar vor. Was, wenn er grausam war? Was, wenn er sie verspotten würde? Was, wenn er sich auf sie stürzen und sie sich überwältigt fühlen würde? Und woher sollte sie die Energie für all den Stress nehmen, den eine neue Beziehung bedeutete – den Zwei-Schritte-vor-einen-zurück-Tanz, während man sich gegenseitig entdeckte? All die Männer dort draußen, nackt unter ihrer Kleidung, jeder auf seinem eigenen Planeten, der eigene Verhaltensweisen und Codes forderte. Allein der Gedanke daran erschöpfte sie.
    Wie wohl Marek unter seiner schwarzen Kleidung aussah? Der Gedanke daran kam ihr instinktiv, und er erschreckte sie. Wie konnte sie nach einer halben Stunde in einem polnischen Café an Sex denken?
    Orlas seifiger Schwamm glitt ihre Wade hinunter.
    Es war eine merkwürdige halbe Stunde gewesen. Zwei Fremde hatten Kaffee getrunken und höfliche Nichtigkeiten ausgetauscht, und doch war parallel dazu etwas geschehen. Wie Spione hatten sie unter der Oberfläche miteinander kommuniziert. Sie hatten in einer Geheimsprache gesprochen.
    Mareks Erklärung auf der Straße hatte sie noch gar nicht verarbeitet, weil das «Kurtisane»-Poster sie so aus der Bahn geworfen hatte. Sie war erschrocken und gleichzeitig voller Bewunderung für seine Offenheit und seinen Mut gewesen, auch wenn es sie erschütterte, dass er ihr nach ihrer kurzen Bekanntschaft schon eine solche Bedeutung beimaß. Und dann, nur ein paar Schritte hinter der nächsten Straßenecke –
wumm
! Unter allen Botschaften aus dem Totenreich war dieses Poster wirklich die deutlichste.
    Orla ließ den Schwamm fallen, legte sich zurück und schloss die Augen. Ma würde sagen, es wäre ein Zeichen.

Sims Tagebuch
    13 . November 2011
     
    Arme Maude. Ich habe es herausgefunden. Es liegt eigentlich auf der Hand, wenn man es weiß. Ich würde ihr gern helfen, aber … eigentlich sollte es da kein Aber geben. Was bin ich nur für ein Arsch. Ich hab einfach keine Kraft für andere, weil ich schon zu viel mit mir selbst zu tun habe. Reece nimmt da kein Blatt vor den Mund. «Du vergeigst es», sagt er. «Du verdammter Idiot.» Wenn O hier wäre, würde das alles gar nicht passieren. Also ist es irgendwie auch ihre Schuld. Arme Maude. Armes Ich. Und obwohl sie nichts davon weiß, arme, arme Fee.

Kapitel zehn
    D as ist in der Tat ein einzigartiges Problem. Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Und das ist ja sonst wirklich nicht mein Problem.»
    «Das kann ich bezeugen, Ju. Erinnerst du dich an den Exhibitionisten bei den Schaukeln? Dem du gesagt hast …»
    «
Ich werde nicht schreien, weil ich keine Lust habe, wegen so etwas einen Aufstand zu machen.
Ich erinnere mich geradezu mit Wohlwollen an ihn und seinen kleinen violetten Staubsaugeraufsatz.»
    «Ich
will
kein einzigartiges Problem. Ich will nette, kleine, leicht lösbare Probleme. Aber es gibt sicher keine einzige Kummerkastentante auf der Welt, die je einen Brief beantworten musste, der anfängt mit:
Bitte helfen Sie mir. Da hängt ein sechs Meter großes Bild von meinem toten Fast-Verlobten vor meinem Fenster.
»
    «Ha! Darüber sollten wir nicht lachen.»
    «Doch, das sollten wir. Bitte, lass uns darüber lachen.»
    «Erzähl mir

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