Ein letzter Brief von dir (German Edition)
Fransenvorhang den Wasserkessel aufsetzte. «Was hast du mit seinem Kopf gemacht? Er ist nie schlechte Laune über Frau, aber mein Gott diese Woche. Er ist wie Bär mit Poschmerz.»
«Kopf, Liebes. Kopf. Ein Bär mit Kopfschmerzen.» Maude stellte sich auf die Zehenspitzen und spähte über die Fensterdekoration. «Er wartet auf etwas. Oder auf jemanden.» Ihr Blick glitt zu Orla.
«Geh endlich dahin», rief Bogna verärgert und stellte den Kessel geräuschvoll auf der Platte ab. «Hör auf, wie kleine Jungfrau zu sein.»
Orla stellte sich neben Maude ans Fenster und sah, wie Marek mit den Fingern auf dem Steuerrad herumtrommelte. In ihm schien es zu brodeln, obwohl er ganz still saß. Sie sah seine feingeschnittene Nase, den Schwung seines markanten Kinns, seine dunklen Augen. Es erstaunte sie, dass dieser Mann auf sie wartete, ein Mann, an den sie in der Aufregung der letzten Tage kaum gedacht hatte. Orla fragte sich, ob sie die Prioritäten in ihrem Leben richtig setzte. In den guten alten Tagen hätte sie etwas Gutes sofort als solches erkannt.
«Der kriegt noch einen Strafzettel», murmelte Maude.
«Ich gehe dann wohl lieber mal raus. Ich kann doch nicht zulassen, dass er einen bekommt.»
«Nein», stimmte Maude zu, «Gott bewahre!»
Mareks Auftauchen hatte Orlas Tag auf einen Schlag verändert. Er war so anders als alle anderen. Und er kam immer wieder. Wie ein Ziegenbock verschlang er all den Mist, den sie ihm hinstreute, und kam dennoch immer wieder. Sie ging langsam hinaus zum Wagen und bückte sich, um durch das heruntergelassene Beifahrerfenster zu schauen.
Wie so oft, sagten sie einfach gar nichts. Marek brach das Schweigen zuerst. Er lehnte sich an die Kopfstütze, schaute zur Wagendecke und fragte gereizt: «Steigst du jetzt ein oder nicht, Frau?»
Mit einem Lächeln, einem breiten, vollkommen entzückten, einem Lächeln, von dem sie nie gedacht hätte, dass sie es noch einmal lächeln würde, kletterte sie auf den Beifahrersitz. Marek fuhr sie durch den dichten Verkehr.
Ein paar Straßen weiter wurde der Wagen langsamer und hielt dann mit einem Quietschen neben einem Container an, der direkt vor einem Heimwerkermarkt stand.
«Malerisches Plätzchen», bemerkte Orla.
«Ich mag es.» Mareks Grübchen vertieften sich. «Hier kann man ein Picknick veranstalten.» Er wandte sich um, löste seinen Sicherheitsgurt und nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände, und all das mit einer einzigen fließenden Bewegung, die beinahe eingeübt wirkte. Er küsste sie zärtlich, aber selbstsicher. «Ich habe dich vermisst.»
Es gab niemanden mehr, den sie betrügen konnte. Also konnte sie zugeben: «Ich habe dich auch vermisst.»
«Hast du?» Seine Stimme kiekste fast vor Überraschung.
«Ein bisschen.»
«Das ist immerhin ein Anfang.» Er senkte die Stimme und schuf damit eine Blase innerhalb des Wagens, eine, in der nur sie beide und ihre kurze gemeinsame Vergangenheit Platz hatten. «Ich muss einfach ständig an jene Nacht denken. Da hat dein Herz deinem Kopf zum ersten Mal gesagt, was du tun solltest, zum ersten Mal, seit wir uns kennen. Vielleicht solltest du öfter mal auf dein Herz hören.»
Sein Finger strich über ihre Nase.
«Das ist das süßeste Näschen, das ich je gesehen habe», flüsterte er. Er küsste sie, und etwas öffnete sich in Orla, wie eine Blume, die im Schnellvorlauf erblüht. Seine Hand legte sich auf ihre Schulter, glitt dann ihren Arm hinunter, und als seine Finger ihre berührten, verschränkten sie sich ineinander. «Überall sehe ich dein Gesicht. In jeder Menschenmenge glaube ich dich zu sehen. Aber du bist es nie.»
«Marek, ich bin so verletzt worden, ich …»
«Nein, nein, nein.» Er überging ihre Scheu und ihre Bedenken. «Hör mir zu. Hier geht es nur um dich und mich. Es geht weder um Sim noch um … noch um Anthea Blake. Es geht um Orla und Marek. Orla und Marek verabreden sich. Wie zwei ganz normale Erwachsene. Weil,
moje złotko,
sie genau das sind. Normal. Und sehr glücklich.» Er küsste sie, drängend diesmal. Er meinte es ernst.
Mareks Lippen bedeckten ihren Hals mit Küssen, seine Hand umfasste ihren Hintern, und Orla flüsterte: «Deine Schwester hat gesagt, du bekommst immer, was du willst.»
«Ich will dich», raunte er in ihr Ohr.
Irgendetwas in der trotzigen, hartnäckigen Orla reagierte auf seine Direktheit und bewunderte seine Entschlossenheit.
«Ein Date also.» Sie wich ein wenig zurück und war entzückt, als seine Hand, die sich
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