Ein letztes Mal...
gefahren zu werden, und konnte kaum fassen, was sich alles ereignet hatte, seit sie am Vorabend in ihr Auto gestiegen waren.
Kyle abgeschossen, zum Glück, ohne ernstlich Schaden zu nehmen.
Der Autounfall und die Einlieferung in die Ambulanz.
Ihre Liebesnacht mit Sebastian – ja, sie hatte angefangen zu hoffen, dass sie auf dem Weg waren, wieder Liebe miteinander zu machen.
Die Art und Weise, wie er sich ihr im Kinderzimmer geöffnet hatte, nahm ihr immer noch den Atem und ließ ihre Hoffnung weiterwachsen. Sicher, er war nicht sonderlich gesprächig oder gefühlsbetont gewesen, doch das, was er mit ihr geteilt hatte, war bei ihrem unerschütterlichen Mann wie ein großer Schatz.
Exmann?
Sie war noch nicht bereit, so kurz nach der Scheidung wieder an Heirat zu denken, aber ausnahmsweise einmal schloss sie diese Möglichkeit nicht völlig aus. Wenn er nur Geduld mit ihr haben und ihr beweisen würde, dass er sein Verhalten geändert hatte.
Sebastian parkte auf dem Parkplatz vor ihrem Bürogebäude, einem malerischen Cottage am Strand. „Ich hole dich nach Büroschluss wieder ab. Mit meinem Fall bei Gericht sollte ich pünktlich fertig werden. Denn dieser Richter steht in dem Ruf, bei den Verhandlungen quasi die Stoppuhr mitlaufen zu lassen.“
Marianna wollte ihn erst fragen, um was für einen Fall es sich handelte, aber die Arbeit – seine und ihre – war ein wunder Punkt in ihrer Ehe gewesen. Sie mochte nicht riskieren, dass ihr fragiler Waffenstillstand in die Brüche ging. „Ich freue mich, dass du den Abend freinimmst.“
„Ich versuche es, Marianna.“
„Und das bedeutet mir viel.“ Sie schaute auf ihre gefalteten Hände. „Mir ist aufgefallen, dass du in der Nacht einige Zeit am Computer gesessen hast.“
Er zögerte keine Sekunde. „Ich konnte nicht schlafen, nicht, bevor ich Nachricht von Kyle hatte.“
Das hörte sich sehr vernünftig an, und sie hätte ihm ohne Weiteres geglaubt, hätte sie in der Vergangenheit nicht andere Erfahrungen gemacht. Sie umrahmte sein Gesicht mit den Händen und beugte sich vor, um Sebastian zu küssen. Er hatte sie in letzter Zeit so umworben, dass es an der Zeit war, ihm zu zeigen, dass sie bereit war, ihm entgegenzukommen. Tief atmete sie den Duft seines Aftershaves ein, genoss es, wie sich sein Mund auf ihrem anfühlte. Vertraut – und dennoch war da ein Anflug von etwas Neuem, Aufregendem.
Er legte ihr die Hand auf den Bauch, auf die Stelle, wo ihr gemeinsames Baby heranwuchs. Sie wollte seine warme Berührung auskosten, genau so, wie sie sich über diese sentimentale Geste freuen wollte. Aber Marianna konnte die Zweifel nicht verdrängen. Sie fürchtete sich davor, dass sie einfach die Vergangenheit wiederholten. Den gleichen Tanz hatten sie schon einmal getanzt, als sie auf die Adoption gewartet und frohe Miene zu ihren Eheproblemen gemacht hatten, bis die Wunden so tief waren und so viele Narben hinterließen, dass ihre Gefühle allmählich auf der Strecke blieben.
Marianna löste sich aus der Umarmung, bemüht, ihr Unbehagen zu verbergen. „Wir sorgen noch für einen Menschenauflauf, wenn wir so weitermachen.“ Sie tippte ihm mit einem Finger auf den Mund. „Aber ich verspreche dir, dass wir da weitermachen, wo wir aufgehört haben. Heute Abend werde ich dich füttern, nackt.“
„Dann sind wir also verabredet.“ Er zwinkerte ihr vielversprechend zu. Dann stieg er aus und half ihr aus dem Wagen. Nach einem letzten kleinen Abschiedskuss auf ihre Stirn setzte er sich wieder hinters Steuer.
Konnte sie tatsächlich wie der verliebte Teenager von einst seinem wegfahrenden Wagen nachsehen? Wieder wurde sie von Unsicherheit ergriffen, der Angst, dass Sebastian nur wegen des Babys mitspielte, genau, wie er es getan hatte, als Sophie in ihr Leben trat.
Wann würde sie glauben, dass er ihr um ihrer selbst willen den Hof machte? Alles lief darauf hinaus, dass Vertrauen seine Zeit brauchte.
Gleich darauf betrat sie das Bürogebäude. Im Foyer wurde sie von leiser Hintergrundmusik begrüßt, die Empfangsdame saß links hinter dem Tresen – und rechts wartete Ross an ihrer Bürotür auf sie.
Er winkte ihr kurz zu. „Marianna, ich muss Sie für eine Minute sprechen.“
„Natürlich“, antwortete sie, während sie auf dem Weg zu ihrem Büro die Post vom Empfangstresen nahm. „Worum geht es?“
Ihr Chef schloss die Tür hinter ihr, und sie waren in ihrem wohnlich eingerichteten Büro mit dem beruhigenden Blick auf den Atlantischen Ozean
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